"Herr Döss, wir sind hier im Schwabenland gewohnt, dass man Tacheles redet", erklärte ein Aktionär dem neuen Vorstand der Porsche SE. "Wir reißen ihnen auch nicht den Kopf ab."
Doch es half nicht. Die Porsche-Aktionäre stellten auf der Hauptversammlung am Mittwoch stundenlang Fragen, erhielten allerdings - wenn überhaupt - nur nach mehrmaligen Nachfragen brauchbare Antworten.
Die Aktionäre haben bei der Gesellschaft ohnehin nichts zu melden. Die Porsche Automobil Holding SE ist eine Beteiligungsgesellschaft, die etwas mehr als 52 Prozent der Stammaktien von VW besitzt. Die Stammaktien der Porsche SE wiederum gehören den Familien Porsche und Piëch. Andere Aktionäre können sich nur über Vorzugsaktien an Porsche beteiligen, mit denen kein Stimmrecht verbunden ist. Dementsprechend können sie zwar viele Fragen stellen, aber kaum etwas ausrichten.
Wie VW im ersten Quartal abgeschnitten hat
Im Auftaktquartal 2016 hat Volkswagen 2,577 Millionen Fahrzeuge abgesetzt – zum ersten Quartal 2015 ein Rückgang von 1,2 Prozent (2,607 Millionen Fahrzeuge).
Zum Stichtag 31. März 2016 haben 613.075 Menschen für VW gearbeitet. Gegenüber dem Jahr 2015 sind das 0,5 Prozent mehr – damals waren es 610.076 Menschen.
In Deutschland sinkt jedoch die Zahl der VW-Mitarbeiter, zuletzt um 800 auf rund 277.900 Stellen. Der Zuwachs kommt aus dem Ausland, wo VW um fast 4.000 Stellen auf 335.200 Jobs zulegte.
Beim Umsatz musste VW im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Minus von 3,4 Prozent hinnehmen. Die Umsatzerlöse sanken von 52,735 Milliarden Euro auf aktuell 50,964 Milliarden Euro.
Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um 3,4 Prozent auf 3,44 Milliarden Euro – zum Jahresauftakt 2015 waren es noch 3,328 Milliarden Euro. Die operative Rendite stieg von 6,3 auf 6,8 Prozent.
Das Ergebnis nach Steuern ging deutlich zurück – von 2,932 Milliarden Euro im Q1 2015 auf aktuell 2,365 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 19,3 Prozent.
Die Marke Volkswagen Pkw verzeichnete in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Volumen- und Umsatzrückgang. Der Umsatz von VW-Pkw sank von 26,3 Milliarden Euro auf 25,1 Milliarden Euro, der Absatz fiel von knapp 1,12 Millionen auf 1,07 Millionen Fahrzeuge. Infolge dessen ging das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 73 (514) Millionen Euro zurück, die operative Marge erreichte im ersten Quartal 0,3 Prozent.
Mit 1,3 Milliarden Euro erreichte Audi annähernd wieder das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen des Vorjahres. Bei einem nahezu stabilen Umsatz sank die operative Marge leicht von 9,7 auf 9,0 Prozent.
Bei Skoda stieg das operative Ergebnis aufgrund positiver Mixeffekte und geringerer Materialkosten um gut 30 Prozent auf 315 (242) Millionen Euro. Die operative Marge legte bei deutlich gestiegenem Umsatz auf 9,3 (7,6) Prozent zu.
Seat verbesserte sein Operatives Ergebnis aufgrund von Kostenoptimierungen auf 54 (33) Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung der Operativen Rendite auf 2,6 (1,5) Prozent.
Gemessen am operativen Ergebnis ist Bentley im ersten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Statt einem Gewinn von 49 Millionen Euro im Vorjahresquartal steht 2016 ein Minus von 54 Millionen Euro zu Buche. Volkswagen begründet das mit gesunkenen Auslieferungen.
Porsche blieb auch zum Auftakt des laufenden Geschäftsjahres in der Erfolgsspur. Das Operative Ergebnis stieg weiter auf 895 (765) Millionen Euro und damit deutlich überproportional zum Umsatz, der aufgrund eines signifikant höheren Absatzes spürbar zulegte. Die operative Marge kletterte auf 16,6 (15,1) Prozent.
