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MedizinNeues Hormon kann Insulin-Spritze überflüssig machen

US-Forscher haben ein Hormon entdeckt, das Zuckerkranke heilen könnte. Die Arbeit ist eben in der Online-Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins "Cell" erschienen. Das Hamburger Biotech-Unternehmen Evotec soll aus dem Hormon ein Medikament entwickeln.Susanne Kutter 25.04.2013 - 18:00 Uhr

Insulinspritze ade - US-Stammzellforscher haben ein Hormon entdeckt, dass die natürliche Insulin-Produktion im Körper wieder ankurbelt.

Foto: dpa

Dieser Fund wird Wirbel machen, so viel ist sicher: Denn zum einen finden Forscher nicht alle Tage ein neues Hormon - die meisten sind längst bekannt. Noch entscheidender: Das Hormon, das der  US-Stammzellforscher Douglas Melton und sein Mitarbeiter Peng Yi von der Harvard-University entdeckten und über das sie jetzt in der Online-Ausgabe des Fachblatts "Cell" berichten berichten, kurbelt die natürliche Insulin-Produktion im Körper wieder an. Das könnte die Therapie der weltweit 371 Millionen zuckerkranken Menschen eines Tages dramatisch verbessern oder sie sogar wirklich heilen.

Volkskrankheiten haben nicht nur gesundheitliche sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen. Allein im Jahre 2010 waren die Bundesbürger 17,6 Tage im Durchschnitt krankgeschrieben.

Foto: dpa

Volkskrankheiten führen nicht zwangsläufig zum Tode. Deshalb ist es wichtig, zwischen Krankheiten und Todesursachen zu unterscheiden. Zu den häufigsten Todesursachen zählen in Deutschland der Herzinfarkt und der Schlaganfall. 42 Prozent der Bundesbürger waren hiervon betroffen.

Foto: dpa/dpaweb

Zu den zweithäufigsten Todesursachen zählt das Krebsleiden mit 35 Prozent. Frauen versterben neben Krebserkrankungen der Verdauungsorgane nicht selten an Brustkrebs. der Darm-und Lungenkrebs ist die häufigste Todesursache bei den männlichen Bundesbürgern.

Foto: dpa/dpaweb

Zu den häufigsten Erkrankungen gehört die Depression. Sie belegt den vierten Platz in der Rangliste mit 9,4 Prozent. Unter Depressionen sind unterschiedliche Erkrankungen zu fassen wie beispielsweise Angstzustände.

Foto: dpa

Unter den Begriff der Depressionen fällt auch das Krankheitsbild des Burn-out Syndroms. Betroffene sind meist körperlich, geistig und emotional erschöpft. Grund für diesen Zustand sind Stress oder berufliche Überbelastung.

Eu-weit belaufen sich die volkswirtschaftlichen Folgekosten auf 20 Milliarden Euro jährlich.

Foto: dpa

Platz 3 belegen die Atemwegserkrankungen mit 18 Prozent. Mediziner unterscheiden zwischen den oberen und unteren Atemwegen. Zu den Erkrankungen der oberen Atemwege gehören Krankheiten der Nasennebenhöhlen und Kieferhöhlenentzündungen. Die Bronchitis hingegen wird zu den Krankheiten der unteren Atemwege gezählt.

Foto: dpa

Gemeinsam mit den Atemwegserkrankungen ist die Fettstoffwechselstörung die dritthäufigste Krankheitsursache in Deutschland. Eine Störung des Stoffwechsels ist das Übergewicht, das auf falsche Ernährung und Bewegungsmangel zurückzuführen ist. Laut des Europäischen Statistikamts sind 60 Prozent der Deutschen übergewichtig.

Foto: dpa

Eine weitere Fettstoffwechselstörung ist die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus. Dabei wird zwischen Typ 1 und Typ 2 unterschieden. Typ 2 ist auf das Übergewicht zurückzuführen.

Foto: dapd

Mit 24,1 Prozent sind die Rückenschmerzen das zweithäufigste Volksleiden der Deutschen. Diese Zahl schlägt sich auch in den Krankheitstagen nieder. 13 Tage lässt sich der Bundesbürger wegen dieser Erkrankung krankschreiben.

Foto: AP

25,7 Prozent der deutschen Bundesbürger leiden an Bluthochdruck. Damit belegt diese Erkrankung den ersten Platz. Die Ursachen sind vielfältiger Natur. Außer der genetischen Veranlagung spielen Stress, Bewegungsmangel und ein überhöhter Alkoholkonsum eine wesentliche Rolle. Wird die Erkrankung nicht behandelt, drohen Herzinfarkt und Schlaganfall.

