Maximale Lebenszeit Wie lange können wir leben?

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Kritik an den Daten

Die Publikation basiere auf der selektiven Nutzung von Daten und ziehe einseitige Schlüsse, die durch die Daten nicht gedeckt werden, kommentiert Vaupel, der derzeit am Max-Planck-Institut für demografische Forschung die Arbeitsbereiche Altern und Langlebigkeit sowie Evolutionäre Demografie leitet. „Es ist entmutigend, wie oft der gleiche Fehler in der Wissenschaft gemacht und in angesehenen Fachjournalen publiziert werden kann.“ Studien wie diese würden veröffentlicht, weil es vielen Leuten plausibel erscheine, dass die maximale Lebensspanne nicht viel weiter ansteigen kann.

Seiner Ansicht nach gibt es keine Hinweise auf eine natürliche Obergrenze der Lebenszeit. In der Vergangenheit ausgerufene Grenzen seien wiederholt widerlegt worden. „Vor 100 Jahren nahm man an, dass die durchschnittliche Lebenserwartung niemals 65 Jahre überschreiten werde. Als dann der Gegenbeweis sichtbar wurde, wurde die Grenze wieder und wieder nach oben verschoben“, so Vaupel.

Das Team um Vijg hingegen ist überzeugt: „Weitere Fortschritte bei der Bekämpfung von Infektions- und chronischen Krankheiten können die durchschnittliche Lebenserwartung weiter anheben, aber nicht die maximale Lebenserwartung.“ Die genauen biologischen Gründe für die Begrenzung der Lebensspanne kennen die Wissenschaftler indes nicht. Es gebe keine Gene, die unmittelbar das Altern oder den Todeszeitpunkt festschrieben.

In einem ebenfalls in „Nature“ publizierten Kommentar zu der Studie vergleicht Jay Olshansky von der University of Illinois in Chicago diese Lebensbeschränkung mit der begrenzten Laufgeschwindigkeit des Menschen. Es gebe keine genetische festgelegte Maximalgeschwindigkeit, aber unser Körperbau, der sich evolutionär für andere Zwecke entwickelte, setze ihr biomechanische Grenzen. Die Menschheit arbeite hart - und mit einigem Erfolg - daran, die Lebenszeit zu verlängern. Aber wir sollten anerkennen, dass genetischen Beschränkungen einer radikalen Lebensverlängerung im Wege stehen. Ist nun ein Ende der maximalen Lebenszeit in Sicht? Zumindest in der Diskussion darüber nicht.

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