Bankkonten Banken nerven ihre Kunden mit Gebührentricks

Ob Bankkarten, Überweisungen oder Kontoauszüge. Mit schwer durchschaubaren Minigebühren nerven immer mehr Institute ihre Kunden. Experten finden, dass Banken austesten, wie weit sie mit verdeckten Gebühren gehen können.

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Diese Banken bestrafen das „Fremdgehen“ am stärksten
Deutsche Bank Quelle: REUTERS
Postbank Quelle: dpa
Stadtsparkasse München Quelle: dpa
Sparkasse Hannover Quelle: dpa
Frankfurter Sparkasse Quelle: dpa
BW Bank Quelle: dpa
Hamburger Sparkasse Quelle: dpa

Peter Breun-Goerke strahlt mit seinem betont klassischen Auftritt äußerste Seriosität aus: schlank, silberner Scheitel, schmaler, grauer Oberlippenbart. Kein Wunder, dass genervte Sparer sich vertrauensvoll an ihn wenden, wenn sie in ihrem Frust über kreative oder versteckte Bankgebühren nicht mehr weiter wissen.

Der 56-Jährige ist Rechtsanwalt und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Wettbewerbszentrale mit Sitz im Taunusstädtchen Bad Homburg vor den Toren Frankfurts. Von dort verfolgt die gemeinnützige Einrichtung unlautere Geschäftsmethoden quer durch die deutsche Wirtschaft.

Besonders auffällig gebärden sich momentan Banken und Sparkassen. Die Kreditinstitute, so hat er beobachtet, lassen sich angesichts niedriger Zinsen und steigender Regulierungskosten so einiges einfallen, um im Null-achtfuffzehn-Geschäft mit Konten und Spareinlagen überhaupt noch zu Geld zu kommen. Bankkunden müssen deswegen selbst bei einem Standardprodukt wie dem Girokonto so detailliert wie nie ins Kleingedruckte schauen, wo die Fußnoten mittlerweile gespickt sind mit schwer erkennbaren und teils merkwürdigen Gebühren. Laut Stiftung Warentest gibt es auf dem deutschen Markt nur noch 25 Girokonten, die ohne Wenn und Aber kostenlos sind. Die verbleibenden Gratisanbieter sind vor allem Direktbanken ohne Filialen.

Wo Bankkunden bald mehr Gebühren zahlen
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Klein, aber nervig, scheint die Devise bei den Gebühren vieler anderer Anbieter zu lauten. Für Dienste am Bankschalter und Überweisungen auf Papierformularen verlangen viele Banken schon seit Längerem Geld. Neu aber ist, dass jetzt auch Transaktionen im Onlinebanking und am Geldautomaten immer öfter kosten.

Wenn Banken neue und steigende Gebühren verlangen, dürfen sie das nicht verschweigen. Tun sie das doch, geht einer wie Breun-Goerke juristisch dazwischen. Der privatwirtschaftliche Wettbewerbswächter sieht sich nicht als Bankenschreck, der ohne Rücksicht auf Verluste kostenlosen Service für alle Kunden durchdrücken will. „Natürlich dürfen Banken Geld für ihre Dienste verlangen, aber gleichzeitig mit einem kostenlosen Konto werben, das geht gar nicht“, sagt der Rechtsanwalt.

Manche versuchen es trotzdem. So lockt die Sparda-Bank West aus Düsseldorf mit einem angeblich kostenlosen Girokonto, ließ dabei aber den Haken aus Sicht ihrer 638.000 Kunden unter den Tisch fallen: Die Bankkarte für das alltägliche Geldabheben am Automaten oder Bezahlen an der Ladenkasse gibt’s seit April 2016 nur noch gegen Gebühr von zehn Euro pro Jahr. Kostenlos ist das Konto also nur, wenn man aufs Geldabheben am Automaten verzichtet und seine Einkäufe bar zahlt. Das ist unrealistisch.

Nun treiben zehn Euro jährlich fürs Konto niemanden in den Ruin, allerdings nagt die Gebühr unangenehm am Ersparten. Aber weil die Gebühr durch die Hintertür kommt, hat das Landgericht Düsseldorf die Werbung der Sparda-Bank als irreführend untersagt. Rechtskräftig ist das Urteil vom 6. Januar (38 O 68/16) noch nicht, die Bank kann in einer höheren Instanz dagegen vorgehen.

