
Internet-Anbieter wie die Deutsche Telekom können einem Grundsatzurteil zufolge verpflichtet werden, den Zugang zu Internet-Seiten mit illegalen Inhalten zu sperren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe erstmals entschieden. Die Anbieter müssten ihren Kunden den Zugriff auf einzelne Seiten sperren, wenn auf anderem Weg den Rechtsverletzungen nicht begegnet werden könne. In zwei Grundsatzverfahren ging es um Internet-Seiten, die Links zu urheberrechtlich geschützten Liedern enthielten. In einem Fall klagte die Musikverwertungsfirma Gema gegen die Telekom, im anderen klagten die Musikkonzerne Universal Music, Sony und Warner gegen die deutsche Tochtergesellschaft der spanischen Telefonica . (Az. I ZR 3/14 und I ZR 174/14).
Download vs. Streaming
In welchen Ländern wird besonders viel gestreamt - und wo besonders viel heruntergeladen? Einige Daten zum Verhältnis von Einnahmen aus dem Musikstreaming zu Einnahmen aus klassischen Downloadverkäufen in ausgewählten Ländern.
Quelle: IFPI
Stand: 2014
Kanada gehört zum "Download-Lager". Hier machen Einnahmen aus Downloads 83 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung aus. Nur 8 Prozent der Einnahmen kamen aus Gebühren für Musikstreaming.
Auch die Australier sind Fans des Herunterladens von Musik auf ihre Computer und Handys. 82 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Vermarktung von Musik kamen hier aus dem Geschäft mit dem Kauf per Download. 12 Prozent der Einnahmen hingegen stammen aus dem Streaming-Bereich.
Auch die Deutschen besitzen ihre Musik gerne permanent (70 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Vermarktung von Musik stammen hier aus dem Geschäft mit Downloads). Aber: Immerhin 24 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Musikvermarktung stammen hier schon von Streaming-Plattformen.
Die Einwohner der USA stehen dem Streaming wohl mehrheitlich skeptisch gegenüber (hieraus stammen nur 14 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung), aber auch Downloads von einzelnen Titeln und Alben generieren nur 55 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Musikvermarktung.
In Finnland hingegen können Streaming-Dienste 75 Prozent der Einnahmen (digitale Vermarktung) mit Musik für sich verbuchen. Nur noch 11 Prozent der Einnahmen stammen aus dem Geschäft mit Downloads.
Auch die Norweger müssen ihre Musik nicht zwingend dauerhaft besitzen (aus dem Downloadgeschäft stammen 12 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung). 88 Prozent der Einnahmen aus der norwegischen digitalen Vermarktung von Musik kommen von Streaming-Diensten.
91 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Vermarktung von Musik stammen in Südkorea von Streaming-Diensten. Der Download macht gerade einmal 5 Prozent der Einnahmen aus.
Genau wie in Schweden. Hier kommen ebenfalls nur 5 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung aus Downloads. 92 Prozent der Einnahmen generieren sich aus der Nutzung von Musikstreaming-Diensten.
Der BGH setzt den Firmen, die die Urheberrechte an den Liedern halten, aber hohe Hürden: Sie müssen zunächst gegen die Anbieter vorgehen, bei denen die Musikdateien gespeichert sind. Erst wenn diese sogenannten "Host-Provider" nicht greifbar seien, könnten die Unternehmen, die Endkunden einen Zugang zum Internet verkaufen, selbst in die Pflicht genommen werden. Weil die Gema dieses mehrstufige Vorgehen in den vorliegenden Fällen nicht bis zum Ende beschritten hatte, wies der BGH die Klage gegen die Telekom letztlich zurück. Die Gema hatte gefordert, dass die Telekom die Web-Seite "3dl.am" sperren soll. Denn dort könne auf eine Link-Sammlung, die zu urheberrechtlich geschützten Musikdateien führe, zugegriffen werden. Diese Links seien bei Speicherplatz-Anbietern wie "RapidShare", "Netload" oder "Uploaded" widerrechtlich hochgeladen worden. Konkret ging es um Songs der Band Die Ärzte und des Rappers Bushido.
Was Kunden am Musik-Streaming schätzen
Ersatz für andere Angebote
Seitdem ich Musikstreaming-Dienste nutze, höre ich kaum noch Musik auf CDs oder Schallplatten.
Stimme zu: 44 Prozent
Stimme nicht zu: 53 Prozent
Keine Angabe: 3 Prozent
Quelle: Bitkom/ Deloitte: Studie Die Zukunft der Consumer Electronics – 2014
Soziale Komponente
Dank Musikstreaming-Angeboten kann ich meine Musik leichter mit Freunden austauschen (z.B. über Playlists, die ich in sozialen Netzwerken teile).
Stimme zu: 64 Prozent
Stimme nicht zu: 32 Prozent
Keine Angabe: 4 Prozent
Neues entdecken
Dank Musikstreaming-Angeboten kann ich leichter neue Musikstücke und -genres entdecken.
Stimme zu: 79 Prozent
Stimme nicht zu: 19 Prozent
Keine Angabe: 2 Prozent
Einfachheit
Musikstreaming-Dienste sind für mich praktisch, da ich damit meine Musik ohne vorheriges Übertragen auf verschiedenen Geräten hören kann.
Stimme zu: 83 Prozent
Stimme nicht zu: 14 Prozent
Keine Angabe: 4 Prozent
Legalität
Ich nutze Musikstreaming-Dienste gerne, weil sie legal sind
Stimme zu: 89 Prozent
Stimme nicht zu: 7 Prozent
Keine Angabe: 5 Prozent
Permanenter Zugriff
An Musikstreaming-Diensten schätze ich vor allem die Möglichkeit, von jedem beliebigen Ort auf sämtliche Musikstücke zugreifen zu können.
Stimme zu: 92 Prozent
Stimme nicht zu: 7 Prozent
Keine Angabe: 2 Prozent
Die Telekom sieht sich durch die Klageabweisung in ihrer Rechtsmeinung grundsätzlich bestätigt. "Der BGH hat klar ausgesprochen, dass im Hinblick auf Internetzugangsanbieter die Zumutbarkeit von potenziellen Sperrmaßnahmen streng zu prüfen ist", sagte ein Konzernsprecher. Wer seine Urheberrechte verletzt sehe, könne sich direkt an den Betreiber der jeweiligen Seite oder dessen Speicherplatzanbieter wenden, auch im Ausland. "Dieses Prinzip des 'Löschen statt Sperren' wird seit Jahren auch bei jugendgefährdenden Inhalten erfolgreich angewendet." Scharfe Kritik kommt hingegen vom Digitalverband Bitkom. Internet-Sperren sollten das äußerste Mittel der Netzpolitik bleiben, sagte Bitkom-Chef Bernd Rohleder. "Als Maßnahme gegen Urheberrechtsverstöße sind sie völlig überzogen."
Im zweiten Verfahren forderten Musikkonzerne, dass Telefonica die Webseite "goldesel.to" in ihrem Netz sperren sollte. Über diese Internet-Seite könne auf eine Liste von Links zu geschützten Musikwerken zugegriffen werden, wobei die Links bei dem Datentauschnetzwerk "eDonkey" widerrechtlich hochgeladen worden seien. Auch diese Klage wiesen die Karlsruher Richter ab mit der Begründung, dass die Musikfirmen die Möglichkeiten zur Aufdeckung der Identität des Seiten-Betreibers nicht vollkommen ausgeschöpft hätten.