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Extreme WettersituationenKlimawandel stört die Muster der globalen Luftbewegungen

Waldbrände, Kältewellen, Überschwemmungen: Die extremen Wettererscheinungen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist in einer Studie den Ursachen näher gekommen. 25.02.2013 - 19:20 Uhr

Der Hurrikan "Ernesto" ist im Süden des Bundesstaates Quintana Roo auf die mexikanische Karibikküste getroffen. In seinem Zentrum entwickelte der fünfte Atlantiksturm des Jahres nach Angaben des US-Hurrikanzentrums in Miami Windgeschwindigkeiten von 140 Kilometern in der Stunde. Dieses Satellitenbild zeigt den Hurrikan noch über dem atlantischen Ozean.

Foto: rtr

Bei seinem Zug über die Halbinsel Yucatán werde er sich abschwächen, teilten die Meteorologen mit. Die Menschen dort wurden evakuiert, diese Männer bringen ein Fischerboot in Sicherheit. Die mexikanischen Behörden hatten für die Ferieninsel Cozumel und Gebiete südlich der Pyramidenstadt Tulum bis zur Grenze von Belize Hurrikanalarm ausgelöst. Auch in Belize galt Hurrikanalarm.

Foto: dpa

Schon vor dem Eintreffen des Sturms wurden viele Regionen von heftigen Regenfällen getroffen. Diese Einwohner der Stadt Zapopan in der Region Jalisco tragen ihr Eigentum aus einem überfluteten Haus.

Foto: dpa

Nach Berechnungen der Meteorologen wird „Ernesto“ noch am heutigen Mittwoch in den Golf von Mexiko weiterziehen und später im Bundesstaat Veracruz erneut auf mexikanisches Festland treffen.

Foto: Reuters

Dort, in Honduras und Guatemala hatte „Ernesto“ bereits heftigen Regen ausgelöst, auch in den mexikanischen Bundesstaaten Quintana Roo, Campeche und Tabasco kam es zu schweren Regenfällen. Nach Angaben des Nationalen Wetterdienstes von Mexiko traf das Zentrum des Wirbelsturms am Dienstagabend (Ortszeit) bei der Ortschaft Majahual (Foto) wenige Kilometer nördlich der Grenze zu Belize auf das Festland. Den Ort hatte vor vier Jahren ein Hurrikan zerstört.

Foto: dapd

Auch in China und auf den Philippinen bleibt die Situation weiter kritisch. An der Ostküste Chinas hat der Taifun "Haikui" mehr als 1,8 Millionen Einwohner in die Flucht getrieben. In Shanghai wurden wurden von herabstürzenden Trümmern getötet. Der tropische Wirbelsturm war in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) in der Provinz Zhejiang auf Land geschlagen. Es ist bereits der dritte Taifun in nur einer Woche. Bei den Unwettern sind bislang mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen, zahlreiche weitere werden noch vermisst.

Foto: dpa

In der Küstenstadt Ningbo stürzte der Sturm ein Riesenrad um, in Jiaxing deckten die Böen das Dach eines Stadiums ab. Auf der Spitze eines Berges im Bezirk Jiaxing saßen rund 1000 Touristen wegen des Unwetters fest. In Lin'an hätten Rettungskräfte 123 Menschen befreit, die von den Wassermassen in ihren Gästehäusern eingeschlossen worden seien, meldete die Nachrichtenagentur Xinhua.

Foto: rtr

Der wirtschaftliche Schaden allein in der Provinz Zhejiang wird auf fünf Milliarden Yuan (rund 635 Millionen Euro) geschätzt. Etwa die Hälfte davon entfalle auf Schäden in der Landwirtschaft, hieß es. Zhejiangs wichtigster Flughafen in der Provinzhauptstadt Hangzhou musste stundenlang seinen Betrieb einstellen, in der Region standen auch die Hochgeschwindigkeitszüge still. „Haikui" ist der dritte Taifun innerhalb weniger als einer Woche, der China trifft.

Foto: dapd

Notlage herrscht auch noch immer in Manila. In der philippinischen Hauptstadt sitzen nach heftigen Überschwemmungen immer noch tausende Menschen auf Häuserdächern fest und rufen um Hilfe. „Wir haben Essen, aber es reicht höchstens noch für einen Tag“, schrieb per SMS der Student Daryll Patco (20), der mit seinen Eltern im zweiten Stock eines Hauses eingeschlossen war. Bei den durch heftige Monsunregen ausgelösten Überschwemmungen sind mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen. Das Wasser rauschte in manchen Stadtteilen sechs Meter hoch durch die Straßenfluchten. Diese zwei Männer halten sich an einem Basketballkorb fest.

