Schulhausbrand in Erkrath: Wie feuergefährlich sind PV-Anlagen auf dem Dach wirklich?

Die Flammen in den Gebäuden des Schulzentrums im rheinischen Erkrath wüteten am Dienstagabend noch und der hunderte Meter hohe Rauchpilz war von weiten Teilen des Niederrheins zu sehen, da wurde Christoph Schultz, Bürgermeister der 44.000-Einwohner-Kommune östlich von Düsseldorf, bereits unerwartet deutlich: „Angefangen hat das Feuer mit einem Brand an einer Photovoltaikanlage (PV) auf dem Dach und hat sich dann von dort sehr schnell ausgebreitet.“
Gut eine Woche nach dem Großbrand an dem Bau, in dem eine Realschule und ein Gymnasium untergebracht waren, hat die zuständige Polizeibehörde in Mettmann nun die Untersuchungsergebnisse veröffentlicht. Sie bestätigen, was zunächst nur eine Hypothese war: „Demnach ist der Brand durch einen Kurzschluss in der Technik der auf dem Dach der Schule angebrachten Photovoltaik-Anlage ausgebrochen“, heißt es bei den Ermittlern der Polizei, die mit einem externen Brandsachverständigen auf Spurensuche gegangen waren. Vom Ausbruchsort, den die Polizei bisher noch nicht genauer benannt hat, habe sich das Feuer „dann innerhalb von wenigen Minuten ausgebreitet und schlussendlich zum Vollbrand der Schule geführt“.
Das dürfte die Diskussion um die Brandrisiken der solaren Stromerzeugung auf Wohn- und Geschäftshäusern noch zusätzlich befeuern. Sie entbrannte bereits kurz nach dem Großfeuer in einer Vehemenz, die der schlagartigen Brandausbreitung auf dem 1970er-Jahre-Schulbau in Erkrath kaum nachstand. Während sich Eigenheimbesitzer mit PV-Paneelen auf ihren Dächern nun vor allem sorgenvoll fragen, wie brandgefährlich die Installationen auf ihren Häusern tatsächlich sind, betonen Kritiker der Solartechnik, sie hätten ja immer schon vor einem blauäugigen Ausbau der PV-Anlagen gewarnt. Doch wie groß ist die Brandgefahr tatsächlich? Sind die Solarpaneele quasi tickende Brandbomben auf Abermillionen von Privat- und Gewerbebauten?

Die Antwort ist eindeutig. Und sie lautet: Nein! Was nicht bedeutet, dass es nicht zu Bränden kommt, die sich auf die Solartechnik auf den Dächern zurückführen ließen. Genau wie alle anderen elektrischen Anlagen in Gebäuden bergen auch die Installationen der PV-Systeme das Risiko, dass sie sich entzünden können. Und tatsächlich ist Elektrizität laut Untersuchungen des Instituts für Schadenverhütung IFS von 2023 die mit rund einem Drittel Anteil an allen Brandursachen in Gebäuden die mit Abstand größte Gefahrenquelle im Haushalt. Das aber ist eben quasi alltägliche Elektrotechnik, von der die beschriebenen Risiken ausgehen: Mehrfachstecker, Ladegeräte, Wasserkocher, Waschmaschinen, Toaster oder TV-Geräte. Zugleich nämlich zeigen statistische Auswertungen, dass Brände die von PV-Anlagen ausgehen, extreme Ausnahmefälle sind.
Ein Risiko im Promillebereich
Erhebungen etwa der Internationalen Energieagentur und des National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA für das Jahr 2020 zufolge liegt die Quote von Bränden, die durch PV-Anlagen verursacht wurden, in Deutschland, den USA, Australien oder Japan zwischen 2,5 und gut 3 Promille. Das deckt sich mit einer Untersuchung des Niederländischen Instituts für Öffentliche Sicherheit (NIPV), des Königlichen Niederländischen Normungsinstituts (NEN) und der Niederländischen Organisation für Angewandte Wissenschaftliche Forschung (TNO).
Für die Jahre 2022 und 2023 haben die Fachleute rund 10.000 Gebäudebrände ausgewertet. In 152 Fällen waren Gebäude mit PV-Anlagen betroffen, bei 31 Bränden ließ sich die Ursache auf die Solartechnik beziehungsweise zugehörige Installationen zurückführen. Auch das ist ein Anteil von gut drei Promille der Gesamtzahl der untersuchten Brände und erst recht gemessen an den zig Millionen auch in den Niederlanden installierten PV-Anlagen – und damit eine fast vernachlässigbare Quote.
