Rapidshare-Chefin Zwingli „Das waren riskante Praktiken“

Rapidshare hat die Technologie erfunden, die Kim Schmitz´ Raubkopiernetzwerk Megaupload perfektionierte. Und auch hinter Rapidshare steckt ein Deutscher. Im Interview erklärt Rapidshare-Chefin Alexandra Zwingli, wie sie mit der Schließung von Megaupload umgeht und ihr Geschäft in die Legalität rettet.

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Der Internetdienstleister Rapidshare will nicht mit Megaupload verglichen werden

WirtschaftsWoche: Was dachten Sie, als sie von der Megaupload-Schließung hörten?

Zwingli: Das kam für uns nicht ganz unerwartet. Megaupload landete kürzlich schon auf der Watch List des Congressional International Anti-Piracy Caucus und schon vorher hatten wir den Eindruck, dass so etwas bevorstehen könnte. Der genaue Zeitpunkt war natürlich überraschend. Wir haben sofort überlegt, was das für uns bedeutet.

Und was bedeutet es? Fürchten Sie nun ähnliche Schritte?

Nein, denn mit uns kann man reden. Wenn jemand ein Problem hat, bekommen wir einen Brief und nicht Besuch vom FBI. Auch strukturell unterscheidet uns soviel von Megaupload, dass wir uns keine Sorgen machen. Deren Praktiken waren riskant, da haben wir manchmal die Stirn gerunzelt und gedacht, dass könnte Ärger geben. Wir haben uns bewusst gegen solche Methoden entschieden.

Alexandra Zwingli Quelle: Pressebild

Welche Praktiken meinen Sie damit genau?

Beispielsweise das „Reward-Programm“ wo Nutzern bis zu 10.000 Dollar versprochen wurden, wenn sie populäre Files hochladen. Damit hat sich Megaupload sehr weit aus dem Fenster gelehnt.

Rapidshare hatte doch auch ein solches System? Haben Sie das eingestellt, da sie auch Ärger fürchteten?

Jein. Die Idee bei der Einführung unseres Bonungsprogrammes war es, dass Nutzer ihre Freunde motivieren, ebenfalls Kunde bei Rapidshare zu werden. Wir haben Ihnen dafür Punkte gegeben, für die es ein kleines Dankeschön gab. Doch dafür hatten wir von Anfang an strenge Grenzen. So gab es nur Rapidshare-T-Shirts oder Gratis-Premium-Accounts.

Wieso haben Sie es dann beendet?

Wir haben gemerkt, dass das in die falsche Richtung geht. Irgendwann wurden Rapidshare-Tassen bei Ebay verkauft. Außerdem gab es immer mehr Vorwürfe, dass Reward-Programme per se schlecht sind. Als dann noch die Wettbewerber immer verrücktere Programme machten, wollten wir da nicht mitziehen. Stattdessen haben wir ein Zeichen gesetzt und das Programm gestrichen.

Was unterscheidet Rapidshare noch von Megaupload?

Megaupload ist seit Jahren das, was wir nicht sein wollen. Unser Ziel war immer, nicht mit denen in einen Topf geworfen zu werden. Ich bin zum Beispiel ziemlich sicher, dass Megaupload nicht selbst nach Urheberrechtsverletzungen gesucht hat, eher im Gegenteil. Daher ist es ärgerlich, dass jetzt alle auf uns schauen.