Foto: dpa

Unter den Toten waren neun Einwohner dreier Häuser in Manilas Stadtteil Quezon, die unter einem Erdrutsch begraben wurden. Es handelte sich um eine Mutter mit ihren fünf Kindern und drei weiteren Verwandten. Der Ehemann und der älteste Sohn überlebten. Der Junge wurde schwer verletzt. „Ich denke nur noch an meinen Sohn, er kann sich nicht bewegen, weil ihm alles wehtut. Ich sehe keine Verbesserung in seinem Zustand“, berichtete der Vater verzweifelt im Lokalradio. Die Behörden hätten schon öfter gesagt, dass sein Haus erdrutsch-gefährdet gewesen sei. Er habe aber nicht an den Stadtrand weit weg von Schulen und Arbeitsstätte umsiedeln wollen.

In den meisten Ortsteilen Manilas floss das Wasser langsam ab, aber die nördlichen Provinzen standen teilweise noch unter Wasser. Erst vergangene Woche hatte Taifun „Saola“ die Philippinen teils unter Wasser gesetzt.

Foto: dpa

Die USA und auch Süd- und Osteuropa leiden weiter unter einer Hitzewelle. Im Süden Italiens sollen die Temperatur diese Woche auf bis zu 45 Grad Celsius anstiegen. Für insgesamt 13 Städte, von Bologna im Norden bis Reggio Calabria im Süden, gaben die Behörden einen Hitze-Alarm heraus, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die Italiener dort sind damit zu Vorsichtsmaßnahmen gegen Hitzefolgen aufgerufen.

Italiens Landwirtschaft schlägt Alarm, weil die seit Monaten andauernde Trockenheit dazu führt, dass ein Großteil der Ernte gefährdet ist. Erst an diesem Donnerstag soll es dann eine leichte Abkühlung geben.

Foto: rtr

Waldbrände ziehen sich durch den gesamten Süden Europas. Im Süden Italiens wurden am Mittwoch 32 Feuer gemeldet, die staatlichen Löschflugzeuge und Helikopter waren pausenlos im Einsatz und konnten 17 der Brände unter Kontrolle bringen.

In Griechenland wurden bei Waldbränden auf der Halbinsel Peloponnes sechs Menschen verletzt. Betroffen war vor allem die Region um die Kleinstadt Megalopolis. Der Waldbrand hatte mehrere Fronten und bedrohte vor allem die Ortschaften Anemodouri und Routsi. Die Einwohner weigerten sich, die Dörfer zu verlassen. Kleinere Waldbrände in Mittelgriechenland bei Larissa, auf Kreta und den Inseln Kythera und Oinousses seien auch unter Kontrolle gebracht worden, berichtete das Staatsradio.

In Bulgarien (Foto) wütet ein riesiger Brand in einem Nadelwald mit einer Fläche von mehr als 120 Hektar bei Beliza im Südwesten des Balkanlandes, berichteten Medien am Mittwoch in Sofia. Mehr als 400 Feuerwehrleute, Förster und Freiwillige sowie zwei Hubschrauber versuchten seit Dienstagabend vergeblich, das Feuer auf dem schwer zugänglichen Bergterrain zu löschen. Drei Dörfer unweit des Brandes blieben von der Feuerflut zunächst verschont.

Foto: dpa

In Bulgarien kommt es in den Sommermonaten immer wieder zu Großbränden. Seit Jahresbeginn gab es in dem südosteuropäischen Land insgesamt 397 Waldbrände, wie das Agrarministerium in Sofia mitteilte. Neben den hohen Temperaturen sei vor allem Fahrlässigkeit die Brandursache gewesen.

Foto: AP

Auch in der türkischen Provinz Hatay wütet seit Montag ein Waldbrand, berichtet die Internetseite deutsch-türkische-Nachrichten.de. Bisher habe das Feuer schon 300 Hektar Wald zerstört.

Foto: rtr

Auch in Portugal wüten die Flammen. Ein Feuermann versucht in der Nähe von Oliveira do Hospital den Waldbrand einzudämmen.

Foto: dpa

Wieder beruhigt hat sich hingegen die Lage auf den Kanaren-Inseln La Gomera und La Palma. Auf La Gomera, wo ein Großfeuer eine Fläche von über 3000 Hektar Land vernichtete, darunter auch rund zehn Prozent des zum UNESCO-Weltnaturerbe zählenden Nationalparks Garajonay hätten die Löscharbeiten „dank sinkender Temperaturen und einer höheren Luftfeuchtigkeit gute Ergebnisse erzielt", erklärte die Regionalregierung der Kanaren. Die letzten der rund 600 evakuierten Anwohner der Krisenregion auf La Gomera konnten am Dienstag in ihre Häuser zurückkehren.

