Abnehmen ohne Diät und Sport Mit Kälte zur idealen Figur

Immer mehr Menschen frieren sich zur Traumfigur: Die Kryolipolyse bekämpft unerwünschte Fettpolster mit Kälteschocks. Doch die Methode ist teuer - und kann falsch angewendet zu Erfrierungen führen.

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Eiskalt zur idelen Figur. Quelle: Getty Images, Montage

"Ein Alien", so nennt Naciye Schmidt mit trockenem Humor die stark gerötete, sehr kalte Stelle auf ihrem Bauch. Eine Stunde lang hat die 37-Jährige diese mit Kälte traktieren lassen, um störende Fettpölsterchen dort vor dem Sommer loszuwerden – ganz ohne Sport und Diät. Dieses Wegfrieren überflüssiger Pfunde, wie bei Schmidt in der Hamburger Estetica-Klinik praktiziert, nennen Fachleute Kryolipolyse. Diese relativ neue Methode aus dem Werkzeugkasten der Schönheitsmediziner ist Teil eines Trends, der aus den USA kommt und der nun auch in Deutschland immer mehr Menschen in die Schönheitspraxen treibt: dem Bodyforming.

Dabei geht es nicht um klassische chirurgische Methoden, wie Fettabsaugen oder Bauchstraffen, sondern um eine nicht invasive Behandlung, die keinen langen Aufenthalt im Krankenhaus erfordert. Und die sogar Sonnenstudios oder Schönheitssalons anbieten.

Idee kam durch Eis am Stil

Pionier ist das US-Unternehmen Zeltiq, für das mittlerweile mehr als 500 Mitarbeiter weltweit arbeiten und das für sein Kryolipolyse-Angebot den bildhaften Namen Coolsculpting erfand. Für dieses Jahr erwartet der kalifornische Medizintechnikhersteller 315 Millionen Dollar Umsatz, sagt Europachef Jim Bucher. Seit 2014 konnte Zeltiq durchschnittlich pro Jahr um 45 Prozent wachsen. Weltweit hat das Unternehmen rund zwei Millionen Behandlungen durchgeführt, in Deutschland sind es etwa 30.000 pro Jahr – Tendenz steigend.

Wie Kryolipolyse funktioniert

Die Idee für das Verfahren hatte ein deutscher Mediziner: Dieter Manstein, der am Wellman Center of Photomedicine am Massachusetts General Hospital in Boston arbeitet. Gemeinsam mit seinem Kollegen Rox Anderson stieß er Ende der Neunzigerjahre bei Literaturrecherchen auf eine Erkrankung namens Popsicle-Panniculitis. Diese nach dem Begriff Popsicle, zu Deutsch Eis am Stil, benannte Entzündung des Unterhautfettgewebes im Mund entsteht, wenn kleine Kinder zu lange Eis lutschen. Die Folge: Fettzellen sterben ab.

Bis zu 30 Prozent der Fettzellen sterben ab

Die Recherche führte zu einer ersten Pilotstudie an Schweinen. „Zu unserer Überraschung funktionierte das Ganze tatsächlich“, sagt Manstein. Weitere Studien folgten, bis die Forscher die richtige Temperatur und die richtige Zeitdauer gefunden hatten.

Sie machten sich auf die Suche nach Partnern, und mit Advanced Technology Ventures sowie Frazier Healthcare Ventures investierten zwei Wagniskapitalgeber in das Projekt, aus dem 2005 das Unternehmen Zeltiq wurde. Es entwickelte eine ganze Palette an Aufsätzen für Bauch, Hüfte, Männerbrüste oder Doppelkinn. Dabei entzündet sich das Unterhautfettgewebe durch die starke Unterkühlung, der Körper transportiert die toten Fettzellen ab. „Um die 30 Prozent sterben ab“, sagt Magnus Noah, Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen.

