CureVac-Impfstoff Großer Anspruch – kleine Wirkung

Die Bundesregierung hatte den CureVac-Impfstoff ursprünglich für die Impfkampagne eingeplant. Zuletzt rechnete das Gesundheitsministerium aber nicht mehr mit Lieferungen des Unternehmens. Quelle: dpa

Um sich von der Konkurrenz abzuheben, sollte der Corona-Impfstoff von CureVac etwas ganz Besonderes werden. Die nun vorliegenden finalen Daten sind jedoch ernüchternd. Hat CureVac noch eine Chance? Später vielleicht.

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Der „bestmögliche Impfstoff“ solle es werden, verkündete CureVac-Großaktionär Dietmar Hopp im vergangenen Frühjahr. Mit natürlichen Substanzen und geringer Dosierung. Damals ahnten sie bei CureVac wohl schon, dass Biontech und Moderna als erstes durch Ziel gehen würden. Später, als Biontech und Moderna mit Wirkungsraten von 90 Prozent punkten konnten, erhöhte das den Druck auf CureVac noch einmal.

So versuchten die Tübinger, sich von der Konkurrenz abzuheben, erklärt Elmar Kraus, Analyst bei der DZ Bank und  promovierter Naturwissenschaftler mit Laborerfahrung:  „Also haben sie die laufende Phase der 2b/3-Studie erweitert und versucht, mehr Menschen über 60 und mit Vorerkrankungen in die Studie aufzunehmen, um zu belegen, wie gut ihr Impfstoff auch bei Menschen wirkt, die an Krebs oder Diabetes leiden.“

Doch es half alles nichts. Bereits vor zwei Wochen veröffentlichte CureVac vorläufige Daten, nach denen die Wirksamkeit nur bei 47 Prozent liegt. Seit Mittwochnacht liegen nun die endgültigen Daten vor – und die sind nicht viel besser: Die allgemeine Wirksamkeit liegt jetzt bei 48 Prozent. In der Altersgruppe zwischen 18 und 60 Jahren sind es insgesamt 53 Prozent.  Etwas besser (77 Prozent) ist der Wert bei mittelschwerem und schweren Krankheitsverlauf. Einen vollständigen Schutz soll der Impfstoff  in dieser Altersgruppe vor einem Krankenhausaufenthalt oder Tod bieten; allerdings ist die Datenlage relativ dünn. Die meisten anderen Impfstoff-Hersteller, insbesondere Biontech und Moderna, schnitten deutlich besser ab – auch nach neueren Daten, welche die Verbreitung von Varianten berücksichtigen. Die CureVac-Aktie stürzte nach den neuen Daten weiter ab.



„CureVac wollte viel, hatte das entsprechende Selbstbewusstsein und ist dann unglücklich ins Hintertreffen geraten“, erklärt Analyst Kraus bereits nach den vorläufigen Daten. Dass CureVac statt chemisch modifizierten Bausteinen lieber auf natürliche Substanzen setzte, gilt als eine mögliche Ursache für die geringe Wirksamkeit des Impfstoffs. Auch dass CureVac zunächst auf das Know-how von starken Pharma-Partnern verzichtete, könnte eine Rolle gespielt haben: „Bei CureVac haben sie offensichtlich lange geglaubt, dass sie einen Impfstoff alleine entwickeln und produzieren können“, so Kraus.

Hat der CureVac-Impfstoff jetzt noch eine Chance?

Das Unternehmen will sein Vakzin nun bei der europäischen Arzneibehörde EMA zur Zulassung einreichen. Wird die Zulassung erteilt, muss die EU die vereinbarte Menge von über 200 Millionen Impfdosen abnehmen. Wie die EU die Impfstoffe dann verteilt, ist ihre Sache. Im deutschen Impfplan für 2022 kommt CureVac bislang jedenfalls nicht vor.

Bei einer aktuellen Pressekonferenz redeten CureVac-Chef Franz-Werner Haas und Technologie-Chefin Mariola Fotin-Mleczek jedenfalls auffällig oft, von einem Impfstoff der zweiten Generation, den CureVac gemeinsam mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt. Der Impfstoff, der dann gegen mehrere Varianten wirken soll, zeige „absolut ermutigende Daten“. Besonders weit ist die Entwicklung allerdings noch nicht; das Vakzin wird wenn, dann erst 2022 auf den Markt kommen.

Und dann ist da noch ein Gerät, auf dass sie bei CureVac besonders stolz sind: ein Industrieschrank, anderthalb Meter breit, vier Meter lang, zwei Meter hoch. Der sogenannte RNA-Printer. Eine Minifabrik, die innerhalb von einer Woche mRNA, die Grundlage für den Impfstoff, produzieren kann. Der RNA-Printer könnte unter bestimmten Voraussetzungen überall dort aufgestellt werden, wo die Pandemie stark wütet und gleich vor Ort produzieren. Auch in abgelegenen Dörfern.

Das Gerät entwickelt CureVac gemeinsam mit Tesla. Erdacht hat es CureVac-Mitgründer Florian von der Mülbe, bis gestern CureVac-Vorstand. Nun soll sich von der Mülbe ganz besonders um den Printer kümmern. Bis das Gerät serienfertig ist, werden noch einige Jahre vergehen. Wenn es denn klappt, hätte CureVac tatsächlich etwas ganz Besonderes, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Mehr zum Thema: CureVac-Mitgründer Ingmar Hoerr hat die mRNA-TechnoIogie entwickelt – und in entscheidenden Momenten womöglich Fehler gemacht. Ein Lehrstück über die Tücken auf dem Weg vom Erfinder zum Unternehmer.

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