Selbstfahrende Autos Robo-Taxis überholen 2030 Autobauer beim Gewinn

Selbstfahrende Taxis werden bis 2030 rund 40 Prozent des Gesamtgewinns der Autoindustrie kassieren. Das geht aus einer Studie von Roland Berger hervor, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt.

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Ab 2030 sollen Robotaxen zum Alltag gehören. Quelle: Presse

Völlig selbständig fahrende Taxis, so genannte Robo-Cabs, könnten in nur 15 Jahren den Großteil der Gewinne in der Automobilbranche einstrechen. Das geht aus Berechnungen der renommierten Münchener Unternehmensberatung Roland Berger hervor. Die Studie liegt der WirtschaftsWoche exklusiv vor.

"Natürlich werden auch in Zukunft noch Autos produziert und verkauft", erklärt Wolfgang Bernhart, Partner von Roland Berger, "aber die margenträchtigsten Geschäftsmodelle finden sich künftig im Bereich der Mobilitätsdienstleistungen. Die entscheidende Frage ist, wer diese Gewinne für sich beanspruchen wird."

In ihrer detaillierten Analyse kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass die traditionellen Hersteller 2030 nur noch 20 Prozent aller Gewinne auf sich verbuchen werden – das kommt einer Halbierung gleich. Die Zuliefererbranche trifft es nicht weniger hart. Nach den Roland-Berger-Berechnungen wird sich ihr Anteil am Gewinn ebenfalls von heute rund 30 auf weniger als 15 Prozent im Jahre 2030 halbieren.







Bernhart sagt der Autobranche damit einen dramatischen Wandel voraus. "Diese Verschiebung der Mobilität auf hochproduktiv genutzte automatisierte Fahrzeuge verspricht hohe Gewinnmargen. Die ersten zwei, drei Anbieter werden den Markt unter sich aufteilen. Selbst bei Preisen, die unter den Vollkosten eines Gebrauchtwagens liegen, können die Anbieter dieser Services hohe Margen realisieren. Ähnlich wie wir das bei anderen Geschäftsmodellen im Softwareumfeld sehen, werden sich hochprofitable, zumindest teilweise regionale, Oligopole herausbilden", so der Experte.

Nur Science Fiction?

Viele betrachten Robo-Taxis immer noch als unwahrscheinlich. "Die globale Finanzkrise war auch ein sehr unwahrscheinliches Szenario, das stark unterschätzt wurde und deshalb dramatische Auswirkungen hatte", gibt Bernhart zu bedenken. Insgesamt ist die deutsche Automobilindustrie gut gerüstet. Sowohl Hersteller als auch große Systemlieferanten arbeiten seit Jahren am autonomen Fahren. Allerdings müssten die Anstrengungen verstärkt werden, findet Bernhart.



Bedeutet der beträchtliche prognostizierte Verlust an Gewinn, dass Hersteller Mitarbeiter entlassen oder sogar Werke schließen müssen?

"Die Gewinnmarge vor Steuern und Zinsen der reiner Fahrzeughersteller wird auch 2030 noch in der gleichen Größenordnung liegen wie heute", beruhigt Bernhart. Gleiches gelte für den absoluten Umsatz und Gewinn. Insofern resultiere aus der Verschiebung "nicht unbedingt ein dramatischer Einbruch der Beschäftigtenzahlen". Der direkte Einfluss der Systeme mit künstlicher Intelligenz auf die Arbeitsplätze in den Bereichen Fertigung und Verwaltung sei vermutlich viel höher.

Einige Hersteller werden nicht überleben

"Es wird weiterhin einen großen Markt für ausschließlich privat genutzte Fahrzeuge geben", ist Bernhart sicher. Allerdings werden Robo-Taxis anders aussehen und sie müssen entwickelt und produziert werden. Gegenüber konventionellen Fahrzeugen würden, so Bernhart, die "Total Costs of Ownership", das heißt die Gesamtkosten im Betrieb, deutlich an Bedeutung gewinnen. "Die Emotionalität wird sich weniger im Fahren als vielmehr im Serviceerlebnis und im Innenraum ausdrücken."

Damit wird "Cost innovation", also die Innovation in den Prozessen und zur Kostensenkung im Produkt, wichtiger als zusätzliche Funktionen im Fahrzeug. Ähnlich wie es heute für die großen Auftragsfertiger der Consumer-Elektronik gilt.

Welche Assistenzsysteme es schon gibt und wann Roboter das Steuer komplett übernehmen

Einige Hersteller aber , daran hat der Experte keinerlei Zweifel, werden die Umwälzungen der Branche nicht überleben. Gerade Hersteller günstigerer Fahrzeuge, ohne ausgeprägtes Markenimage sind in Gefahr. "Denn vor allem Zweitwagen werden nicht mehr so häufig gekauft und das Differenzierungspotenzial ist niedriger", urteilt Bernhart. Die amerikanischen Hersteller hätte diese Bedrohung schneller erkannt als europäische.

"Eine Konsolidierung der Branche ist unvermeidlich und wird schon seit Jahren vorausgesagt", so Berhart. Bisher sei sie lediglich wegen der politischen Intervention noch nicht eingetreten. "Wir haben in Europa, im Gegensatz zu den USA, noch erhebliche Überkapazitäten. Ohne solche Interventionen wäre mindestens ein Drittel der Hersteller übernommen worden oder hätte schon aufgegeben."

In China zeichnet sich an ganz anderes Bild ab. Eine von Roland Berger durchgeführte Umfrage bei rund 3700 Autobesitzern zeige: Besitzer von hochpreisigen Premiumfahrzeugen in westlichen Ländern wollen auch zukünftig ein eigenes Fahrzeug besitzen wollen. In China gilt das nicht. Im Gegenteil: Mehr als 70 Prozent der Besitzer von Autos mit einem Kaufpreis über 80.000 Euro würden sich keinen Wagen mehr kaufen. "Das ist dann eher ein Markt für "Premium-Chauffeur-Services"", sagt Bernhart.

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