Gamechanger: Lasersensoren, die Luftlöcher erkennen und Jets stabilisieren

Durchgeschüttelt: der Kabinenraum der Singapore-Airlines-Maschine, die im Mai auf dem Weg von London nach Singapur in heftige Turbulenzen geriet
Die Idee
Es waren drastische Aufnahmen, die Passagiere von Singapore Airlines nach der Notlandung einer Boeing 777 in Bangkok ins Netz stellten: zerstörte Gepäckablagen, blutende Flugbegleiter, vermüllte Kabinengänge. Das Flugzeug war auf dem Weg von London nach Singapur in heftige Turbulenzen geraten; Passagiere wurden aus ihren Sitzen gerissen, ein Fluggast erlitt einen Herzinfarkt und starb, andere mussten teils schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Am vergangenen Wochenende wiederholte sich das: Eine Maschine von Qatar Airways geriet auf dem Weg von Doha nach Dublin in Turbulenzen; acht Menschen mussten behandelt werden.
Das Problem in beiden Fällen: Während das Bordradar Gewitter früh erkennt, gibt es keine Technologie, die Piloten vor „Luftlöchern“ warnt, also vor vertikalen Böen im wolkenfreien Himmel. Sie verändern die Strömung um die Tragflächen, reduzieren den Auftrieb – das Flugzeug sackt ab. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen das Problem nun lösen und vertikale Winde aufspüren. Dabei setzen sie auf sogenannte Lidar-Sensoren, die Lasersignale senden und deren Reflexion auswerten. Die Sensoren erfassen das Streulicht kleiner Partikel vor dem Flugzeug und berechnen Windbewegungen. Das Ziel: Bevor das Flugzeug von einer Böe erfasst wird, wird die Fluglage des Jets so angepasst, dass die Strömung an der Tragfläche weitgehend erhalten bleibt.
Der Kopf
Hinter dem Vorhaben steckt ein Team um Patrick Vrancken, der am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre forscht. Im April hat das Team ein Patent für die Erfindung erhalten. Vrancken geht einen anderen Weg als Konkurrenten in Japan und den USA, die auch an solchen Lasern arbeiten, sich aber auf die Vorhersage von weiteren Distanzen (wenige Kilometer) konzentrieren, um Cockpit und Flugzeug zu warnen. Vrancken genügen wenige Hundert Meter, um korrigierende Signale ans Leitwerk des Flugzeugs zu senden.
Die Umsetzung
Das Team erforscht die Technologie seit 2009. Vier Jahre später schickte es ein Flugzeug mit integriertem Lidar in die Luft, um das System zu testen. Heute arbeitet Vrancken mit den europäischen Flugzeugbauern Airbus und Dassault daran, bewegliche Teile des Flügels so zu steuern, dass der Jet sich in Turbulenzen stabilisiert. Ist dies der Fall, darf die Struktur des Flugzeugs weniger massiv sein, was Gewicht und CO2 spart.
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