Foto: dpa

Menschen mit Diabetes, so der medizinische Begriff der Krankheit, fehlt das körpereigene Hormon Insulin, das Zuckermoleküle im Blut abbaut. Deshalb müssen sich Diabetiker vor den Mahlzeiten jeweils eine Dosis Insulin spritzen. Doch das ist umständlich und teuer: Die Behandlung der Diabetiker verschlingt jährlich geschätzte 471 Milliarden Dollar. Außerdem ist diese Therapie alles andere als optimal: Weil die Insulinmenge oft nicht exakt zur Essensmenge passt, schädigt der zu hohe oder zu niedrige Insulin-Spiegel auf Dauer Nieren, Nerven, Augen und Herz-Kreislaufsystem. So forderte die Krankheit nach Angaben der internationalen Diabetesvereinigung im Vorjahr 4,8 Millionen Todesopfer.

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Insulin-Spritze ade

Mit den täglichen Spritzen, Folgeerkrankungen und Todesfällen könnte Schluss sein, wenn auch für Menschen gilt, was Melton und Yi an bei Mäusen heraus fanden: Denn das Hormon, das sie entdeckten und Betatrophin tauften, bringt die Insulin produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse dazu, sich 30-fach schneller zu vermehren. Die Idee: Sollte das Hormon, das auch im menschlichen Körper vorkommt, dort die gleiche Funktion haben, könne eine gezielte Betatrophin-Gabe einmal pro Woche, Monat oder Jahr bei Diabetikern mit Altersdiabetes - dem Typ 2 der Krankheit - dazu führen, dass ihre wenigen noch verbliebenen Beta-Zellen sich wieder vermehren. Dann könnte ihr Körper wieder selbst Insulin in ausreichender Menge herstellen, das Insulin-Spritzen hätte ein Ende.

Bei Menschen mit dem sogenannten juvenilen oder Typ 1-Diabetes, die etwa zehn Prozent aller Diabetiker ausmachen, ist noch nicht klar, ob Betatrophin Wirkung zeigen würden, denn bei dieser Form der Krankheit gehen fast alle Beta-Zellen allmählich zugrunde.

Der Halbleiter-Hersteller Infineon hat in vergangenen Jahr 612 Millionen Dollar in Forschung und Entwicklung investiert. Unter den Unternehmen mit den größten F&E-Investitionen in Deutschland belegt Infineon damit Platz zehn, international ist es allerdings nur Rang 193. 2011 stand das Unternehmen noch auf Platz 199.

Insgesamt haben sind die Budgets für Forschung und Entwicklung in Europa im Jahr 2011um 5,4 Prozent gestiegen (weltweit waren es 9,6 Prozent). Die deutschen Konzerne erhöhten dagegen um 14,8 Prozent auf 603 Milliarden Dollar. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich klar vor Frankreich (32,3 Milliarden Dollar) und der Schweiz (30,2 Milliarden Dollar).

Foto: dpa

Der Pharmakonzern Merck hat sich international um zwei Plätze hochgekämpft. 2012 schaffte es das Unternehmen mit einem Forschungsbudget von 2,112 Milliarden Dollar auf Platz 66. Innerhalb Deutschlands schafft es das Unternehmen auf Rang neun.

Foto: AP

Bei dem Chemiekonzern BASF ging es dagegen um zwei Plätze bergab - im internationalen Vergleich rutschte das Unternehmen von Rang 60 auf 62. Mit 2,234 Milliarden Dollar Forschungsbudget landet das Unternehmen deutschlandintern auf dem achten Rang.

Foto: CLARK/obs

Ein wichtiger Treiber für die massiven Investitionszuwächse bei den F&E-Ausgaben ist die in vielen Branchen enorm beschleunigte Produktentwicklung, heißt es in der Studie. "Wir sehen in einigen forschungsintensiven Industrien seit Jahren eine drastisch verkürzte Halbwertszeit vieler Produkte", sagt Klaus-Peter Gushurst, Sprecher der Geschäftsführung von Booz & Company. "So sind die Innovationszyklen beispielsweise bei den IT- und Elektronikherstellern oder in der Pharma- und Automobilindustrie wesentlich kürzer. Daher verwundert es nicht, dass allein diese Branchen zwei Drittel der weltweiten F&E-Investments schultern."

Zu sehen auch am Reifenhersteller Continental. Der Autozulieferer steigerte sein Forschungsbudget im letzten Jahr auf 2,24 Milliarden Dollar und erreichte damit international Platz 61 (Deutschland Rang sieben).

Foto: dapd

Der deutsche Softwarehersteller SAP schafft es von 1000 analysierten global tätigen Unternehmen sogar auf Platz 51. Mit einem Forschungsbusiness von 2,69 Milliarden Dollar reicht es im innerdeutschen Vergleich sogar für Platz sechs.

