Gesellschaft Thesen für eine neue Konsumkultur

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Im Klartext bedeutet das: die Dinge und Dienstleistungen des täglichen Gebrauchs lieber selbst herzustellen, anzupflanzen oder durchzuführen, anstatt sie zu kaufen. Denn der vernünftigste Grund, warum man beruflich kürzertreten sollte, ist ja nicht nur, dass sich auf diese Weise der tägliche Stress reduzieren lässt.

Erst indem man den grauen Herren die eigene Zeit wieder abtrotzt, kann man sich selbst versorgen und gleichzeitig etwas Wichtiges erkennen:

Je weniger man kaufen muss, umso weniger muss man verdienen, was wiederum ein Gefühl der Befreiung und des Wohlbefindens nach sich zieht. Die Wirtschaftskrise hat das, was unter den Pionieren der Nachhaltigkeit bereits eine massive Wiederentdeckung des Do-it-yourself-Heimwerkertums war, noch einmal beschleunigt. Der Trick besteht nun darin, aus einer handwerklichen Randerscheinung etwas von wirtschaftlicher Relevanz zu machen.

Das allerdings setzt eine gesteigerte Produktivität in jenen Stunden voraus, die man mit solchen Aktivitäten verbringt. Wie ich in meinem Buch ausführlich darstelle, machen es neue landwirtschaftliche Erkenntnisse und die Erfindung von intelligenten Maschinen möglich, den Heimwerkermarkt in eine Beschäftigung von hoher Produktivität zu verwandeln. So wird das Ganze wirtschaftlich überhaupt umsetzbar.

Der dritte Grundpfeiler von "Plenitude" ist ein neuer Materialismus, was ein unserer Erde gegenüber respektvolles Konsumverhalten bedeutet.

Es liegt auf der Hand, dass die heutige Verbraucherkultur das nicht ist.

Reichtum sozialer Beziehungen

Der letzte Grundpfeiler ist die Notwendigkeit, die Investitionen in die mitmenschlichen Beziehungen innerhalb der Gesellschaft wieder herzustellen. Während man normalerweise soziale Beziehungen nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet, sind diese Verbindungen, die in der Wissenschaft soziales Kapital genannt werden, eine Form von Reichtum, die mindestens genauso wichtig ist wie Geld oder materielle Güter.

Vor allem in schwierigen Zeiten überleben und entwickeln sich Menschen dadurch weiter, indem sie füreinander da sind. Der persönliche Austausch von Geld, Waren und Dienstleistungen stellt ein paralleles Währungs- und Sparsystem dar. Wo man sich intensiv nur mit Business und Geldverdienen beschäftigt, leidet das Verständnis für die Nöte der Gesellschaft, aber auch die eingehende Beschäftigung mit dem eigenen Familien- und Freunddeskreis.

Die menschlichen Bindungen werden schwächer, denn keiner hat wirklich Zeit, außerhalb seiner Kernfamilie soziale Beziehungen zu pflegen.

Sobald man sich jedoch die Stunden zurückgeholt hat, hat jeder Mensch genügend freie Kapazitäten und vielleicht auch die Freude, seine sozialen Netzwerke auszubauen. 

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