Immer mehr Menschen wollen einen schön geformten Körper

Selbst wenn also niemand allein durch Kälte gertenschlank wird, wollen auch andere Hersteller – vor allem aus Asien, aber auch aus Europa – beim Fettabfrieren mitverdienen. Denn Schönheitseingriffe sind Teil eines lukrativen Markt: Laut Acredis, einer Gruppe von Spezialzentren für ästhetische Chirurgie, finden allein in Deutschland jährlich 160.000 bis 170.000 schönheitschirurgische Eingriffe statt, mit geschätzt 560 bis 580 Millionen Euro Marktvolumen.

In den USA liegen die Umsätze laut der American Society for Plastic Surgery mit rund elf Milliarden Euro noch deutlich höher. „Nicht invasive Methoden sind der größte ästhetische Wachstumsmarkt in den USA über die vergangenen drei Jahre“, sagt Manstein. Er ist überzeugt, dass sich das auch in Deutschland ähnlich entwickelt.

Abnehmen nicht über Nacht

Denn immer mehr Menschen wollen ihren Körper in eine hübsche Form bringen. Und sind bereit, dafür einiges auszugeben. Eine Coolsculpting-Behandlung einer einzigen Körperzone kostet um die 650 Euro. Sollen Bauch und Hüften optimiert werden, kommen schnell sechs bis acht Zonen zusammen. Und der Hersteller verdient jedes Mal mit. „Die Firma verlangt eine Servicepauschale“, sagt Chirurg Noah. Pro Behandlung bekomme Zeltiq 100 bis 200 Euro.

Wie sich der BMI berechnet

So verlockend die Werbebotschaften des Herstellers klingen mögen, mal eben in der Mittagspause ist der Waschbrettbauch nicht geschaffen. Bis zu drei Monate kann es dauern, bis Effekte zu sehen sind. Und selbst wenn immer mehr Spas und Schönheitstempel die Methode anpreisen, als sei es nicht viel mehr als Waxing oder Augenbrauen zupfen, Chirurg Noah fordert: „Es sollte ein Arzt dabei sein, der eine Voruntersuchung macht, über Vor- und Nachteile aufklärt und für eine fachgerechte Behandlung sorgt.“

Kein Wundermittel

Denn völlig nebenwirkungsfrei ist das Ganze nicht. Falsch angewendet kann es zu Erfrierungen und Gewebeverhärtungen kommen. Das Gefühl bei der Behandlung sei vergleichbar jenem starken Schmerz, wenn kalte Finger im Winter nach der Rückkehr ins Warme wieder durchblutet werden, beschreibt es der Mediziner.

Die größten Kalorienbomben
ColaDie Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor den Folgen übermäßigen Zuckerkonsums und empfiehlt etwa für einen gesunden Erwachsenen, die tägliche Zufuhr auf rund 25 Gramm zu beschränken. In einer 330 Milliliter Flasche Cola stecken immerhin neun Teelöffel Zucker, was in etwa 36 Gramm entspricht - das Limit wäre mit einer kleinen Flasche Coca-Cola also schon gesprengt. Ein Blick auf weitere Kalorienbomben: Quelle: REUTERS
Ketchupflaschen Quelle: dpa
Wurst Quelle: dpa
Gummibärchen Quelle: dpa/dpaweb
Gläser mit Saft Quelle: obs
Milch in einem Glas Quelle: dpa
Ein gefangener Fisch Quelle: dapd

Aussagekräftige Langzeitstudien, wie nachhaltig die Behandlung ist, gibt es noch keine. Immerhin bescheinigen die Autoren einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2009, die zuvor veröffentlichte Untersuchungen zusammenfasste: Das Verfahren könne „auf sichere Weise“ eine kleinere Menge Fett reduzieren. Zu diesem Ergebnis kam auch die US-Überwachungsbehörde FDA, die dem Gerät von Zeltiq die Zulassung erteilte.

Nils Krüger, leitender Wissenschaftler am Studienzentrum Rosenpark Research in Darmstadt, das auf ästhetische Medizin spezialisiert ist, bremst dennoch übertriebene Hoffnungen: Es funktionierte, um gut abgrenzbares Fettgewebe gezielt zu behandeln. „Ein Wundermittel ist es aber nicht.“

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