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Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer will mit der Übernahme des US-Konzerns Schiff Nutrition International, einen der führenden Anbieter von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln in den USA, sein Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln weiter stärken. Sein Forschungsbudget hat der Konzern dagegen etwas heruntergefahren. Mit Ausgaben in Höhe von 4,082 Milliarden Dollar rutschten die Leverkusener von Rang 31 auf 34 (international). In Deutschland reichen die F&E-Ausgaben für den fünften Platz.

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BMW steht mit Forschungsinvestitionen in Höhe von 5,02 Milliarden Dollar im innerdeutschen Vergleich auf Platz vier - international schafften es die Münchner auf Rang 28.

Foto: dapd

Siemens

Acht Milliarden Dollar steckte Siemens im Jahr 2010 in den Bereich Forschung und Entwicklung. Im internationalen Ranking "Global Innovation 1.000“ der Strategieberater Booz & Company reichte das für Platz 20. Im vergangenen Jahr reduzierte der Industriegüterkonzern das Budget allerdings auf 5,474 Milliarden Dollar. Das reichte nur noch für Platz 22 im internationalen Ranking. Im innerdeutschen Vergleich schafft es der Konzern auf Platz drei.

Foto: dapd

Mit Daimler haben es gleich zwei deutsche Autobauer unter die besten 20 Unternehmen weltweit geschafft. Das Unternehmen investierte im letzten Jahr 5,81 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung und schafft es somit in Deutschland auf Platz zwei. International hat sich der Autobauer von Platz 26 auf Platz 19 verbessert.

Wie in den vergangenen beiden Jahren belegen Apple, Google und 3M die Plätze eins bis drei der innovativsten Unternehmen. Facebook musste hingegen seinen zehnten Platz aus dem Vorjahr für den Onlinehändler Amazon räumen.

Foto: REUTERS

Volkswagen

Von allen deutschen Unternehmen investiert Volkswagen am meisten in Forschung und Entwicklung. International reicht es für VW mit einem Forschungsbudget in Höhe von 7,7 Milliarden Dollar für Platz elf. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verbesserung um drei Plätze. Vergangenes Jahr konnte VW sein F&E-Investment jedoch auch schon um 19,4 Prozent steigern.

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Sollte das allerdings klappen, wäre möglicherweise auch ein Fernziel der Stammzellforschung erreicht: Statt außerhalb des Körpers Stammzellen in Beta-Zellen zu verwandeln und sie in den Menschen zu transplantieren, könnte die Gabe des Hormons ausreichen, um körpereigene Stammzellen in Beta-Zellen zu verwandeln. Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen.

Wie aufwühlend die Entdeckung auch für die Forscher selbst war, schildert Yi so: "Ich saß da am Mikroskop und sah all diese sich replizierenden Beta-Zellen." Selbst an den Tag kann er sich genau erinnern, es war der 20 Februar 2010. Der Forscher traute seinen Augen kaum, sagt Yi: "Solch eine Vermehrungsrate hatte ich noch nie beobachtet." Er überlegte, ob er zur Sicherheit den Versuch wiederholen sollte, bevor er es seinem Chef Melton zeigen sollte. Doch dann ging er sofort zu ihm und zeigte ihm die Bilder, die er gemacht hatte.

Auch Melton erinnert sich gut an den Moment - und hat den Schwarz-Weiß-Ausdruck aufgehoben. "Wir haben inzwischen viel schönere Farbdrucke", sagt Melton. Aber er mag das Schwarz-Weiß-Bild so gerne, weil es ihn an die Situation erinnert: "Es war einer dieser Momente in denen man weiß, dass etwas sehr spannendes passiert." Seinem Mitarbeiter Yi legte er am nächsten Morgen einen Brief mit folgenden Worten auf den Tisch: "Lieber Peng, ich konnte kaum schlafen, so aufgeregt bin ich."

Wie die Karnickel

Tatsächlich ließen sich die Ergebnisse wiederholen. Und zunächst gaben Yi und Melton dem Hormon den Namen Rabbit. Denn die Beta-Zellen vermehrten sich sprichwörtlich wie die Karnickel.

Bis aus der Entdeckung des Hormons eine Therapie entsteht, werden allerding noch Jahre vergehen. Melton hofft: "Mit ein bisschen Glück könnte der Wirkstoff in drei bis fünf Jahren erstmals am Menschen getestet werden."

Bei dieser Entwicklung - vom Fund zum Medikament - setzen die Harvard-Forscher auf ein kleines, aber weltweit bekanntes deutsches Biotech-Unternehmen, die 1993 gegründete Hamburger Evotec. Das Unternehmen sicherte sich schon im Frühjahr 2011 die Vermarktungsrechte der neuen Therapie.

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