Foto: dpa

Auf La Palma gelang es nach Angaben der Regionalregierung, ein Großfeuer unter Kontrolle zu bringen, das eine Fläche von 1700 Hektar vernichtet hatte. Spanien bereitet sich derweil bereits auf neue Brände vor, denn bis Donnerstag wird eine neue Hitzewelle erwartet.

Schon jetzt hat das Land in diesem Jahr die meisten Brände seit zehn Jahren erlebt. In den ersten sieben Monaten 2012 wurden beinahe 131.000 Hektar Land von den Flammen zerstört. Nach dem trockensten Winter seit 70 Jahren hat das Feuer in Spaniens Wäldern leichtes Spiel. Im Juli fiel zudem gut die Hälfte des durchschnittlichen Regens aus.

Foto: dapd

Die Wetter-Extreme haben in den vergangenen Jahren die ganze Welt im Griff gehabt. So etwa die Hitzewelle in den Vereinigten Staaten, im Jahr 2011, als in Kalifornien zahlreiche Eigentumshäuser durch Feuer zerstört wurden. Oder im Jahr 2010, als in Russland brennende Wälder über Wochen die Nation im Atem hielten. Im gleichen Jahr versanken sämtliche Städte im pakistanischen Industal unter heftigen Regenfällen.

Alles menschengemacht, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung(PIK) in einer Studie herausgefunden hat. Diese soll in dieser Woche in der US-Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht werden.

In der Untersuchung stellt sich heraus, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Luftbewegungen rund um die nördliche Erdhalbkugel beeinflusst. "Ein wichtiger Teil der globalen Luftströme in den mittleren Breiten der Erde hat normalerweise die Form von großen Wellen, die um den Planeten wandern und dabei zwischen den Tropen und der Arktis oszillieren", erklärt der Haupt-Autor der Studie Vladimir Petoukhov. "Wenn diese Wellen hinauf schwingen, saugen sie warme Luft aus den Tropen nach Europa, Russland oder die USA; und wenn sie hinab schwingen, tun sie das Gleiche mit kalter Luft aus der Arktis."

Schwierige Löschung von Windrad-Bränden

Die schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein).

Foto: dpa

Tiefflughöhe steigt

Die Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern.

Foto: dpa

Dieselverbrauch durch Windräder

Viele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“.

Foto: AP

Stromschläge für Feuerwehrleute

Solarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen.

Foto: AP

Störende Schatten

Windräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt.

Foto: dpa

Gestörte Navigation

Auf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren.

Foto: dapd

Windrad-Lärm

Windräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird.

Foto: dpa

Das PIK habe nun entdeckt, dass diese Wellen während der vergangenen Wetter-Extreme wie eingefroren waren. "Sie blieben wochenlang fast unverändert", so Petoukhov. "Nachdem diese Wellen zuvor warme Luft gebracht hatten, bleibt einfach die Wärme". So kam keine kühle Luft nach. "Wir beobachten eine zunehmende Verlangsamung - eben durch die heftige Verstärkung der normalerweise sich langsam bewegenden Anteile dieser Wellen."

Hierbei kommt es auf die Dauer an: Zwei oder drei Tage mit 30 Grad Celsius sind kein Problem, zwanzig Tage oder mehr aber führen zu extremem Hitzestress. Weil viele Ökosysteme und Städte hieran nicht angepasst sind, können ausgedehnte Hitzeperioden zu vermehrten Todesfällen, Waldbränden und Missernten führen.

Globale Erwärmung beeinflusst die Luftströme

Klimawandel, verursacht durch die Nutzung fossiler Brennstoffe und die dabei entstehenden Treibhausgase, bedeutet keine gleichmäßige globale Erwärmung. In der Arktis ist die relative Erhöhung der Temperaturen, verstärkt durch die Verringerung von Eis und Schnee, größer als im weltweiten Durchschnitt. Dies reduziert den Temperatur-Unterschied zwischen der Arktis und zum Beispiel Europa – Temperatur-Unterschiede aber sind ein wesentlicher Treiber für Luftströme.

Außerdem ist die Erwärmung und Abkühlung der Kontinente stärker als jene der Ozeane. "Diese zwei Faktoren sind entscheidend für den von uns entdeckten Mechanismus", sagt Petoukhov. "Sie führen zu einem unnatürlichen Muster in den Luftbewegungen der mittleren Breiten der Erde, so dass die langsamen synoptischen Wellen wie gefangen sind."

Trotz der Funde könne die Studie keine abschließende Folgerungen bieten. Der Zeitraum der Untersuchung - 32 Jahre - sei zu kurz.

maz
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