Kampf gegen illegale Inhalte

Das bewegte Leben von Kim Schmitz
Founder of online file-sharing site Megaupload.com Kim Dotcom, a German national also known as Kim Schmitz and Kim Tim Jim Vestor attends a hearing at the North Shore District Court in Aucklan Quelle: Reuters
Kim Schmitz (rechts) wurde in Neuseeland festgenommen. Der deutsche Internet-Unternehmer soll der Kopf hinter Megaupload sein, einem der beliebtesten Musik- und Videoportale im Netz. Doch laut Anklage habe Megaupload der Unterhaltungsindustrie durch Raubkopien einen Schaden von 500 Millionen Dollar zugefügt. Quelle: dapd
Der Zugriff erfolgte in der "Villa Dotcom" im neuseeländischen Coatesville, 300 Kilometer nordwestlich von Auckland. Die Anlage ist mit 25 Millionen Dollar eine der teuersten im Land. Ursprünglich wollte Schmitz die Villa kaufen. Doch Politiker schlugen dazwischen, am Ende musste Kim Dotcom es mieten. Eine Niederlassungs-Erlaubnis erhielt er aber immerhin - dem Vernehmen nach kaufte er zuvor Staatsanleihen für zehn Millionen Dollar und spendete für Opfer des schweren Erdbebens in Christchurch. Er soll zurückgezogen unter dem Schutz von Bodyguards gelebt haben - aber gerne auch mal Riesensummen für ein Silvesterfeuerwerk ausgegeben haben. Quelle: dpa
Es wurde auch Kims gesamter Fuhrpark beschlagnahmt: Neben einem Rolls Royce Phantom und einem rosa Cadillac gleich ein Dutzend Mercedes-Limousinen. Die Kennzeichen der Fahrzeuge lauteten beispielsweise MAFIA, HACKER, STONED oder POLICE. Quelle: dpa
Einen Autofaible hatte Schmitz schon immer, so nahm er mehrfach an der legendären Gumball-Rallye teil, bei der Stars ihre Luxusschlitten unter realen Bedingungen testen. Einmal gewann Schmitz das halblegale Rennen sogar. Schon 1999 stellte Schmitz auf der Cebit gemeinsam mit dem Tuning-Spezialisten Brabus den Megacar vor - einen Mercedes Benz S 500 L mit integriertem Videokonferenzsystem und Internet-Computer.  In die Kopfstützen der Limousine waren Bildschirme sowie Kameras eingelassen, ein 17-Zoll-Flachbildschirm für den Internet-Computer war am Wagenhimmel befestigt. Quelle: dpa
Lange war darüber spekuliert worden, dass Schmitz hinter Megaupload steckt. Vor einigen Wochen tauchte er dann in einem Werbevideo auf. In dem Musikvideo hat Kim Hip-Hop-Superstars wie Kanye West, P.Diddy oder Will.i.am von den Black Eyed Peas um sich versammelt, sie bejubelten Megaupload genauso, wie Alicia Keys, Chris Brown oder Mary J Blidge.
Der 37-Jährige war eine der schillerndsten Figuren der New Economy: Vom Hacker wurde er zum Internet-Star. „Kim Tim Jim Vestor“ sagte gern: "In zehn Jahren will ich zu den reichsten Männern der Welt gehören".

Ihr Image ist anscheinend nicht so gut. Gab es in der Vergangenheit doch zu viele illegale Inhalte bei Rapidshare?

Als Rapidshare angefangen hat, war unser Modell einzigartig. Daher gab es allerdings auch niemanden, der einem sagen konnte was man gegen Missbrauch machen kann. Auch von den Rechteinhabern kamen keine Vorschläge. Trotzdem ist es dummerweise sicher so, dass da alte Sachen hängen geblieben sind. Wir haben aber im Laufe der Zeit gelernt und unsere Maßnahmen gegen Missbrauch verbessert. Wir tun alles, was getan werden kann.

Das müssen sie aber auch nur, weil es weiterhin Raubkopierer gibt, die Rapidshare nutzen.

Bei Millionen Nutzern ist das nicht ganz zu vermeiden aber es gibt sicher auch Raubkopierer, die Google nutzen.

Welchen Anteil machen denn die illegalen Inhalte?

Die liegt nach unseren Schätzungen im einstelligen Prozentbereich. Bei einer Gesamtzahl von über 100 Millionen Dateien, die auf Rapidshare liegen ist die absolute Zahl natürlich trotzdem relativ hoch.

Wie kommen sie denn auf diese Zahl?

Wir haben uns angeschaut, wie viele Dateien wir löschen. Im Vergleich zu den Dateien, die wir bekommen, bewegt sich die Zahl im Promillebereich. Natürlich muss man eine Dunkelziffer an Raubkopien unterstellen, die nicht entdeckt und gelöscht werden. Doch auch wenn man die gelöschten Dateien mit dem Faktor zehn multipliziert, liegt die Zahl im einstelligen Prozentbereich. Dafür spricht auch, dass mehr als die Hälfte aller Dateien, nie heruntergeladen werden, also vermutlich reine, legale Sicherungskopien sind.

