Präsidentschaftswahlen in Frankreich Die Kandidaten für den Elysée-Palast

Seite 2/3

Juppé &Fillon

Alain Juppé

Der einstiger Premier und aktuelle Bürgermeister von Bordeaux ist ist ein eher stiller Mann des Ausgleichs, der sich weigert, "Öl ins Feuer zu gießen", wie er sagt. Er appelliert an seine Mitbürger, einen modus vivendi für ein gleichermaßen laizistisches wie kulturell diverses Frankreich zu finden. Vor allem Rentner und Führungskräfte sprechen sich zu seinen Gunsten aus - zwei Wählergruppen, die am zahlreichsten zu den Urnen gehen. Um Frankreichs lahme Wirtschaft wieder flott zu machen, will er 35-Stunden-Woche und Vermögenssteuer abschaffen sowie das Renteneintrittsalter anheben - auf 65 Jahre. Letzteres soll dem Staat allein 30 Milliarden Euro an Kosten ersparen.

Insgesamt soll der öffentliche Haushalt, der bisher 57 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschlingt, um 85 bis 100 Milliarden Euro entlastet werden. Um Vollbeschäftigung binnen fünf Jahren zu erreichen, will Juppé Sozialabgaben senken und die Unternehmenssteuer bis 2022 auf 30 Prozent drosseln. Für Abfindungen soll es eine Höchstgrenze geben. Einnahmen aus Kapitalvermögen sollen pauschal mit 20 Prozent besteuert werden. Bis zum vergangenen Mittwoch galt Juppé damit vielen Meinungsforschern als sicherer Sieger der Vorwahlen bei den Konservativen und womöglich auch künftiger Staatschef.

Mit ihm könnten sich nämlich auch zahlreiche von Hollande enttäuschte Anhänger des Reformflügels bei den Sozialisten arrangieren. Doch die Ankündigung des linksliberalen ehemaligen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron, ebenfalls zu kandidieren, stellt hinter solche Prognosen ein großes Fragezeichen. Gut denkbar, dass nun zahlreiche Anhänger des Reformflügels bei den Sozialisten auf Macron setzen - und sich am Sonntag nicht auf den Weg machten, um für Juppé ein Kreuzchen bei den Vorwahlen machen. Sein überraschend mäßiges Ergebnis in der ersten Runde der Vorwahl - und der Sensationserfolg des ehemaligen Premiers François Fillon deutet darauf hin.

Ex-Ministerpräsident Alain Juppé hat laut Meinungsforschern gute Chancen, der nächste französische Präsident zu werden. Diese sehen ihn sowohl gegen den Parteikollegen Sarkozy als auch gegen Marine Le Pen vorne.

Abfindungen soll es eine Höchstgrenze geben. Einnahmen aus Kapitalvermögen sollen pauschal mit 20 Prozent besteuert werden. Bis zum vergangenen Mittwoch galt Juppé damit vielen Meinungsforschern als sicherer Sieger der Vorwahlen bei den Konservativen und womöglich auch künftiger Staatschef. Mit ihm könnten sich nämlich auch zahlreiche von Hollande enttäuschte Anhänger des Reformflügels bei den Sozialisten arrangieren. Doch die Ankündigung des linksliberalen ehemaligen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron, ebenfalls zu kandidieren, stellt hinter solche Prognosen ein großes Fragezeichen. Gut denkbar, dass nun zahlreiche Anhänger des Reformflügels bei den Sozialisten auf Macron setzen - und sich an diesem Sonntag nicht auf den Weg machen, um für Juppé ein Kreuzchen bei den Vorwahlen machen.

François Fillon

Bis vor drei Wochen war der ehemalige Premierminister unter Sarkozy der Mann auf dem undankbaren dritten Umfrageplatz. Kaum einer rechnete damit, dass der 62-Jährige es bei den Vorwahlen der Konservativen in die zweite entscheidende Runde schaffen würde. Doch binnen drei Wochen hat Fillon seine Umfragewerte verdoppelt. Weil es katholischen Konservativen gefällt, dass er das bestehende Gesetz über die Ehe für Homosexuelle ablehnt und ihnen nur in Ausnahmefällen die Adoption von Kindern erlauben will? Oder doch, weil er das liberalste aller Wirtschaftsprogramme der konservativen Kandidaten hat?

Jedenfalls dürften unter einem Staatschef Fillon die Gewerkschaften sofort zu Streiks blasen. Neben der Reduzierung der Staatsausgaben um 100 Milliarden Euro - die Summe scheint Konsens unter den Konservativen - will er nämlich 600.000 Beamtenstellen streichen und die verbliebenen Staatsdiener dazu zwingen, künftig 39 Stunden pro Woche anstatt 35 zu arbeiten. Das so komplizierte wie rigide französische Arbeitsrecht, seit 1910 auf knappe 4000 Seiten und 1,5 Kilogramm angewachsen, will er auf eine Handvoll Vorschriften beschränken.

Um Unternehmern die Angst vor Neueinstellungen zu nehmen, sollen zudem nicht nur die Sozialabgaben um 40 Milliarden Euro sinken, sondern auch Kündigungen wegen „Umstrukturierung“ möglich sein. Eine vage Formulierung, die ebenfalls nach Streit und Streik klingt. Seine Gegner vergleichen ihn schon mit Margaret Thatcher. Konkurrent Alain Juppé bezeichnete ihn bei der letzten Fernsehdebatte der Konservativen am Donnerstagabend als Hochstapler.

So funktioniert die Vorwahl bei Frankreichs Konservativen

Drei Jahre hat Fillon an seinem Programm gearbeitet, aus Pflichtbewusstsein, nicht aus Machtstreben, wie er sagt. Sollte er es dennoch an die Macht schaffen, dann sei insbesondere den deutschen Nachbarn des ältesten französischen Atomkraftwerks Fessenheim gesagt, dass Fillon es nicht schließen will - es sei denn, die französische Aufsichtsbehörde zwinge ihn dazu. Auch die unter Hollande angekündigte Reduzierung der Kernkraftwerke auf 50 Prozent der Stromgewinnung steht für ihn außer Frage. 75 Prozent wie heute, dabei soll es bleiben.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%