Matthias Wissmann "Der Diesel hat eine große Zukunft"

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"Die Schwächen beim E-Antrieb sind längst ausgebügelt"

Die Autoindustrie will sich also strenger kontrollieren lassen? Wie glaubwürdig ist das?

Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es hat Tests auf der Straße gegeben, die gezeigt haben, dass einige Modelle sogar bessere Verbrauchswerte aufweisen als im Labor. Es geht uns darum, dass Testverfahren entwickelt werden, die für alle gleichermaßen gelten und den Kunden nachvollziehbare und realitätsnähere Werte liefern. Die Automobilindustrie hat den derzeitig gültigen NEFZ-Normzyklus übrigens nicht selbst entwickelt. Das ist eine gesetzliche EU-Vorgabe – und die gilt für alle, die neue Autos in der EU auf den Markt bringen.

Müssen die Hersteller jetzt beim E-Auto Tempo machen, weil es die einzige wirkliche Antwort auf die Emissionsprobleme ist?

Es ist eine Legende, dass die deutsche Autoindustrie ausschließlich auf den Verbrenner orientiert ist. Die Unternehmen investieren jedes Jahr 34 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Das entspricht einem Drittel der Forschungsausgaben der gesamten Industrie in Deutschland. Vor fünf Jahren lagen deutsche Hersteller in punkto Elektroantrieb noch auf den hinteren Plätzen. Die Schwächen beim E-Antrieb sind aber längst ausgebügelt. Bis Jahresende gibt es allein von den deutschen Herstellern 29 Elektroautos – rein batterie-elektrische, Plug-in-Hybride oder Wasserstoff- und Brennstoffzellenautos – auf der Straße. Die deutsche Automobilindustrie ist hier führend und dafür bereits 17 Milliarden Euro in jüngster Zeit investiert.

Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen

Dann droht den deutschen Herstellern nicht das Schicksal der Energiekonzerne RWE und E.On, die zu lange an den herkömmlichen Technologien festgehalten haben?

Es gibt kein „entweder Verbrenner oder Elektromotor“. Die deutschen Automobilhersteller investieren seit Jahren in mehrere Bereiche: in die Optimierung der Benziner- und Dieseltechnik, in alternative Antriebe wie Elektro und Brennstoffzelle und in die Digitalisierung der Mobilität. Das vernetzte und automatisierte Fahren ist ja das zweite große Zukunftsthema, wie die IAA gezeigt hat.

In allen Bereichen haben die deutschen Hersteller heute eine Spitzenposition inne.

Die Kosten für die Batterietechnik sinken stetig und liegen heute deutlich niedriger als prognostiziert. Brauchen die Hersteller wirklich noch Kaufanreize für Elektroautos?

Die weitere Reduzierung der Produktionskosten von Elektroautos ist ein strategisches Ziel der deutschen Automobilindustrie. Daran arbeiten Hersteller und Zulieferer intensiv. In den nächsten zwei bis drei Jahren liegen die Kosten aber noch über denen der Verbrennungsmotoren. Wir schlagen zeitlich begrenzte Anreize vor, sprich: ein Drei-Jahres-Programm mit Abschreibungsvorteilen. Auch andere steuerliche Impulse, etwa bei den Betriebskosten oder der Einkommensteuer, wären möglich. Nur so kann sich Deutschland zu einem Leitmarkt für Elektromobilität entwickeln.

Hinter vorgehaltener Hand kritisieren Vorstände von Auto-Konzernen das Krisenmanagement des VDA. Die Konzerne fühlten sich „alleine gelassen“. Ist die Kritik berechtigt?

Wir stehen als deutsche Automobilindustrie völlig geschlossen da. Glauben Sie nicht irgendwelchen Gerüchten.

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