Dioxin Wie kommt das Gift ins Huhn?

Im Skandal um Futtermittel kämpfen sich Staatsanwälte und Lebensmittelkontrolleure durch ein schwer durchschaubares Geflecht von Betrieben.

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Masthühner in eienm Käfig Quelle: REUTERS

Zunächst sah es so aus, als handele es sich nur um ein paar Eier und einen kleinen Betriebsunfall. Doch jetzt geht es um den größten Lebensmittelskandal seit der BSE-Krise in den neunziger Jahren. Der Fund von Dioxin im Futtermittel zerstört das Vertrauen der Verbraucher – und könnte so manchen Bauern in den Ruin treiben. Dabei sind die Landwirte nur die Letzten in einer Kette undurchsichtiger Geschäfte.

In diesem Skandal geht es um Fett, einen wichtigen Bestandteil in Futtermitteln. Seit klar ist, dass dieser Rohstoff gleich tonnenweise mit Dioxin verseucht wurde und trotzdem in den Handel geriet, versuchen amtliche Kontrolleure und Staatsanwälte, das nebulöse Geflecht der Geschäftspartner zu durchdringen. Die Spur führt von einem Biodieselhersteller in Emden über einen Händler in Rotterdam, einen Spediteur in Bösel zu einem Hersteller von Futterfett in Uetersen. Der belieferte wiederum rund 25 Firmen, die Tierfutter zusammenmischen und damit Tausende von Bauernhöfen versorgen: in diesem Fall vor allem Schweine-, aber auch Rindermastbetriebe, Putenzüchter und Hühnerfarmen.

In Deutschland ist deshalb eine der größten Fahndungen in der Geschichte der Lebensmittelkontrolle angelaufen. Eines hat sie schon heute ergeben: Es ist extrem aufwendig, herauszufinden, auf welche Weise Lebensmittel in Deutschland verseucht werden. Die Ermittler müssen aber nicht nur klären, wie das Dioxin in das Futtermittel kam, sondern auch, wohin es geliefert wurde, wie stark Eier, Schnitzel und Hühnerfleisch belastet sind – und ob es um fahrlässiges Handeln geht oder böswillige Machenschaften.

Die Sache wurde überhaupt nur publik, weil die Firma Wulfa-Mast in Dinklage kurz vor Weihnachten Alarm schlug. Bei Eigenkontrollen hatte man in dem Futtermittelwerk entdeckt, dass ein Teil der produzierten Ware mit Dioxin belastet war; ein Grund, das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu informieren.

Nur wenig später erhielten auch die Kollegen in Schleswig-Holstein einen Hinweis auf Probleme mit dem krebserregenden Stoff. Bei ihnen meldete sich das Unternehmen Harles und Jentzsch aus Uetersen. Es produziert unter anderem Futterfett und hatte die Firma Wulfa-Mast mit dem belasteten Rohstoff beliefert. Nun begannen auch hier die amtlichen Kontrolleure zu recherchieren.

In Deutschland ist die Lebensmittelkontrolle Sache der einzelnen Bundesländer. Deshalb wandten sich die Unternehmen an die verschiedenen Behörden.

In Niedersachsen war man derweil auf einen weiteren Betrieb gestoßen: auf die Firma Lübbe in Bösel, einen Familienbetrieb in dritter Generation, der sich unter anderem auf die Lagerung und den Transport von Rohstoffen für die Futtermittelindustrie spezialisiert hat. Lübbe ist ein Partnerbetrieb von Harles und Jentzsch.

Nach den ersten Recherchen stellte sich den Kontrolleuren der Fall noch so dar: Angeblich war bei Lübbe eine Panne passiert. Offensichtlich war ein für technische Zwecke vorgesehenes Industriefett in einen Teil des Futtermittelfetts geraten und im Auftrag von Harles und Jentzsch an Futtermittelhersteller in drei Bundesländern geliefert worden. Die Kontrolleure gingen von einem einmaligen und versehentlichen Vorgang aus.

Das sollte sich bald ändern.

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