Für Mercedes ist ein S600 „Luxus in Reinkultur“. Der Hersteller preist die Laufruhe des über 500 PS starken Zwölfzylindermotors, die komfortable Luftfederung und die vielen Assistenzsysteme, mit denen das Top-Modell von Mercedes ausgestattet ist. „Das Beste oder Nichts“ – der Leitspruch von Firmengründer Gottlieb Daimler scheint in der 160.000 Euro teuren Luxuslimousine perfekt umgesetzt.
Die wenigen deutschen Vorstände, die sich einen Mercedes S600 als Dienstwagen gönnen, mögen vielleicht so denken. Für russische Oligarchen fängt der Luxus hier erst an. Einer von diesen Superreichen ließ vergangenes Jahr seinen nagelneuen S600 bei Brabus in Bottrop erst komplett zerlegen und dann in eine Businesslimousine verwandeln. Der Wagen erhielt einen 800 PS starken Motor, Hochleistungs-bremsen sowie – das Beste ist für manche Menschen noch nicht gut genug – eine komplett neue Innenausstattung aus handschuhweichem Mastik-Leder sowie Edelhölzern in „Yachting schwarz“. Ein Infotainment-System mit ausfahrbaren Flachbildschirmen und Tastaturtischen im Fond sowie einem Computerschrank im Kofferraum machten den Mercedes zum rollenden Büro. Auf der Rechnung stand letztlich ein Preis von über 469.000 Euro.
Bodo Buschmann („B.B.“) lebt von den Eitelkeiten der Reichen – mit kunstvoll veredelten Autos, Yachten und Flugzeugen. Der 57-jährige Betriebswirt und Jurist hat in den vergangenen 35 Jahren aus der Mercedes-Werkstatt seines Vaters das größte unabhängige Tuning-Unternehmen der Welt gemacht – und das in einer grauen Kleinstadt im Ruhrgebiet, die vom Bergbau geprägt ist und bis heute mit dem Strukturwandel zu kämpfen hat. „Es gibt Momente“, sagt der Selfmademan, „da staune ich selbst.“
Seine erste Million macht er mit einem Langlauf-Öl, dank dem ein Auto erst nach 60.000 Kilometern zur Inspektion muss. Für den Vertrieb des Wunder-Schmierstoffs gründet Buschmann 1977 mit seinem Studienfreund Klaus Brackmann Brabus – die ersten drei Buchstaben der beiden Nachnamen bilden die Firmenbezeichnung. Schon bald kauft Buschmann seinem Kompagnon die Anteile ab, spezialisiert sich auf Autotuning („normaler Autohandel war mir zu langweilig“) und macht Brabus zu einem Weltunternehmen mit Stützpunkten in 106 Ländern, 2500 Mitarbeitern – 300 davon in Deutschland – und mehr als 300 Millionen Euro Umsatz. Auf eines ist Buschmann besonders stolz: „Seit unserer Gründung haben wir noch nie rote Zahlen geschrieben.“
2012 produzierte das Unternehmen mehr als 7500 exklusive Komplettfahrzeuge, kostspielige Umbauten von Mercedes-Fahrzeugen und des Smart Citymobils, aber auch Autos anderer Nobelmarken wie LandRover, Jaguar und Infiniti. Hinzu kommen rund 10.000 getunte Smart Fortwo, die Brabus in einem Joint Venture mit Daimler direkt im Smart-Werk in Hambach montiert. Für zusätzliche Einnahmen sorgt die perfektionistische Restaurierung von Oldtimern – aus dem einstigen Hobby von Technikchef Ulrich Gauffres ist längst ein weiteres Profitcenter geworden.
Nicht nur für Autos
Brabus brummt, auch wegen der zunehmenden Zahl von reichen Menschen in Russland, im Mittleren Osten und China: 85 Prozent der Produkte gehen in den Export. Vor wenigen Wochen erst hat Brabus am Stammsitz das dritte Werk in Betrieb genommen. 4,8 Millionen Euro sind in die neue Produktionsstätte geflossen, in der künftig der komplette Motorenbau beheimatet ist. Dort entsteht gerade der Infiniti FX „Sebastian Vettel“ – eine 300 Stundenkilometer schnelle, auf 50 Exemplare limitierte Sonderedition des Geländewagens, die nicht nur dem Formel-1-Weltmeister als Dienstwagen dienen soll. Der stolze Stückpreis: 125.000 Euro.
Eine Straße weiter, in Werk 1, wird gleichzeitig die Sattlerei kräftig ausgebaut und personell aufgestockt. Denn längst veredelt Brabus nicht mehr nur Autos. Auch Yachten, Flugzeuge und Hubschrauber – beliebte Statussymbole der Superreichen nicht nur in den USA und Dubai – kleiden Brabus-Tochterfirmen für Millionensummen mit feinen Ledern und raffinierten Kleinmöbeln aus: „Eine logische Entwicklung“, findet Buschmann.
Und die geht weiter: Unter Leitung von Tochter Susanne Buschmann und Schwiegertochter Sarah Rohling arbeitet die neue Brabus Design GmbH an einem Produktportfolio, mit dem das Unternehmen in die Mode- und Möbelbranche vorstoßen will. Einen Geldschrank im Brabus-Design hat der bayrische Tresorhersteller Stockinger bereits im Lieferprogramm. „Wir versuchen die Lücke zu sehen und Trends zu setzen“, umschreibt Buschmann einen Teil das Erfolgsrezepts. Mindestens genauso wichtig sei, ein offenes Ohr für die Kundenwünsche zu haben und diese perfekt zu erfüllen – koste es, was es wolle.
So fackelte man in Bottrop nicht lange, als ein Kunde aus Dubai bei der Auslieferung seines Brabus-Mercedes feststellte, dass die schwarze Limousine in seiner Sammlung von 100 roten Ferraris ein Fremdkörper war. Das Auto wurde sofort per Flieger zurück nach Bottrop geschafft, dort neu in Rosso Corsa lackiert und mit dazu passendem Leder ausgekleidet. Rund 70.000 Euro kostet die Aktion. Der Kunde zahlte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.