Das Geschacher der Euro-Finanzminister von Nordwesten (Irland) über Südwesten (Portugal, Spanien) bis nach Südosten (Griechenland) offenbart, wie die Mitgliedsstaaten der Währungsunion ticken, wie sie die Gemeinschaft sehen: Nicht als Projekt, das gehegt und gepflegt wird, um perspektivisch den Nutzen in Europa zu mehren. Sondern als System, aus dem individuell Geld gezogen werden kann. Die Geberländer hoffen auf Zinsgewinne, die Nehmerländer auf Rabatte und Kredite zum Nulltarif. Während die Euro-Befürworter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über den Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker über eine Vertiefung Europas nachdenken, zersetzt der "Moral Hazard" Europa. Unliebsame Strukturreformen werden zwar angekündigt, aber zu selten durchgeführt. Das Beispiel Griechenland zeigt schließlich, dass man sich auch so durchmogeln kann.
Die Szenarien für den Euro-Raum
Was passiert: Alles bleibt beim Alten
Wahrscheinlichkeit: Hoch
Folgen: Instabile Konjunkturentwicklung und hohes Maß an Planungsunsicherheit für europäische Unternehmen
Was passiert: Griechenland verlässt die Euro-Zone
Wahrscheinlichkeit: Mittel
Folgen: Schwindendes Vertrauen in den Euro und Gefahr eines Dominoeffekts für Italien, Spanien, Portugal und Irland
Was passiert: Euro-Bonds mit gemeinsamer Schuldenhaftung
Wahrscheinlichkeit: Mittel
Folgen: Stabilisierung der Finanzmärkte, mehr Planungssicherheit für Unternehmen, aber mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung
Was passiert: Aufspaltung der Euro-Zone mit Nord- und Süd-Euro
Wahrscheinlichkeit: Gering
Folgen: Starker Nord-Euro gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Nord-Zone und die Stabilität der innereuropäischen Lieferketten
Obwohl das Land in den vergangenen Jahren seine Reformversprechen und Vereinbarungen mit den internationalen Geldgeber noch nicht einmal komplett erfüllt hat, bekommt es immer wieder neue Hilfe. Wichtigster Punkt im neuerlichen Hilfspaket ist der Schuldenrückkauf. Mit einem Zehn-Milliarden-Kredit des Euro-Rettungsschirms EFSF soll Griechenland eigene Staatsanleihen, die sich im Besitz von privaten Investoren befinden, zurückkaufen. Details nannte der griechische Finanzminister Ioannis Stournaras beim Ecofin-Treffen am Montag. Demnach werden den Haltern verschiedener Staatspapiere mit langen Laufzeiten Angebote von 30,2 bis 40,1 Prozent des ursprünglichen Werts gemacht. Die Offerte endet am Freitagnachmittag. Ihr Erfolg ist entscheidend dafür, dass dieses Hilfspaket der internationalen Geldgeber auch umgesetzt werden kann.
Für den Schuldenrückkauf soll eine Summe von bis zu zehn Milliarden Euro in die Hand genommen werden. Damit würde Griechenland nach Schätzungen von Experten eine Schuldenlast von bis zu 30 Milliarden Euro loswerden. Zuletzt hielten Privatanleger griechische Staatsanleihen im Volumen von etwa 62 Milliarden Euro. Etwas mehr als die Hälfte davon befindet sich in den Händen von Banken und Anlegern in Ausland. Es gilt als sicher, dass die griechischen Finanzinstitute, die rund 15 Milliarden Euro halten, an dem Rückkaufprogramm teilnehmen werden.
In Athen wird jedoch befürchtet, dass ausländische Privatanleger wie Hedge-Fonds in Erwartung höherer Gewinne das Angebot nicht annehmen werden. Finanzminister Stournaras hatte für diesen Fall in der vergangenen Woche über einen „Plan B“ gesprochen, dessen Details er aber nicht bekanntgab. Die Finanzminister der Eurozone wollen am 13. Dezember zu einem Sondertreffen zusammenkommen, um über die Freigabe ausstehender Milliardenhilfen aus dem zweiten Hilfspaket für Griechenland zu entscheiden. Bei dem Treffen wollen die Minister das am Montag gestartete Programm zum Rückkauf griechischer Schulden bewerten. Dann soll auch über Milliardenhilfen für Zypern, ein weiterer Euro-Pleitekandidat entschieden werden - im Raum steht ein Betrag von rund zehn Milliarden Euro.