Elektromobilität Solarauto Stella Lux erzeugt mehr Strom als es verbraucht

Ein Elektroauto muss klein sein? Von wegen! Studenten der Technischen Universität Eindhoven wollen mit ihrem Solarfahrzeug Stella Lux das Gegenteil beweisen.

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Studenten von der Technischen Universität Eindhoven haben ein Solarfahrzeug entwickelt das im Schnitt mehr Strom produziert als verbraucht. Quelle: Photo: TU Eindhoven, Bart van Overbeeke

Die Theorie: Je größer das Auto, desto mehr Fläche steht für Solarzellen zur Verfügung. Je mehr Solarzellen, desto mehr Strom wird produziert. Am besten so viel, dass am Schluss mehr Strom übrig bleibt als verbraucht wird. Ein 22-köpfiges Studentenentwicklerteam der Technischen Universität Eindhoven hat ein Solarauto entwickelt, dass diese Theorie in die Praxis umsetzt. Die Studenten geben sich überzeugt, dass sie mit ihrem Fahrzeug das elektrische Fahren massentauglich machen.

Ihre Vision: Eine Welt, in der alle Autos intelligente Stromerzeuger sind. Das würde die komplette Mobilität auf den Kopf stellen: Das Fahren wäre auf einmal umweltfreundlich statt umweltschädlich. Mit ihrem Fahrzeug Stella Lux zeigen sie, dass Komfort, Platz und Funktionalität für Elektrofahrzeuge kein Fremdwort sein müssen und die Stromerzeugung darunter nicht leidet.

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Der futuristische viereinhalb Meter lange und 375 Kilogramm schwere Viersitzer bietet Platz für eine ganze Familie und ist damit größenmäßig vergleichbar mit einem Golf Kombi. Beim Gewicht schlägt Stella Lux den Golf hingegen um Längen: Letzterer bringt rund 1200 Kilogramm auf die Waage. Ungewöhnlich für ein E-Fahrzeug: Sogar für Gepäck gibt es genügend Platz im Kofferraum. Das Auto hat eine reguläre Straßenzulassung. Es erfüllt also alle sicherheitsrelevanten Kriterien für den Straßenverkehr.

Das Auto wurde auf Effizienz getrimmt. Bei der Konstruktion des Fliegengewichts kamen deshalb vorwiegend leichte Materialien wie Karbon und Aluminium zum Einsatz. Ein Windtunnel zieht sich von vorne bis hinten durch die Mitte am Unterboden des Fahrzeugs entlang, damit möglichst wenig Luftwiderstand entsteht. Sogar die Räder wurden extrem dünn konstruiert, um den Reibungswiderstand beim Rollen zu minimieren.

Ein verlängertes Dach auf beiden Längsseiten sorgt für eine Gesamtfläche von 5,8 Quadratmetern. Darauf sitzen rund 380 Solarzellen, die die Akkus mit einer Kapazität von15 Kilowattstunden aufladen. Circa 1200 dieser Lithium-Ionen-Batterien, die ungefähr 65 Zentimeter lang und acht Zentimeter breit sind, sitzen unterhalb der Mittelkonsole im Fahrzeug. In den flachen aber auch sonnenarmen Niederlanden soll das Auto eine Reichweite von mindestens 1000 Kilometern haben. Das ist weit mehr als reguläre E-Fahrzeuge, die meist auf eine Reichweite bis maximal 200 Kilometer kommen.

Komfort bedeutet auch Wohlfühlen an Bord. Den Studenten war eine hochwertige Innenausstattung wichtig. Quelle: Photo: TU Eindhoven, Bart van Overbeeke

Selbst der Vorzeigeliebling der E-Fahrzeug-Riege, der Tesla Model S, schafft derzeit nicht mehr als 500 Kilometer. Die Reichweite berechnet sich für alle Fahrzeuge in Europa nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus. Dieser europäische Standard in der Autobranche simuliert unterschiedliche Fahrsituationen, wie sie im Alltag vorkommen - zum Beispiel Überlandfahrten und Stadtverkehr. Dabei fährt das Fahrzeug durchschnittlich 40 Stundenkilometer. Die Höchstgeschwindigkeit des Solarautos liegt bei 125 Stundenkilometern. Fährt das Fahrzeug konsequent mit Höchstgeschwindigkeit, reduziert sich die Reichweite auf 500 Kilometer.

Wenn das Auto mehr Energie erzeugt, als es selbst verbraucht, kann der Überschuss ins hauseigene Netz eingespeist werden. Momentan ist das nur per Kabel möglich. Die Studenten arbeiten aber bereits an einer Lösung zum drahtlosen Auf- und Entladen.

Das Entwicklerteam hat großen Wert auf das Innendesign gelegt. Der loungeartige Innenraum von Stella Lux sieht hochwertig aus. Für den Innenraum wurden helle Farben gewählt, Ambiente-Lichter sollen die Atmosphäre noch angenehmer gestalten. Die Entwickler garantieren genügend Beinfreiheit mit angenehmem Sitzgefühl. Den Windtunnel haben die Studenten im Innenraum genutzt, um Abstellflächen zu schaffen. So findet auch der Kaffeebecher seinen Platz.

Auch Technik-Liebhaber kommen nicht zu kurz: Das Auto besitzt ein intelligentes Navigationssystem, das auf Basis der aktuellen Wetterdaten die optimale Route vorschlägt. Außerdem verbindet sich das Fahrzeug automatisch mit dem Smartphone. Damit öffnet es zum Beispiel die Türen, liefert aktuelle Daten zum Energiestand, stimmt die Entfernungen zu den eigenen Terminen im Kalender mit dem Energiebedarf für die Fahrt dorthin ab und dreht etwa automatisch die Musik leiser, wenn sich ein Krankenwagen nähert. Die Studenten versprechen, dass man sich keine Sorgen mehr darum machen muss, eventuell liegen zu bleiben, weil der Saft ausgeht.

Den Praxistest hat das Vorgängermodell bereits im letzten Jahr bestanden, als es die World Solar Challenge durch die Wüste Australiens in der "Cruiser Class" gewann. An diesen Erfolg will das Team im Oktober dieses Jahres anknüpfen und startet mit Stella Lux in der gleichen Kategorie. Danach geht es auf PR-Tournee durch die Niederlande, China und eventuell die USA.

"Mit Stella Lux wollen wir den Verbrauchern die Idee von Solarautos näher bringen. Daher wollen wir Lux so vielen Menschen wie möglich zeigen und hoffen, sie so zu inspirieren" sagte Teamleiter Tom Selten.

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