Louise Kiesling ist 57 Jahre alt. Sie hat den Angaben zufolge nach Studienabschlüssen in Modedesign (Universität für Angewandte Kunst, Wien) und Automobildesign (Royal College of Art, London) als Designerin in Deutschland, Österreich und Großbritannien gearbeitet. Sie ist Gesellschafterin und Geschäftsführerin mehrerer Wirtschaftsunternehmen, darunter befindet sich die Textilmanufaktur Backhausen GmbH (Hoheneich, Österreich).
Julia Kuhn-Piëch ist 34 Jahre alt, wohnt wie Großteile des PS-Clans in Salzburg und ist Immobilienkauffrau. Sie übt bereits eine Aufsichtsratsfunktion bei der VW-Nutzfahrzeugtochter MAN aus. Sie studierte Jura und anschließend an der Technischen Universität Wien Immobilien- und Liegenschaftsmanagement.
Der deutsche Juristinnenbund begrüßte die Personalien. „Wir setzen uns seit Jahren für mehr Frauen in diesem Kontrollgremium ein und haben mit unseren kritischen Fragen in den Hauptversammlungen wesentlich dazu beigetragen, dass in Kürze ein Gesetz insoweit verbindliche Vorgaben formuliert“, sagte Ramona Pisal, Präsidentin des Juristinnenbundes. „Gefragt bleibt die Arbeitnehmerseite, die derzeit nur eine Frau im Aufsichtsrat hat. Hier fehlen dann noch zwei, um die gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent zu erfüllen.“
Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hält die Entscheidung für wegweisend. „Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass qualifizierte Frauen für eine Kontrolleursfunktion in der Industrie gar nicht erst lange gesucht werden müssen, sondern dass es vor allem um den Willen geht, sie auch einzusetzen“, sagte die Forschungsdirektorin des DIW Berlin, Elke Holst. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen.
VW-Patriarch Ferdinand Piëch (78) und seine Ehefrau Ursula (58) waren am Samstag von ihren Ämtern zurückgetreten. Mit der Nachbesetzung geht der PS-Clan nun auch erste Schritte eines Generationenwechsels.
Eine Vorentscheidung für den Chefposten der Kontrolleure sind die beiden Personalien aber noch nicht. Er wird aktuell kommissarisch vom Vize-Aufsichtsratschef Berthold Huber geführt. Der ehemalige Chef der IG Metall wird auch die VW-Hauptversammlung nächsten Dienstag leiten.
Die Berufung der beiden Frauen erfolgte auf Antrag des VW-Vorstandes über das Amtsgericht in Braunschweig. Das ist grundsätzlich erst nach drei Monaten Vakanz der Fall, kann „in dringenden Fällen“ aber auch früher geschehen. Die als Ersatz bestellten Mitglieder brauchen nun, sollte es demnächst nicht anders geregelt werden, die Amtszeit des Ehepaars Piëch auf - das wäre bis Frühling 2017.
Ab 2016 müssen Aufsichtsrats-Neubesetzungen eine Zielvorgabe von 30 Prozent Frauenanteil berücksichtigen. Nach dem Ausscheiden von Ursula Piëch saß zunächst mit Annika Falkengren nur noch eine Aufsichtsrätin auf der Kapitalseite. Wäre die anstehende Nachbesetzung mit Männern erfolgt, hätten künftige Wechsel ab 2016 nur noch mit Frauen laufen dürfen - bis es drei gewesen wären.