E-Mobilität Weg mit der Bleifuß-Denke!

Quelle: Shutterstock, Herr Löffler

Bei der Entwicklung neuer E-Autos setzen die Autobauer zu sehr auf alte Tugenden, wie Höchstgeschwindigkeit und schnelle Beschleunigung. Damit drohen sie, ihre Zukunftskunden zu verlieren. Ein Kommentar.

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Der Blick auf aktuelle E-Mobile erinnert zunehmend an Quartett-Spiele zu Grundschulzeiten. Da zählten Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung, um die Mitspieler auszustechen. Und offenbar hat sich daran auch im Zeitalter der aufkommenden E-Mobilität nichts geändert.

Ob der neue Kleinwagen Smart #1 oder die Luxuslimousine Lucid Air eine besonders große Reichweite bei minimalem Energieverbrauch aufweisen, scheint für die Entwickler eines Großteils der Elektrogefährte nicht zu zählen – stattdessen Tempo und Beschleunigungsorgien. Smart etwa bewirbt selbst die Basisversion des neuen Viersitzers, der in diesen Tagen in den Handel kommt, vehement mit dessen enormen Beschleunigungswerten von nur 6,7 Sekunden von 0 bis 100 km/h.

Zum Vergleich: Der einst als Rakete auf Rädern geschätzte Ur-Golf GTI von Volkswagen brauchte für diesen Sprint knapp zehn Sekunden. Die überzüchtete Lucid-Limousine katapultieren zwei E-Motoren mit rund 1000 PS Systemleistung sogar in nur 2,6 Sekunden auf Tempo 100. Endgeschwindigkeit rund 300 km/h.

E-SUV mit über 2000 PS
Drako stellt mit dem Dragon ein E-SUV vor, das 2026 auf den Markt kommen soll Quelle: Drako Motors
Schick und schnell: Der zweitürige Drako Dragon kann sich sehen lassen Quelle: Drako Motors
Große Displays, feines Leder: Der Innenraum ist modern und nobel eingerichtet Quelle: Drako Motors
Über 2.000 PS sollen die vier Motoren des Dragon mobilisieren Quelle: Drako Motors
Drako Motors verspricht eine Reichweite von fast 700 Kilometer Quelle: Drako Motors

Wer glaubt, das seien Exzesse tempoverliebter Autodesigner, die zumindest Reste des Bleifußdenkens vergangener Dekaden ins Zeitalter der E-Mobilität hinüberretten wollen, der irrt. Analysen von Stefan Bratzel, dem Chef des Center of Automotive Management, belegen: Die Tempotaktik hat System.

Der Anteil von großen und besonders leistungsstarken Modellen im Fahrzeugmix der Autohersteller ist bei Elektroautos verglichen mit klassischen Benzin- oder Diesel-Pkw überproportional hoch. „Statt beim Umstieg auf die E-Mobilität und der Konzeption neuer Fahrzeuge auf Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und Effizienz zu setzen, verharren die Hersteller im alten Bleifußdenken einer vergangenen Zeit“, konstatiert der Autoexperte.

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Das ist ein gefährlicher Irrtum. Natürlich gibt es auch unter jüngeren Menschen noch Fans des forcierten Tritts aufs Gaspedal. Aber immer weniger junge Menschen lassen sich davon begeistern. Autokäuferinnen und -nutzer unter 30 haben mehrheitlich ganz andere Prioritäten als Beschleunigungsexzesse auf Rädern. Die überproportional höhere Akzeptanz für Tempolimits unter jüngeren Menschen belegt das.

Bei den traditionellen Autobauern aber scheint das kaum jemandem aufgefallen zu sein. Sie entfernen sich mit ihrer aktuellen Modellstrategie gerade im Höchsttempo von ihren künftigen Kunden. Statt diese mit für sie relevanten Eigenschaften wie etwa minimalem Ressourcenverbrauch zu begeistern, verharrt die Branche in überkommenen Denkmustern und droht so, die Kundschaft von morgen zu verfehlen.

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