Unzulässige Bankgebühren

Die Wettbewerbszentrale hält das Düsseldorfer Urteil dennoch bereits für wegweisend. „Banken testen aus, wie weit sie mit versteckten Gebühren gehen können“, sagt Breun-Goerke. Mittel der Wahl seien Bankkarten, für die Nutzer eines angeblich kostenlosen Kontos zahlen müssten. Aber es gibt auch andere Tricks. Beliebt sind beispielsweise kostenpflichtige Kurznachrichten mit Geheimzahlen für Überweisungen wie bei der Sparda-Bank Hessen.

Überhaupt: Genossenschaftliche Banken (Volks-, Raiffeisen- und Sparda-Banken) sowie Sparkassen sind besonders kreativ, was skurrile Gebühren betrifft. Bei ihnen legen Sparer im Schnitt oft mehr aufs Konto, als sie an Krediten abrufen. Negative Zinsen auf die Einlagen der Normalsparer wollen Volksbanken und Sparkassen vermeiden. Die Alternative: fantasievolle und teils versteckte Gebühren. Die wirken am Ende ähnlich wie negative Zinsen, denn auch sie lassen das Ersparte schrumpfen.

Zahlen beim Blick auf den Kontostand

Selbst das digitale Banking schützt nicht mehr vor dem Gebührendschungel. Wer online unterwegs war, konnte sein Konto bei der VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg bisher kostenlos führen. Vom Februar an werden dafür jedoch zunächst drei und ab Januar 2018 sogar sechs Euro monatlich fällig. Das sind jährlich 72 Euro mehr. Alternativ bietet die VR Bank einen um drei Euro günstigeren Tarif, bei dem aber fast jede Kontobewegung 30 Cent kostet. Schon ab zehn Transaktionen lohnt sich das nicht.

Für Kunden der Sparkasse Soest wird das Onlinebanking sogar zum echten Kostenfaktor. Die dortige Sparkasse sorgte im Dezember bundesweit für Aufregung, weil sie ihre Klickgebühr im Onlinebanking ab Februar auf zwei Cent erhöhen will. Der Druck auf das Institut wurde so stark, dass der Verband der 400 Sparkassen aus Berlin die Wogen glätten musste. Der stellte klar: Nicht jeder Klick auf die Homepage kostet, wohl aber einzelne Aktivitäten im Onlinebanking, selbst wenn gar keine Transaktion in Auftrag gegeben wird. Nutzer zahlen so schon beim Blick auf den Kontostand. Also keine Klickgebühr, aber vielleicht eine Blickgebühr? Für betroffene Kunden ist das Gebührenmodell undurchschaubar, weil sie die jährlichen Kosten nicht abschätzen können.

Verbieten lässt sich das Soester Modell nicht, weil die Kunden dort immerhin auf dem Papier wissen, woran sie sind. Verschweigen Banken jedoch Gebühren, können Betroffene sich juristisch wehren. Marktwächter Breun-Goerke ging nicht nur gegen verdeckte Gebühren der Sparda-Bank vor. So buchte eine Sparkasse bei einem Girokonto zusätzlich zum Festpreis von zehn Euro auch noch jedes Mal 30 Cent ab, wenn ein Dauerauftrag ausgeführt wurde. In der Kostenübersicht aber fehlte ein Hinweis auf diese Transaktionsgebühr – unzulässig, urteilte das Landgericht Freiburg im Juli 2016.

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Und sogar der Bundesgerichtshof (BGH), das oberste Zivilgericht, hatte jüngst über unzulässige Bankgebühren zu urteilen: Dabei hatten zwei Banken 6,90 Euro pro Kontoabschluss und 2,95 pro Monat verlangt, wenn Kunden von der geduldeten Überziehung ihres Girokontos Gebrauch machten. Laut BGH ebenfalls unzulässig sind Darlehensgebühren bei Bausparverträgen. Eine Bausparkasse hatte zusätzlich zum laufenden Zins pauschal zwei Prozent der Darlehenssumme als Verwaltungsaufwand kassiert. Die fantasievolle Gebühr verbarg sich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, unzulässig ist sie trotzdem.

Die juristischen Siege lassen sich laut Breun-Goerke allerdings nicht in geldwerte Vorteile für die Kunden ummünzen. Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht, wenn die Banken auf ihre Preis- und Leistungsverzeichnisse verweisen können.