Das operative Ergebnis von Volkswagen Nutzfahrzeuge sank volumenbedingt auf 142 (165) Millionen Euro, die operative Marge ging auf 5,2 (6,1) Prozent zurück. Scania verbuchte einen leichten Anstieg des operativen Ergebnisses auf 244 (237) Millionen Euro und eine stabile operative Marge von 9,6 Prozent. Trotz des anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in Südamerika verbesserte MAN Nutzfahrzeuge das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen unter anderem aufgrund des höheren Absatzes in Europa auf 65 (minus 13) Millionen Euro. Bei MAN Power Engineering belief sich das operative Ergebnis auf 48 (52) Millionen Euro.
Die Volkswagen Finanzdienstleistungen konnten ihr operatives Ergebnis deutlich auf 492 (403) Millionen Euro steigern. Insbesondere Volumeneffekte wirkten sich positiv aus.
Dennoch waren 4000 Aktionäre für die Hauptversammlung nach Stuttgart gereist. Rund 30 Teilnehmer stellten Fragen, die meisten drehten sich um die Dieselaffäre bei Volkswagen. So wollte ein Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz wissen, warum Porsche nicht auf Schadenersatz gegen Volkswagen klagt, wo doch der Vorstand des Wolfsburger Autobauers die Öffentlichkeit möglicherweise zu spät über den Dieselskandal informiert hat. Porsche-Vorstand Hans Dieter Pötsch – zugleich auch VW-Aufsichtsratschef - sagte hierzu nur, dass Schadenersatzansprüche nicht ersichtlich seien. Dabei hatte deswegen sogar die Finanzaufsicht Bafin Strafanzeige gegen den VW-Vorstand bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erstattet.
VW kontrolliert die Porsche SE
Die Porsche SE leidet erheblich unter der Dieselaffäre. Machte die Beteiligungsgesellschaft 2014 noch drei Milliarden Euro Gewinn nach Steuern, fiel im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Verlust von 273 Millionen Euro an. Dementsprechend halbierte Porsche auch die Dividende für seine Stamm- und Vorzugsaktionäre – immerhin noch auf einen Euro statt der elf Cent bei Volkswagen.
Franz Wagner von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) forderte für Porsche eine neue Struktur. Porsche ist größter Aktionär bei Volkswagen, der Porsche-Vorstand setzt sich fast ausschließlich aus VW-Führungskräften zusammen. So gehört etwa auch der VW-Vorstandschef Matthias Müller dem Gremium an – oder der neu in den PSE-Vorstand gewählte Manfred Döss, der auch VW-Chefjurist ist. "Normal ist es so, dass eine Beteiligungsgesellschaft die Gesellschaft an der sie beteiligt ist, kontrolliert. Bei uns ist es so, dass die Beteiligung die Porsche SE kontrolliert", sagte der SdK-Vertreter.
Eine effektive Kontrolle der VW-Vorstände sei so nicht möglich. Die Porsche SE könne bei VW nie dazwischen hauen, denn die Verantwortlichen bei denen man das tun müsste, säßen ja zugleich im Porsche-Vorstand.
Aktionärsverteilung der Volkswagen AG
Die von den Familien Porsche und Piëch kontrollierte PSE hält 52,2 Prozent der Volkswagen-Stammaktien.
Quelle: Unternehmen, eigene Recherchen
Das Land Niedersachsen ist in Besitz von 20,0 Prozent der Stammaktien. Damit hat die Staatskanzlei bei wichtigen Entscheidungen – etwa einer Kapitalerhöhung – ein Vetorecht, da bei Volkswagen solche Entscheidungen mit 80 Prozent der Stimmen plus einer Aktie getroffen werden müssen. Weitere Vorzüge für das Land Niedersachsen wurden nach einem EuGH-Urteil 2007 gestrichen.
Die Kataris haben sich im Zuge der Porsche-Übernahme 2009 mit 17 Prozent der Stammaktien eingekauft. Den Anteil hält der Staatsfonds bis heute, es sitzen auch zwei Vertreter Katars im Aufsichtsrat.
10,8 Prozent der Stammaktien befinden sich in Streubesitz.
Er fürchtet, dass hierdurch noch Probleme auf Porsche zukommen könnten. Schließlich habe die Bafin gegen den VW-Vorstand Anzeige wegen möglicher Marktmanipulation erstattet. Der betroffene frühere VW-Chef Martin Winterkorn saß auch bei Porsche im Vorstand. "Wenn er die VW-Aktionäre hinters Licht geführt habe, dann könnte er auch die Aktionäre der Porsche SE hinters Licht geführt haben." Er forderte deshalb auch, einen Beschluss über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu vertagen. Doch auch dieser Vorschlag verhallte.