Technik Neuer Antrieb für Schiffe

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„Da hilft nur, das Schweröl zu entschwefeln“, sagt Wärtsilä-Forschungsmanager Heim. Das würde auch ein anderes Problem lösen: Partikelfilter, wie sie heute in Diesel-Pkws und Lastern üblich sind, funktionieren nur mit entschwefeltem Sprit. Bis dahin ist es ein langer Weg. Schon vor fünf Jahren beschloss die Europäische Union eine „Strategie zur Reduzierung atmosphärischer Emissionen von Seeschiffen“. Es blieb jedoch bei den Grenzwerten für europäische Gewässer und vor Kalifornien. Immerhin hat das Hercules getaufte Programm, dessen Kosten von knapp 34 Millionen Euro zur Hälfte die Industrie und zur anderen Hälfte die EU und die Schweiz trugen, einen Anstoß gegeben, wenigstens den Treibstoffverbrauch und den Stickoxid-Ausstoß zu senken. 40 europäische Motorenhersteller und Zulieferer haben innerhalb von 43 Monaten entsprechende Techniken entwickelt. Als besonders wirkungsvoll hat sich der Einbau zusätzlicher Turbolader erwiesen. Bei Tognum sind es bis zu vier. Sie pressen die Verbrennungsluft mit höherem Druck in die Zylinder, sodass die Motoren noch effektiver arbeiten. Heute kommen sie bereits auf einen Wirkungsgrad von mehr als 50 Prozent, während Maschinen für Lkws bestenfalls auf 35, für Pkws auf 30 Prozent kommen. Um die Emissionen von Stickoxiden zu reduzieren, setzen die Forscher dem Treibstoff Wasser zu. Dadurch sinkt die Verbrennungstemperatur und damit die Bildung von Stickoxiden. „So lassen sich die Emissionen halbieren“, sagt Heim.

Das Schwefelproblem ließe sich auch ohne Vorbehandlung des Treibstoffs lösen. Vorbild sind Kraftwerke an Land. Deren Abgase werden mit Kalkmilch gewaschen. Sie bindet das Schwefeldioxid und verwandelt es in Gips, der sich beispielsweise in Wandplatten wiederfindet. Doch solche Rauchgaswäschen sind teuer und platzraubend – was die Wirtschaftlichkeit von Frachtschiffen beeinträchtigen würde. Folge: Niemand nutzt bis heute diese Möglichkeit. Volker Brenk, Schifffahrtsexperte beim Umweltbundesamt in Dessau, empfiehlt deshalb den Umstieg auf entschwefelten Treibstoff. Stark schwefelhaltiges Schweröl solle stattdessen in Kraftwerken an Land verbrannt werden, die mit bester Technik zur Abgasreinigung ausgestattet sind. Die Reeder werden wenig begeistert sein: Schwefelarmer Schiffsdiesel kostet dreimal so viel wie Schweröl. Geld sparen könnten sie dagegen durch Rückbesinnung auf eine Zeit, als der Wind Schiffe über die Meere blies. Noch in diesem Herbst soll mit der Beluga SkySails der erste Frachter in See stechen, der mit einem drachenartigen Segel ausgestattet ist. Versuche mit dem 800-Tonnen-Schiff Beaufort waren erfolgreich. Der Treibstoffverbrauch reduziert sich durch den Hilfsantrieb um bis zu 40 Prozent. Das bringt bei einem mittelgroßen Schiff eine Ersparnis von rund 1500 Euro täglich. Der 140 Meter lange Mehrzweck-Schwergutfrachter, der jetzt mit dem Segel ausgestattet wird, gehört der Bremer Reederei Beluga Shipping. Der Drachen, vom Hamburger Unternehmen SkySails entwickelt, ist mit einem bis zu 500 Meter langen Seil mit dem Schiff verbunden und wird von einem Autopiloten gesteuert. So muss der Kapitän sich um den windigen Antrieb gar nicht kümmern.

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