Wer wissen will, was sein Konto wirklich kostet, muss also tief im Kleingedruckten wühlen. Bei der Sparkasse Aichach-Schrobenhausen in Bayern zum Beispiel kostet das für berufstätige Erwachsene günstigste Kontomodell namens Individual zwar nur 1,99 im Monat. Eine Fußnote informiert darüber, dass jedes Mal ein Zuschlag von zwei Euro fällig wird, wenn das monatliche Durchschnittsguthaben unter 2500 Euro sinkt. Kompliziert, das immer im Auge zu behalten. Außerdem gibt es Kontoauszüge am Automaten für Individual-Kunden nur noch für 25 Cent, und die Bankkarte ist nicht im Preis enthalten. Sie kostet 9,90 Euro extra im Jahr.

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Ähnlich hat es die Sparkasse Hannover eingefädelt. Kostenlose Kontoführung gibt es nur noch für Kunden unter 25 Jahren. Seit gut einem halben Jahr kostet das Girokonto monatlich 7,00 Euro oder 3,50 Euro. Bei dem günstigeren Tarif allerdings zahlen Nutzer 35 Cent für jede Überweisung und Barauszahlung, auch wenn diese online oder am Automaten abgewickelt werden. Das lohnt sich nur, wenn man weniger als zehn Überweisungen und Abhebungen im Monat vornimmt.

Wo die Grundgebühr aufs Konto entfällt, wird dafür bei einzelnen Transaktionen zugelangt. So zahlen Nutzer des grundgebührlosen Aktivkontos bei der Frankfurter Sparkasse seit Januar 35 Cent je Geschäftsvorfall. So mancher Kunde dürfte wegen der Unberechenbarkeit solcher variabler Kosten ein Konto mit höherer Grundgebühr wählen. „Flatrates sind bequem, aber am Ende oft teurer, das sieht man nicht nur bei Banken“, sagt der Gebührenexperte Max Herbst von der FMH-Finanzberatung in Frankfurt.

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Direktbanken verzichten meist noch auf Monatsgebühren für ihre Konten. Doch komplett sorglos sind auch ihre Kunden nicht mehr unterwegs. Die Direktbank DKB etwa wirbt mit kostenlosem Bezahlen und Geldabheben – weltweit. Aber: Für Kunden mit weniger als 700 Euro Geldeingang im Monat entfällt ab Dezember die Erstattung der Gebühr für den Auslandseinsatz ihrer DKB-Kreditkarten von 1,75 Prozent bei Umsätzen außerhalb des Euro-Raums sowie in Schweden und Rumänien. Neukunden erhalten immerhin eine Gnadenfrist von einem Jahr.

Auch können Kaufhäuser, Supermärkte und Geschäfte im Ausland weitere Gebühren für den Karteneinsatz berechnen, die von der DKB nicht übernommen werden und beim Kunden hängen bleiben. Das gilt auch für die Banken, an deren Automaten DKB-Kunden außerhalb des Euro-Raums Geld abheben. So kann eine einzige Transaktion im Urlaub oder Auslandssemester schnell mal rund fünf Euro kosten, was ärgerlich ist für jene, die sich auf den Werbeclaim der Bank verlassen haben, ohne das Kleingedruckte abzuklopfen.

Als kostenlos bezeichnet auch die Sparda-Bank Münster ihr Onlinekonto, bei dem es „keine verdeckten Gebühren“ gebe. Doch kostet dort die alltägliche Bankkarte zwölf Euro im Jahr. Auf die Frage, wie es ohne Bankkarte möglich sein soll, kostenlos an Bargeld zu kommen, will die Bank erst antworten, wenn das Urteil im Fall ihres Düsseldorfer Nachbarinstituts gültig ist. An den Fall der Sparda-Bank West, die mit ihrem angeblich kostenlosen Konto vor Gericht landete, erinnert auch die Praxis der Stadtsparkasse München.

Bei ihr gibt es die Bankkarte für 7,50 Euro Jahresgebühr, obwohl auf der Homepage mit „ab 0,00 EUR*“ für das Girokonto geworben wird. Außerdem zahlen Onlinekunden in München happige 2,50 Euro pro Kontoauszug, wenn sie diese am Automaten ausdrucken lassen. Das klingt ganz nach einem neuen Fall für den Bad Homburger Marktwächter.

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