Analyse Versicherungsbranche auf schwierigem Kurs

Seite 2/4

versicherungen_top5

Die Finanzkrise wird die Lage wohl noch verschärfen, der Druck auf die Vertreter wird steigen: Noch verdienen die Versicherer gutes Geld damit, Milliarden aus den Beiträgen ihrer Kunden an den Kapitalmärkten anzulegen. In diesem Jahr wird sich das ändern, denn die Finanzkrise hat die Börsen um 20 bis 25 Prozent abstürzen lassen, einige Versicherungen mussten schon Milliarden abschreiben.

Noch in den Achtzigerjahren hatten die Vertreter das Monopol im streng regulierten Versicherungsmarkt. Doch seit der Liberalisierung Mitte der Neunzigerjahre erobern Makler und Finanzvertriebe wie AWD, MLP und DVAG Marktanteile. Bei den Lebensversicherungen haben sie die Vertreter schon vom Thron gestürzt. Hinzu kommt: Die Versicherer verkaufen ihre Policen auch über Banken und machen ihren Vertretern mit eigenen Direktversicherungen Konkurrenz.

Die Strukturvertriebe kommen zwar jeweils nur auf einstellige Marktanteile, dennoch haben sie genügend Marktmacht, um den Versicherern die Höhe der Provisionen und Ausgestaltung der Produkte zu diktieren – wenn nun AWD und MLP näher zusammenrücken, wird sie noch zunehmen. „Sie können den Versicherern die Pistole auf die Brust setzen“, sagt Heijo Hauser, Managing Director der Beratung Towers Perrin.

Versicherungsmarkt stagniert

Dies trifft die Versicherer in einer schwierigen Situation: Denn insgesamt stagniert der Markt, er schrumpft in einigen Sparten sogar – ein erbitterter Preiskampf etwa bei der Autoversicherung kommt hinzu. Und das werde sich in den nächsten ein bis zwei Jahren auch nicht ändern, sagen Branchenexperten. In der Mittelschicht macht sich Inflations- und Abstiegsangst breit. Das drückt auf das Massengeschäft mit Lebensversicherungen. Zudem wollen sich viele nicht für die nächsten 30 Jahre binden. „Ohne Riester- und Rürup-Policen sähe es bei einigen Versicherern schlecht aus“, sagt Berater Hauser von Towers Perrin.

Vorgaben der Europäischen Union und des deutschen Gesetzgebers erschweren den Verkauf der Policen zusätzlich. Seit vergangenem Jahr müssen die Versicherungsvermittler nicht nur umfangreiche Beratungsprotokolle erstellen und so die Qualität ihrer Arbeit nachweisen. Seit dem 1. Juli dieses Jahres müssen sie auch die Kosten offenlegen, die für den Abschluss einer Lebens- oder Krankenversicherung fällig werden. Das sind meist mehrere Tausend Euro, von denen die Kunden bisher nichts ahnten – und die eine abschreckende Wirkung entfalten könnten. In die private Krankenversicherung dürfen jetzt zudem weniger Menschen, weil die Politik den Angestellten eine dreijährige Wartezeit vor dem Wechsel zu den Privaten auferlegt hat.

Wachstumsfelder sehen die Autoren der Studie von Bain vor allem in der betrieblichen Altersvorsorge und bei Policen, die mit dem Versicherungsmantel eine Geldanlage verbinden. „Die Vorsorge bleibt ein Wachstumsmarkt, allerdings verwischt die Grenze zwischen Bank-, Investment- und Versicherungsprodukt“, sagt Bain-Berater Wagner.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%