Reformen für Italien Die waghalsigen Pläne des Matteo Renzi

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"Besser als gedacht"

Eine wachsende Beschäftigung stärkt das Vertrauen der Verbraucher in die eigene wirtschaftliche Zukunft und lässt die Konsumausgaben steigen, die Banken vergeben wieder mehr Kredite, und auch der Export legt zu. Das liegt nicht zuletzt auch am Erfolg von Fiat, dessen neue SUV-Modelle ein Exportschlager sind. Die Regierung hob aufgrund der guten Daten vergangene Woche ihre Wachstumsprognose für 2015 von 0,7 auf 0,9 Prozent an. „Es läuft besser als gedacht“, frohlockt Finanzminister Pier Carlo Padoan.

Gehöriger Wandel

Auch im römischen Industrieministerium an der Via Veneto weht ein frischer Wind. Die „Das-geht-nicht-Tour“ gilt nicht mehr, sagt Federica Guidi. „Nach uns wird es ein Italien mit angezogener Handbremse nicht mehr geben“, verspricht die Ministerin, die bis zu ihrem Wechsel ins Kabinett selbst Unternehmerin war.

Carlo Calenda, ein ehemaliger Ferrari-Manager, treibt derweil Italiens Exportoffensive voran. „Man kann frei agieren, und das ist schon ein gehöriger Wandel“, sagt der 42-jährige Vize-Industrieminister. Renzi „gibt einem von Vetos und von Bürokratien gelähmten Land das Gefühl für die Dringlichkeit der Veränderungen“, bemerkt Luciano Fontana, Chefredakteur des Mailänder „Corriere della Sera“.

Der Regierungschef konzentriert sich nun auf den Etatentwurf für das kommende Jahr. Mit einer expansiven Haushaltspolitik will er den zarten Aufschwung stützen. Sein Motto lautet: „Basta mit der Austerität.“ Um den Abschied von der Sparpriorität zu vollziehen, will sich die Regierung in Brüssel die Inanspruchnahme der Flexibilitätsklauseln genehmigen lassen. Sie sollen eine Erhöhung der Neuverschuldung im kommenden Jahr um 13 Milliarden Euro rechtfertigen – gewissermaßen als Belohnung für Reformen, Investitionen und die Anstrengungen in der Flüchtlingskrise.

Finanzminister Padoan hob sein Defizitziel für 2016 von 1,8 auf 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an. Von dem Ziel, zehn Milliarden Euro Ausgabenkürzungen durchzusetzen, nahm er vage Abstand. Die Schuldenquote soll dennoch erstmals nach vielen Jahren wieder sinken – auf 131,4 Prozent des BIPs.

Noch reicht das Tempo bei Weitem nicht, um Italien zukunftsfest zu machen. In den Krisenjahren sind die Produktionskapazitäten der Industrie um ein Fünftel gesunken. Die Konjunkturbelebung ist nur ein erster Schritt auf dem langen Weg zu einer ökonomischen Genesung.

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