Um effektiv gegen Raubkopien vorzugehen, müssten sie sich also eigentlich nur die Dateien anschauen, die am meisten heruntergeladen werden?

Generell ist es so, dass wir aus Datenschutzgründen gar nicht in Dateien schauen können, solange sie nicht irgendwo veröffentlicht sind. Aber auch wenn wir Dateien analysieren, die besonders oft heruntergeladen werden, sind das überraschenderweise oft keine urheberrechtlich geschützten Inhalte. Es sind oft ganz kleine Dateien, bei denen wir nicht wissen worum es sich handelt. Eine hohe Zahl von Downloads lässt zwar vermuten, dass nichts Gutes darin ist. Es könnte also etwas anderes aus dem Hackerbereich sein.

Schlüsseltechnologie Cloud Computing

Rapidshare hat eine iPhone-App herausgebracht Quelle: dapd

Es könnte also sein, dass die Infrastruktur von Rapidshare auch für Spam oder anderen kriminelle Aktivitäten genutzt wird, ohne dass sie etwas dagegen tun können?

Wir tun so viel wir können. Bei den Urheberrechtsverletzungen versuchen wir, das Problem da anzupacken, wo es im Internet zu Tage tritt. Das ist nicht bei Rapidshare sondern auf den Seiten, wo Links zu allen möglichen Diensten veröffentlicht werden – auch zu Rapidshare. Diese Linkseiten durchsuchen wir proaktiv, mit unserem Team und Softwareprogrammen. Wenn man da regelmäßig aufräumt, macht man seinen Dienst für Raubkopierer schnell uninteressant.

Welche Zielgruppen wollen sie alternativ als Kunden gewinnen?

Wir wollen die Nutzer von Diensten wie Dropbox, Menschen die große Dateien verschicken müssen. Das Prinzip des Cloud Computing, wichtige Dateien auf verschiedenen Geräten zur Verfügung zu haben, ist inzwischen eine Schlüsseltechnologie und wir sind da gut positioniert.

Aber Dropbox ist dafür viel populärer, obwohl das Angebot viel später gestartet ist. Hat Rapidshare es verpasst, seinen Service zu Erweitern?

Wir haben uns auf andere Aspekte der Dienstleistung konzentriert. Größere Dateien bei Dropbox herunterzuladen dauert beispielsweise viel länger als bei uns. Dropbox hat sich auf neue Features konzentriert, wir haben dagegen die Technologie im Hintergrund optimiert.

Müssen sie nicht jetzt solche neuen Features anbieten. Und weg vom simplen Prinzip des Filehosting, bei dem man eine Datei hochlädt und nur einen Link bekommt?

Das machen wir, gerade erst haben wir zum Beispiel eine iPhone-App herausgebracht. Seit kurzem gibt es auch eine neue Funktion, bei der Nutzer mit Kontakten gemeinsam auf Ordner zugreifen können. Sie brauchen keine Links mehr zu Versenden, sondern haben gemeinsam online direkten Zugriff auf die Datei.

Liegt der Fokus also jetzt auf solchen Verbesserungen der Speicherdienstleistungen? Rapidshare wollte ja auch einmal einen Entertainmentbereich aufbauen und selber Inhalte anbieten.

Darf ich fragen, wann Sie zuletzt auf unserer Website waren?

Gestern erst, ich habe auch gesehen, dass es dort einige Spiele gibt, wenn Sie darauf hinaus wollen.

Genau. Das Angebot ist noch nicht groß, doch der Shop soll in der Zukunft wachsen. Das gehen wir bewusst langsam an. Wobei der Schwerpunkt nicht auf Unterhaltung liegen soll, es gibt da zum Beispiel auch Sicherheits-Software.

Liegt das daran, dass Gespräche mit der Unterhaltungsindustrie nichts gebracht haben?

Wir haben grundsätzlich weiter Interesse daran. Doch die Lizensierung von Filmen ist nicht einfach, so dass es ein langer Weg ist, bis wir da mal auf einen gemeinsamen Nenner kommen.

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