Werner knallhart

Die dunkle Seite der Sharing Economy: Der Carsharing-Assi

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Carsharing: Von Hunden, Matsch und Drogenresten

Jüngst saß ich in einem Auto von DriveNow, dessen Rückbank übersät war von schmuddeligen Tatzenspuren eines augenscheinlich kleinen Hundes.

Ich habe in Autos gesessen, die waren mit Matsch zum Beispiel bis hoch ans Handschuhfach eingesaut, als hätten die Vormieter mit dem Auto ein Hängebauchschwein entführt. Da muss man dann erstmal die Fußmatten ausklopfen, wenn kein anderes Auto in der Nähe ist.

Einige Autos riechen so, als wäre beim Vormieter seit Tagen nur eine Katzenwäsche drin gewesen. Klar, mit solch einem ganz besonderen Körpergeruch traut man sich natürlich nicht mehr in Bus und Bahn.

Und dann diese egozentrischen Nikotin-Junkies, die gegen alle Regeln im Auto rauchen und dann noch nicht mal beschämt von ihrer eigenen unbändigen Drogensucht versuchen, die Spuren beseitigen, sondern noch voller Stolz auf ihre Rebellion gegen die AGB den randvollen Aschenbecher offen stehen lassen. Die leere Schachtel in der Mittelkonsole. Was solche Typen wohl sonst so machen im Leben? Heimlich Tiere quälen?

Diese Schläge gegen die Mitmenschlichkeit sind letztendlich Verstöße gegen den Mietvertrag und kosten dann etwa laut Service-Preisliste von DriveNow mindestens 50 Euro. Dem Nachmieter hilft das allerdings wenig. Er muss dann die Hotline anrufen, um die Sauerei zu melden. Das kostet Mietzeit, die man Minute für Minute mitbezahlt. Aber tut er es nicht, beschwert sich womöglich der nächste Mieter und die ganze Siffe wird einem am Ende noch selber angekreidet. Petzen, um sich selbst zu schützen.

Auch Mitarbeiter an den Hotlines bestätigen: Mitunter wird es wirklich schlimmer mit der Sauerei an Bord. Gerade beim Rauchen. Beschwerden häufen sich. Eine Entschädigung für die Nachmieter bieten die Carsharing-Anbieter aber nur sporadisch. Car2Go zeigt sich meiner Erfahrung nach großzügiger und schenkt einem für entgangenes Fahrvergnügen unumwunden rund 15 Fahrminuten. Bei DriveNow bleibt es meist bei einem netten Dankeschön. Nachdem man dann selber die Fahrt absolviert hat und dafür bezahlen muss, wird das Auto dann aus der Ferne für eine Reinigung stillgelegt. Toll! Zu spät.

Vielleicht liegt es ja tatsächlich an der Unbekümmertheit, mit der man die Autos mit zwei, drei Smartphone-Klicks ausleihen kann, dass auch viele Mieter unbekümmert mit den Autos umgehen.

Vielleicht ist es aber auch das Bedürfnis nach „eigenem Auto“, das dazu führt, dass viele Mieter sich aufführen wie Sau. Eben wie zu Hause. Einen richtigen BWM fahren wollen, aber im Kopf eben nur Kettcar. Und ausbaden müssen es die Anderen.

Insofern ist dieser Solidaritäts-Gedanke aus alten Carsharing-Zeiten etwas, was die Anbieter wieder kultivieren sollten. Die Gebühr für die Grundreinigung sollte keine Gebühr für einen „Service“ sein, sondern eine knallharte Strafzahlung zur Entschädigung der Anderen.

Sagen wir mal: Die Hälfte der Strafe steht dem Nachmieter zu. Von satten 100 Euro oder mehr für eine Grundreinigung. Man muss sich seine Überheblichkeit dann eben leisten können. Und wer sich davon immer noch nicht beeindrucken lässt, fliegt nach dem dritten Mal raus aus dem System. Eine Sharing Economy ist eben auch eine Sharing Community. Wer Zusammenhalt nicht gelernt hat, muss halt zu Fuß gehen.

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