Was nicht bedeutet, dass sich Brandrisiken durch Solaranlagen nicht minimieren ließen. Schließlich gibt es verschiedene bekannte Schwachstellen bei PV-Technik, die laut den Studien des NREL Brandrisiken bergen. Hauptgefahren sind sogenannte Hotspots in den Modulen, bei denen sich – meist wegen Schäden am Material oder in der Produktion – einzelne Bereiche der Module stark erhitzen können. Sammeln sich dann trockene Blätter oder Dreck auf oder unter den Modulen, kann die Hitze unter ungünstigen Umständen so groß werden, dass sich brennbares Material in der Nähe entzündet.
Ein weiteres Brandrisiko sind Montagefehler oder Schäden an der Installation, die aufgrund von Überlastung zu Schmorbränden oder Kurzschlüssen an Steckern, Elektromodulen oder Stromleitungen führen können. Auch das kann unter ungünstigen Umständen Brände auslösen. Grundsätzlich aber gelte, so die NREL-Untersuchung, „unter normalen Betriebsbedingungen stellt die PV-Anlage keine Gesundheits-, Sicherheits- oder Umweltrisiken dar, wenn sie ordnungsgemäß installiert und von kompetentem Personal gewartet wird“.
Solaranlagen erschweren Brandbekämpfung
Wenn aber doch einmal ein Dach mit einer PV-Anlage brennt, kann es für die Feuerwehren aufwendig werden, die Flammen zu löschen. Denn meist brennen nicht die Solarmodule selbst, sondern die Dachkonstruktion darunter. Die aber wird durch die robuste Solartechnik oftmals so wirkungsvoll abgeschirmt, dass das Wasser aus den Strahlrohren gar nicht an den Brandort gelangt, sondern einfach von den Paneelen wieder abläuft.
Und das vielfach sehr lange, weil die robusten, gläsernen Solarmodule selbst der direkten Feuereinwirkung über einige Zeit widerstehen. Mitunter müssen die Feuerwehrleute dann erst einmal vom Korb der Drehleiter aus die Module mechanisch zerstören, um an den Brand zu gelangen.
Brandbeschleuniger Dachpappe
Im Fall des Erkrather Schulzentrums aber war all das nicht das Problem. Denn tatsächlich, das zeigen Luftaufnahmen des Gebäudes vor dem Brand, waren die Solarmodule auf dem Dach nur in einigen Reihen und mit großen Abständen installiert. Dafür scheint der Bau mit bitumen- oder teergetränkter Dachpappe gedeckt, die, einmal entzündet, nicht nur ausdauernd, sondern auch mit starken Flammen und großer Rauchentwicklung abbrennt. Steht solch eine Konstruktion erst einmal in Flammen, ist das Risiko groß, dass sich das Feuer – völlig unabhängig davon, ob darüber PV-Technik installiert ist oder nicht – auch ins Innere der Häuser ausbreitet und dort weitere Schäden verursacht. Das geht bis hin zum Totalverlust der Gebäude.
Um den geht es nun auch in Erkrath. Als die Feuerwehren aus der Stadt und den Nachbarkommunen den zwischenzeitlich im fast gesamten Bau und über mehrere Etagen wütenden Brand nach bald 24 Stunden endlich gelöscht hatten, war klar: Zu renovieren gibt es hier nichts mehr. „Das Zuhause von Realschule und Gymnasium ist heute verloren gegangen“, kommentierte Bürgermeister Schultz noch an der Brandstelle. „Nun müssen wir klären, wo wir die Schülerinnen und Schüler und die Lehrer erst einmal unterbringen können.“
Diese Frage zumindest ist inzwischen beantwortet. Bis auf Weiteres werden die rund 1200 Schülerinnen und Schüler im Gebäude eines Gymnasiums im benachbarten Düsseldorfer Stadtteil Benrath unterrichtet. Dessen Altbau stand seit kurzem leer, nachdem die Klassen in ein neues Gebäude umgezogen waren. Nun geht es daran, auch in Erkrath einen Neubau für beide Schulen zu planen. Eine millionenschwere Investition dürfte das werden – bei der am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit und trotz des jüngsten Großbrandes erneut Solarpaneele auf dem Dach installiert sein werden.
Hinweis: Der Artikel wurde erstmals am 15. Mai 2025 publiziert und am 22. Mai nach Abschluss der Brandursachenermittlung aktualisiert.
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