Raumfahrt: Münchens Antwort auf SpaceX erhält wichtigen Auftrag
Der Prototyp der Nyx-Kapsel.
Foto: PRWasser, Lebensmittel, wissenschaftliches Gerät – auf einer Raumstation gibt es so manchen Materialbedarf. Hélène Huby will dafür sorgen, dass Astronauten im All künftig nicht der Nachschub ausgeht. Mit ihrer privaten Raumfähre Nyx will die Gründerin des Start-ups The Exploration Company eine Art Lieferdienst für den Orbit anbieten – und hat jetzt einen wichtigen Kunden gewonnen.
Das Raumfahrtunternehmen Starlab Space hat mit The Exploration Company einen Vorvertrag über drei Frachtmissionen abgeschlossen. Die Raumfähre Nyx soll dabei eine private Raumstation beliefern, die Starlab Space gerade entwickelt. „Wir sind dankbar für Starlabs Vertrauen in unsere Technologie“, sagt Huby. Den Vertrag haben die Unternehmen am Mittag feierlich im Rahmen des Staatsbesuchs des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron in Berlin unterzeichnet.
Es ist der dritte Kunde für das junge Unternehmen, das in München und Bordeaux an seiner Raumfähre arbeitet. Schon im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Axiom Space, das Touristen ins All fliegt und ebenfalls eine Raumstation entwickelt, eine Vereinbarung mit The Exploration Company beschlossen. Und erst in der vergangenen Woche hatte die Europäische Weltraumorganisation Esa Hubys Start-ups neben dem Konzern Thales Alenia damit beauftragt, ein Modell für ein Versorgungsschiff für die Raumstation ISS zu bauen.
Konkurrenz mit SpaceX
Es ist ein Markt, auf dem bisher kein europäischer Anbieter präsent ist. Wer eine Lieferung hundert Kilometer hinauf ins All plant, ist abgesehen von den staatlichen russischen und chinesischen Raumschiffen auf zwei Anbieter aus den USA angewiesen: SpaceX mit dem Raumschiff Dragon und Northrop Grumman mit Cygnus.
Beide sind im Rahmen eines Programms der Nasa entstanden, die schon im Jahr 2006 die Privatisierung von Frachtflügen ins All anstrebte, um die Kosten zu senken und Innovationen anzustoßen. Statt ein eigenes Raumschiff zu betreiben, bucht die Nasa nun Frachtflüge etwa bei SpaceX.
Mit The Exploration Company könnte den beiden US-Anbietern nun ein neuer Konkurrent aus Europa heranwachsen. Dessen Raumfähre Nyx ist in kleinerem Maßstab schon in Arbeit und soll bald einen ersten Testflug absolvieren. Die ausgewachsene Version, acht Meter hoch und zehn Tonnen schwer, soll im Jahr 2026 ihren Erstflug bestehen. Das wäre früh genug, um die geplante Station von Starlab Space zu versorgen.
Denn der neue Kunde von The Exploration Company will frühestens 2028 eine private Raumstation in den Orbit bringen. Das Joint Venture des US-Unternehmens Voyager Space, des Flugzeugbauers Airbus und der japanischen Mitsubishi Corporation will damit Raumfahrtagenturen, Privatunternehmen und Forschern etwa von Universitäten eine Plattform für Forschung im All bieten.
Bisher waren Raumstationen wie ISS staatliche Projekte, die nur mit den großen Budgets nationaler Raumfahrtorganisationen finanziert werden konnten. Nun hoffen private Anbieter, neue Stationen preiswerter bauen und transportieren zu können. Das Starlab soll sich mit nur einem Raketen-Start ins All transportieren lassen, so dass Kosten für den Zusammenbau im All wegfallen. Der preiswertere Aufenthalt im All soll neue Märkte im Orbit eröffnen. Biotechunternehmen könnten in der Schwerelosigkeit neue heilsame Moleküle entwickeln oder gar Organe drucken, so eine Vision.
Künftig fliegen auch Astronauten mit
The Exploration Company will sich mit seinem geplanten Raumschiff als Logistiker in der Umlaufbahn etablieren. Triebwerk, Hitzeschild – zentrale Komponenten entwickelt das Team von Huby in München und Bordeaux selbst. Damit will sie zum einen preiswertere Flüge anbieten als etwa SpaceX.
Zum anderen soll Nyx künftig auch in der Lage sein, zum Mond zu fliegen, dort wieder zu starten und zwischendurch im All nachzutanken. Das können die anderen Raumschiffe bisher nicht. Auch soll sich Nyx zu einer Fähre für Astronauten aufmotzen lassen – ein Kriterium, auf das die Esa bei ihrer Ausschreibung wert legt.
Die Weltraumorganisation hat in der vergangenen Woche ein neues Kapitel in der europäischen Raumfahrt aufgeschlagen. Setzte sie bisher auf internationale Partner oder das in Eigenregie entwickelte Frachtschiff ATV, so will sie jetzt nach dem Vorbild der Nasa private Frachtdienstleister erst fördern und dann fordern.
Unter sieben Kandidaten wählte sie The Exploration Company und Thales Alenia, die in einer ersten Runde 25 Millionen Euro erhalten, um ein Modell zu entwickeln. Für einen späteren Demonstrationsflug zur ISS soll dann weiteres Geld bereitstehen. Ab 2028 soll dann ein Anbieter Aufträge für Frachtflüge zur ISS erhalten. „Die ESA als Ankerkunden zu gewinnen, ist für uns bei The Exploration Company ein bedeutender strategischer Meilenstein“, sagt Gründerin Huby.
Nun steht den Gründern eine spannende Zeit bevor. Sie müssen die Technologien für das neue Raumschiff weiter entwickeln und in ersten Missionen zeigen, dass ihre Kapsel Nyx den harschen Bedingungen im All und beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre trotzt. Wie eine Besteigung des Mount Everest sei das, sagte Huby einmal im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Schwer, aber mit einem guten Team zu schaffen.