Literatur Lesestoff für Liberale

An Friedrich August von Hayek scheiden sich die Geister. Viele Aufsätze über ihn lesen sich wie Hagiografien („Retter der Freiheit“) oder Verunglimpfungen („Laissez-faire-Liberaler“). Der Tiefe von Hayeks Denken werden die wenigsten gerecht. Mit diesen Büchern fährt man besser.

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Hayek und seine Schüler Quelle: Getty Images

Eine verlässliche Einführung in Hayeks liberalen Kosmos bietet Hans-Jörg Hennecke (Junius-Verlag, 13,90 Euro). Das von Gerd Habermann herausgegebene Brevier (NZZ-Libro, 21 Euro) versucht – nicht immer erfolgreich – Hayeks Kernideen in knappen Zitaten zu entfalten. Besser fährt man mit dem druckfrischen Hayek-Lesebuch (Mohr Siebeck, 16,90 Euro), das etliche Originalaufsätze versammelt.

Wer es wirklich ernst meint mit Hayek, kommt an der Lektüre eines seiner beiden Hauptwerke nicht vorbei; nur in ihnen lässt sich die Komplexität seines prozesshaften Denkens formal und gedanklich nachvollziehen. Sein umfassendes Gesamtwerk, das zwischen Ökonomie, Erkenntnistheorie und Sozialphilosophie mäandert und von frühen geld-, wert- und konjunkturtheoretischen Arbeiten über eine Grundlegung des Liberalismus bis hin zu rechtsphilosophischen Grundsatzüberlegungen reicht, erscheint seit 2001 in einer mustergültigen Edition im Verlag Mohr Siebeck. Die Reihe umfasst sieben Bücher und acht Bände mit Aufsätzen, etwa zur Ordnungsökonomik, Wirtschaftspolitik, Konjunkturtheorie und Sozialismuskritik.

Hayeks:

Der Weg zur Knechtschaft (1944)

Populärwissenschaftlicher Bestseller. Abfallprodukt von Hayeks Forschungen über Kollektivismus und Sozialismus. Geschrieben in normativer Absicht, im unwissenschaftlichen Ton eines Mahners und Predigers. Leidenschaftliche Abrechnung mit dem, so Hayek später, „älteren Sozialismus“ sowjetischer Prägung (Vergesellschaftung aller Produktionsmittel, Zentralismus, Planwirtschaft). These eins: Der Nationalsozialismus ist das, was er dem Namen nach ist: eine nationale Fortentwicklung des Sozialismus – und daher nicht prinzipiell verschieden vom Stalinismus. These zwei: Auch England (der Westen) ist auf dem (schleichenden) Weg in die Knechtschaft, seit „Sozialisten in allen Parteien“, denen das Buch gewidmet ist, so punktuell wie prinzipienlos ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen, statt sich auf liberale Grundsätze zu besinnen.

Hayeks

Die Verfassung der Freiheit (1960)

Hayeks beeindruckendes Hauptwerk. Eine „Art Anthologie des liberalen Denkens“ – so Hayeks Selbsteinschätzung – in der Tradition von Wilhelm von Humboldt, Alexis de Tocqueville, John Stuart Mill und Lord Acton. Gründliche Reinigung des Freiheitsbegriffs von allen „positiven“ Bestimmungen („politische Freiheit“, „innere Freiheit“): Die persönliche Freiheit, definiert als Abwesenheit von Zwang, ist unteilbar. Die Entwicklung des Rechtsstaates und die Bedeutung des „rule of law“ für die Sicherung der persönlichen Freiheit. Bedrohung der Freiheit durch wachsendes Sicherheitsdenken, schrittweise Selbstentmündigung im Wohlfahrtsstaat. Normative Kritik an der politischen Praxis (Besteuerung, Umverteilung, Stadtplanung, Erziehung).

Recht, Gesetz und Freiheit (1973–1979)

Vielleicht der beste Einstieg in Hayeks Gedankenwelt. Fortschreibung und theoretische Grundierung des „Freiheits“-Buches. Bündige Zusammenfassung des sozialphilosophischen Kerngedankens: Die sich selbst bildende, „spontane Ordnung“ des Marktes mobilisiert das verstreute Wissen einer komplexen Gesellschaft. Preise sind Signale, die das subjektive Wissen der Marktteilnehmer bündeln. Der „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ eröffnet jedem die Möglichkeit, sein Können und Wissen einzusetzen – und das Können und Wissen anderer indirekt (über den Preis) zu nutzen. Die Organisation eines Zentralplaners (Politikers) dagegen beruht immer auf einer „Anmaßung von Wissen“.

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