Medikamente, Impfstoffe und Co. Was das Pflaster der Zukunft alles kann

Das Pflaster der Zukunft kann viel mehr als nur Kratzer und Wunden abdecken: Es beschleunigt die Heilung, versorgt den Körper mit Medikamenten und Impfstoffen – und misst zugleich, ob sie auch richtig dosiert sind.

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Das Pflaster der Zukunft beschleunigt die Heilung, bringt Medikamente und Impfstoffe durch die Haut – und misst zugleich, ob sie auch richtig dosiert sind. Quelle: Fotolia

Für Rennradfahrer, Hürdenläufer oder Fußballer wäre es ein Traum – ein Pflaster, das größere Wunden nach einem Sturz oder dem Zusammenstoß mit einem Mitspieler in null Komma nichts heilen könnte. Solche Verletzungen können Sportlern die halbe Saison vermasseln.

Joachim Dissemond erlebt das immer wieder. Der Wundspezialist verarztet am Universitätsklinikum Essen auch Leistungssportler, die schlecht heilende, große Wunden plagen. Deren Trainer fragen ihn regelmäßig, wie sie die Verletzungen behandeln und verpflastern sollen, damit die Sportler möglichst schnell wieder trainieren können.

Doch nicht nur für Olympioniken zählt, schneller wieder am Start zu sein. Auch viele Hobbysportler würden "viel für solch ein schnell heilendes Pflaster bezahlen", glaubt der Dermatologe.

Diesem Ziel soll ein neues Spray schon ziemlich nahe kommen, an dem Dissemond zusammen mit dem Wittener Unternehmen Sangui Biotech forscht: Erfüllen sich die Hoffnungen der Entwickler, kann sich bald jeder ein mit dem Wundermittel getränktes Pflaster auf seine Wunden kleben – schon heilen sie fast doppelt so schnell.

Moderne Pflaster können aber noch viel mehr. Wissenschaftler und Pharmaunternehmen sind gerade dabei, die kleinen braunen Stoff-Klebestreifen, mit denen das Hamburger Unternehmen Beiersdorf vor inzwischen 90 Jahren weltweit für Furore sorgte, neu zu erfinden.

Die am häufigsten falsch behandelten Krankheiten
Platz 10: Uterus myomatosusKnapp zwei Drittel aller Fehler, die von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer anerkannt wurden, ereigneten sich in Krankenhäusern. Auf Platz 10 der dort am häufigsten fehlbehandelten Krankheiten ist Uterus mymatosus. Dahinter verbergen sich Myome der Gebärmutter, die am häufigsten gutartigen Tumore bei Frauen. 21 Mal behandelten Krankenhaus-Ärzte diese Krankheit vergangenes Jahr falsch.Woran die zahlreichen Fehler in Krankenhäusern liegen, hat die WirtschaftsWoche bereits im April analysiert. Quelle: Fotolia
Platz 9: Gallenstein23 Mal wurden in Krankenhäusern Gallensteine, also Cholelithiasis, falsch behandelt. Quelle: Fotolia
Platz 8: Oberflächliche VerletzungenWunden und Schrammen wurden in deutschen Krankenhäusern 26 mal falsch behandelt – womit sie auf Platz 8 landen. Bei Fehlbehandlungen in Arztpraxen erreichen oberflächliche Verletzungen Platz 10. Niedergelassene Ärzte behandelten sie nur zehn Mal falsch. Quelle: REUTERS
Platz 7: HandfrakturKnochenbrüche an der Hand behandelten Krankenhausärzte vergangenes Jahr 30 Mal falsch. Damit erreichen Handfrakturen Platz 7. Bei Fehlbehandlungen durch niedergelassene Ärzte erreichen Handfrakturen Platz 8. Sie behandelten diese Knochenbrüche zwölf Mal falsch. Quelle: dapd
Platz 6: Schulter- und OberarmfrakturNur einmal mehr fuschten Krankenhaus-Ärzte bei Brüchen an Schulter und Oberarm: Hier gab es 31 Fehlbehandlungen. Bei niedergelassenen Ärzten kommen  Fuschereien in diesem Bereich gar nicht in den Top 10 vor. Quelle: Fotolia
Platz 5: Unterschenkel- und SprunggelenkfrakturGanze 21 Mal häufiger wurden Brüche an Unterschenkel- und Sprunggelenken falsch therapiert. Hier gab es in deutschen Krankenhäusern 52 Fehlbehandlungen. In Praxen gab es bei Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen sogar mit 15 Fällen die zweithäufigsten Fehlbehandlungen. Quelle: dpa-tmn
Platz 4: OberschenkelfrakturMit 63 Fuschereien in Krankenhäusern landen Oberschenkelfrakturen auf Platz 4. In niedergelassenen Praxen kommen Oberschenkelfrakturen nicht in den Top 10 der Fehlbehandlungen vor. Quelle: dpa

Dafür versetzen Entwickler die Klebestreifen und Wundauflagen nicht nur mit heilsamen Wirkstoffen. Sie integrieren auch hauchdünne Sensoren in die Pflaster. Damit können die neuartigen Verbände sehr viel mehr als nur Kratzer und Wunden abdecken: Sie beschleunigen die Heilung, bringen Medikamente und Impfstoffe durch die Haut in den Körper und messen zugleich, ob sie auch richtig dosiert sind.

Das schnöde Pflaster wird zum High-Tech-Werkzeug, das aktiv und intelligent in den Körper eingreift.

Genau das ist auch der Trick beim Schnellheilspray von Sangui Biotech: Es ist mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin versetzt. Normalerweise ist der für den Transport des Sauerstoffs im Blut zuständig. Im Spray sorgt das Hämoglobin nun ganz aktiv dafür, mehr Sauerstoff in die Wunde zu bekommen und damit die Heilung zu beschleunigen.

Dieses Schnellheilelixier arbeitet Sangui nun zusammen mit dem Kosmetik- und Pflasterhersteller SanderStrothmann in der gemeinsamen Gründung Sastomed testweise auch schon in Pflaster ein. Denn Sastomed-Geschäftsführer Michael Sander ist überzeugt: "Eine Wunde kann gar nicht genug Sauerstoff bekommen."

Unter dem Namen Granulox vertreibt Sastomed das Spray seit mehreren Monaten. Allerdings ist es bisher nur für Patienten mit chronischen offenen Wunden zugelassen, die oft über Jahre nicht heilen.

Gerade für diese Menschen ist das Spray ein Segen, hatten die beiden Sangui-Gründer und Forscher Wolfgang Barnikol und Harald Pötzschke beobachtet: In 90 Prozent aller Fälle ist der schwerwiegende Sauerstoffmangel in chronischen Wunden schuld daran, dass sie sich oft Monate oder Jahre lang nicht schließen.

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