Autokrise Tauziehen um Opel-Rettung verdrängt unangenehme Wahrheiten

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Magnas Konzept: Mit Opel russischen Markt aufmischen

Einen „Lichtstrahl“ will der Autozulieferer Magna Opel verpassen. So lautet der Name von Magnas Übernahmekonzept, das auf Opels Markenzeichen, den Blitz, anspielt. Gemeinsam mit dem russischen Hersteller Gaz und der russischen Sberbank will sich Magna an Opel beteiligen. Magna will 20 Prozent der Opel-Anteile, die Russen kommen auf etwas über 30 Prozent. Gut 40 Prozent von Opel könnten so in den Händen der Opel-Mutter General Motors verbleiben. Opels Wachstum soll Presseberichten zufolge dann vor allem vom russischen Markt kommen.

Doch auch diese Lösung ist nicht gerade frei von Risiken: Der GAZ-Konzern gehört dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der gerade selbst mit massiven Geldproblemen kämpft. GAZ stellt eine ganze Palette von Ladenhütern her: Lastwagen der Marke Ural, Kleintransporter mit klingenden Namen wie „Zobel“ oder „Gazelle“ – und ein Fahrzeug namens Wolga Silber. In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat der 70.000 Mitarbeiter starke russische Autobauer gerade einmal 2900 Fahrzeuge verkauft, die Bänder stehen tage- und wochenweise still.

Immerhin steht der zweite Russe im Bunde, die Sberbank, trotz Finanzkrise noch auf soliden Füßen. Doch sie steht auch im Einflussbereich des Kreml: Sberbank-Chef German Gref war früher russischer Wirtschaftsminister, Wladimir Putin zieht im Hintergrund die Fäden.

Magna, weltweit der drittgrößte Autozulieferer, bekommt die Auto-Absatzkrise deutlich zu spüren: Der Konzernumsatz hat sich im ersten Quartal auf 2,68 Milliarden Euro halbiert, der Nettoverlust betrug 150 Millionen Euro. Das ist zwar kein Riesenverlust, aber doch ein Minus. Magna-Co-Vorstandschef Siegfried Wolf betont zwar immer wieder die starke Finanzbasis von 1,7 Milliarden Dollar. Doch die ist in nur einem Jahr um eine Milliarde Dollar geschmolzen.

Finanzinvestor Ripplewood hat kaum Chancen

Bestenfalls Außenseiterchancen hat der dritte Interessent, die Beteiligungsgesellschaft RHJ rund um den US-Finanzinvestor Ripplewood. Deutsche Politiker haben die Ernsthaftigkeit des RHJ-Angebots längst bezweifelt. Nach den RHJ-Plänen soll GM einen substanziellen Anteil an Opel behalten.

Opel-Rettung: Rechnung ohne Wirt?

Die Entscheidung über Opels Zukunft fällt nicht in Berlin, sondern in Detroit, dem Stammsitz der Opel-Mutter General Motors (GM). Opel und GM sind eng verwoben. GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster spricht zwar davon, dass Opel sogar bei einer GM-Insolvenz  „weiterhin uneingeschränkten Zugriff auf Technologien und Architekturen“ haben wird.

Doch das wird auch längst von einigen Experten angezweifelt. Wegen des Opel-Entwicklungszentrums in Rüsselsheim, dass einige wegweisende Patente entwickelt hat, dürfte GM auch kaum Interesse an einem vollständigen Verkauf von Opel haben. Rüsselsheim hat sich besondere Kompetenz im Bereich kleiner, sparsamer Antriebe aufgebaut. Die kann GM in Zukunft gut brauchen. Denn nur so wird der Konzern jene strengen Verbrauchsnormen schaffen, die US-Präsident Obama in den USA einführen will.

Vor diesem Hintergrund dürfte sich GM kaum mit den italienischen Übernahmeplänen anfreunden. Denn Fiat will bis zu 80 Prozent an Opel übernehmen. Die Amerikaner dürften derzeit bei Opel auf Zeit spielen und zusehen, ob die deutsche Regierung Investoren mit tragfähigen Konzepten auftreibt. Solange sie dann noch eine Mehrheit an Opel behalten, hat GM nichts zu verlieren: Denn dann behalten sie den Zugriff auf Opel-Technologien und dürfen sich über den steigenden Wert ihrer Anteile freuen, wenn das Konzept der Investoren greift.

Mehr über GMs Hinhaltetaktik gegenüber Opel lesen Sie in wenigen Tagen auf wiwo.de

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