




Eine große Versteigerung fängt mitunter ganz klein an. Das galt am Wochenende auch für die Versteigerung von wertvollen Oldtimern der Marken Mercedes, Benz und Mercedes-Benz im Stuttgarter Mercedes-Benz Museum durch das britische Auktionshaus Bonhams. Auf Platz Nummer 1 der Liste hatte Cheforganisator Philip Kantor, Direktor der europäischen Motorabteilung bei Bonhams, einen Mercedes der deutschen Wirtschaftswunderzeit gesetzt – die Cabrio-Version des Mercedes 220, mit der sich in den späten Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts Filmschauspieler und Familienunternehmer schmückten.
15 Mal das Mindestgebot nicht erreicht
Die Karosserie war tadellos, Licht und Hupe allerdings ohne Funktion. Auch der Motor fehlte – das Tretauto im Maßstab 1:10 will mit Muskelkraft bewegt werden. Auf etwa 3000 Euro war der kleine Plastikflitzer von 1961 taxiert worden – nach kurzem Bietergefecht ging es schließlich für 3450 Euro weg.
So billig kamen die gut 200 europäischen Oldtimer-Sammler, die sich im Mercedes-Benz-Museum versammelt hatten – eine unbekannte Zahl verfolgte die Auktion per Livestream und Telefon – an diesem Samstag nicht mehr weg. Als am späten Nachmittag zum letzten Mal der Hammer gefallen war, waren für insgesamt 47 Autos aus 114 Jahren Automobilgeschichte Gebote abgegeben worden – zum Teil erfolgreich, in 15 Fällen ohne Erfolg, weil das Gebot den vom Besitzer gesetzten Mindestpreis nicht erreichte. Mit einem Gesamtergebnis von rund 12 Millionen Euro und einer Verkaufsquote von 68 Prozent waren sowohl Kantor als auch Michael Bock, der Chef des Mercedes-Museums mehr als zufrieden.

Denn im Unterschied zu Großbritannien und den USA, wo Autoauktionen alle paar Wochen stattfinden, ist Deutschland immer noch ein schwieriges Pflaster für diese Form von Fahrzeugeinkäufen. „Die Kaufinteressenten hier wollen gerne vor dem Kauf noch eine Probefahrt unternehmen und tun sich mit Spontankäufen eher schwer“, weiß James Knight, der Chef der weltweiten Autosparte bei Bonhams.
Oldtimer als Alternative zu Gold und Immobilien
Mit der Auktion im Mercedes-Museum und der engen Zusammenarbeit mit der Klassikabteilung von Mercedes hofft das Auktionshaus einen Sinneswandel herbeizuführen. Die Rahmenbedingungen sind günstig wie nie: Klassische Fahrzeuge gelten neben Kunstwerken und Rotweinen als Sachinvestitionen mit großem Wertsteigerungspotenzial und werden in der aktuellen Niedrigzinsphase von vielen Vermögensberatern inzwischen als gute Alternative zu Gold und Immobilien empfohlen.





Mercedes-Fahrzeuge sind aber auch für Sammler und Oldtimer-Enthusiasten, die ihre Fahrzeuge nicht allein und in erster Linie als Investment sehen, oft erste Wahl: Die Marke mit dem Stern hat im Laufe ihrer inzwischen über 125-jährigen Geschichte fast ausschließlich Premiumfahrzeug produziert. Aufgrund ihres vergleichsweise hohen Preises werden die Autos von ihren Besitzern in der Regel meist sorgsam behandelt und aufwendig gepflegt. Und von den technisch anspruchsvollen Modellen wurden zumindest in der Vorkriegszeit oft nur kleine Stückzahlen produziert – alles Faktoren, die heute für eine große Begehrlichkeit und entsprechend hohe Verkaufspreise sorgen.
Knallroter Roadster mit bewegter Vergangenheit
Das gilt speziell für die Kompressorwagen von Mercedes aus den 30er Jahren, von denen in Stuttgart einige Exemplare zur Auktion kamen. Ein besonders schönes Exemplar hatte die schwedische Krebs- und Alzheimer-Forschungs-Gesellschaft eingereicht: Ein knallroter Mercedes 500 K Roadster von 1934, der einst dem Berliner Rechtsanwalt Alfons Sack gehörte. Zu Geld und zweifelhaftem Ruhm kam er durch die Verteidigung von Joseph Goebbels und anderen bekannten Nationalsozialisten, unter anderem im Reichswehrprozess von 1939. In den 70er Jahren war das Auto in Posen wiederaufgetaucht und später dann in Schweden aufwändig restauriert worden. Bonhams hatte den Wert des Fahrzeugs auf 3,5 Millionen Euro geschätzt – am Samstag ging der Wagen für 3,1 Millionen Euro weg.