




Die von der EU-Kommission geplante Verpflichtung für Großkonzerne zur Offenlegung von Steuerdaten droht am Widerstand der Mitgliedsländer zu scheitern. Neben den Finanzministern Österreichs und Maltas sprach sich am Samstag auch der deutsche Ressortchef Wolfgang Schäuble dagegen aus, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro eine Reihe von steuerlich relevanten Informationen auf ihren Internetseiten zugänglich machen sollen.
"Die Finanzminister der Bundesländer sind alle dagegen", sagte Schäuble zur Begründung in Amsterdam nach einem Treffen der EU-Finanzminister. Zudem sei die Bereitschaft von Firmen und Personen höher, Informationen zur Verfügung zu stellen, wenn sie nicht "die öffentliche Prangerwirkung fürchten müssen".
Schäuble sprach sich deshalb wie sein österreichischer Kollege Hans Jörg Schelling und Maltas Finanzressortchef Edward Scicluna dafür aus, dass die Unternehmen die Angaben nur den Finanzämtern der Mitgliedsländer übermitteln und sich diese dann untereinander austauschen. Scicluna warnte, man dürfe als Lehre aus den Enthüllungen der sogenannten Panama-Papers nicht überreagieren.
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, bevorzugt nach eigenen Angaben zwar die Variante der kompletten Offenlegung. Er fügte aber hinzu: "Einige sind besorgt, dass dies den Wettbewerbsvorteil in Europa beschädigen könnte."
Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass internationale Großkonzerne eine Reihe von Angaben öffentlich machen. Weitere Daten sollen zwischen den Finanzämtern der Mitgliedsländer abgeglichen werden. Ziel der Brüsseler Behörde ist es, dass sich Unternehmen nicht mehr legal vor Steuerzahlungen drücken können, indem sie ihre Gewinne Tochterfirmen in anderen Ländern zuschreiben, obwohl der Mutterkonzern dort kaum aktiv ist. Neben den EU-Staaten müsste den Plänen auch das EU-Parlament zustimmen, in dem es zuletzt eine größere Bereitschaft für eine komplette Offenlegung gab.