Die Deutsche Bank hat es zwar nicht eilig – aber in den kommenden zwei Jahren will sie die Postbank verkaufen, die seit 2015 eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank ist. John Cryan, Chef der Deutschen Bank, bemüht schon die Öffentlichkeit bei der Käufersuche:„Wenn Sie jemanden kennen, der eine deutsche Filialbank kaufen will - lassen Sie es mich wissen.“ Manche Aktionäre sind mit dem Verkaufswunsch wohl nicht einverstanden und schlagen vor, den Verkauf nochmal zu überdenken. Immerhin hätte die Postbank 2015 einen soliden Gewinn erwirtschaftet.
Und tatsächlich – ein Blick in den YouGov-Markenmonitor BrandIndex verrät: Es ist nicht einfach. Die Postbank vereint gleichermaßen Chancen, sich weiterzuentwickeln und Risiken, zu einer eher unbedeutenden Bank zu werden.
Eine Bank für alle, aber auch beliebig
Ganz klar: Die Postbank gehört zu den größten deutschen Banken, hat nach Sparkasse, Volks- und Raiffeisenbank sowie ING-DiBa die meisten Kunden in Deutschland und fast neun von zehn Deutschen kennen die Marke. Chancen, neue Kunden zu gewinnen, sind ebenfalls vorhanden: 17 Prozent all derjenigen, die angeben, die Marke Postbank zu kennen, ziehen sie in die engere Wahl, wenn es darum geht, sich für eine Bank zu entscheiden. Mehr Nennungen erreichen hier nur die fast in allen Bereichen dominierenden Banken Sparkasse, ING-DiBa und Volks- und Raiffeisenbanken.
Die Deutschen haben die Postbank auf dem Schirm. Zum Vergleich: Die Konzernmutter ist nur bei zehn Prozent der Kenner im Relevant Set.
Andererseits ist hier eine gewisse Beliebigkeit zu erkennen. Die Postbank verzeichnet potenzielle Kunden in allen Altersklassen, unabhängig vom Geschlecht. Immerhin: Menschen mit Online-Girokonto interessieren sich etwas mehr für die Postbank als die mit Konto bei einer Filialbank. Doch einen relevanten Vorteil durch punktgenaue Zielgruppen-Ansprache kann die Postbank dadurch trotzdem nicht erlangen: Die Verbraucher mit Filial-Konto würden zurzeit neben den drei Platzhirschen noch eher die Sparda- als die Postbank wählen. Bei den Online-Girokonto-Inhabern liegt die Comdirect gleichauf und die DKB Deutsche Kreditbank leicht vorn.
Die Postbank weckt immer noch Interesse
Auch durch andere Kriterien kann die Postbank nicht hervorstechen. Mit null Punkten – so bewerten die Kenner der Marke das Preis-Leistungs-Verhältnis auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten – liegt die Bank zwar gleichauf mit der Sparkasse (und deutlich vor der Deutschen Bank), doch ING-DiBa, die Sparda-Bank und Comdirect schneiden hier viel besser ab. Auch bewerten die Verbraucher die Qualität der meisten Konkurrenten deutlich besser als die der Postbank.
Wo die Deutsche Bank überall Ärger hat
Im Juni wurde bekannt, dass Ermittler rund um den Globus dem Verdacht nachgehen, russische Kunden könnten über die Deutsche Bank Rubel-Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar gewaschen haben. Die Bank hat versprochen, zur Aufarbeitung der Affäre mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Mehrere Mitarbeiter in der Moskauer Niederlassung wurden deshalb vor die Tür gesetzt, darunter auch der ehemalige Chef-Händler in Russland, Tim Wiswell.
Inzwischen hat die Affäre eine neue Dimension erreicht: Das US-Justizministerium und die Finanzbehörde von New York (DFS) prüfen laut einem Medienbericht, ob die Bank gegen Sanktionen verstoßen hat. Dabei gehe es auch um die Frage, ob Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht wurden und ob die Bank intern geeignete Vorkehrungen getroffen hat, um solche Verstöße zu verhindern.
Schon länger steht die Deutsche Bank im Verdacht, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die USA gegen Länder wie den Iran verhängt haben. Die Gespräche über einen Vergleich laufen, wie Insider berichten. Intern gab es zuletzt die Hoffnung, dass dieses Thema zeitnah abgeschlossen werden kann. Die Bank hat betont, sie habe sich bereits 2007 aus Iran-Geschäften zurückgezogen. Einige andere Finanzinstitute mussten für Vergleiche in der Sache bereits tief in die Tasche greifen: Die französische BNP Paribas zahlte knapp neun Milliarden Dollar, die Commerzbank 1,45 Milliarden Dollar.
Ende 2013 zahlte die Deutsche Bank 1,4 Milliarden Euro für die Beilegung ihres größten Rechtsstreits im Zusammenhang mit fragwürdigen Hypothekengeschäften in den USA. Das Institut soll vor der Finanzkrise beim Verkauf von Wertpapieren, die mit Hypotheken unterlegt sind, falsche Angaben gemacht haben. Andere Verfahren, die die amerikanischen Federal Housing Finance Agency (FHFA) gegen die Deutsche Bank und weitere Häuser angestrengt hatte, sind aus dem Vergleich jedoch ausgeklammert. Auch andere Klagen liegen noch auf dem Tisch und könnten potenziell viel Geld kosten.
Die Bank ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts München mitverantwortlich für die Pleite des Medienkonzerns im Jahr 2002. Grund ist ein Interview des damaligen Bankchefs Rolf Breuer, in dem dieser Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit gesät hatte. Anfang 2014 einigten sich die Streitparteien in einem Vergleich zwar auf Schadenersatz von 925 Millionen Euro. Doch die strafrechtlichen Ermittlungen gegen einzelne Spitzenmanager der Bank wegen versuchten Prozessbetrugs liefen weiter. Die Staatsanwaltschaft München erhob schließlich Anklage gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen sowie die früheren Spitzenmanager Josef Ackermann, Rolf Breuer und Clemens Börsig. Prozessauftakt war im April, das Verfahren zieht sich. Die Ermittlungen wurden zudem auf den heutigen Rechtsvorstand Stephan Leithner und die Anwälte der Bank ausgeweitet.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Bank wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Betrug mit CO2-Verschmutzungsrechten. Rund 500 bewaffnete Polizisten und Steuerfahnder hatten deshalb Ende 2012 den Hauptsitz der Bank in Frankfurt und andere Büros durchsucht. Co-Chef Fitschen und der langjährige Finanzvorstand Stefan Krause gehörten zu ursprünglich 25 Mitarbeitern der Bank, gegen die in der Affäre wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Denn Fitschen und Krause hatten die auf dem CO2-Betrug basierende Steuererklärung unterzeichnet. Im August diesen Jahres erhob die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt schließlich gegen acht beteiligte Kundenbetreuer und Händler der Deutschen Bank Anklage wegen "bandenmäßiger Steuerhinterziehung".
Wegen der Manipulation wichtiger Referenzzinssätze wie Euribor und Libor musste die Deutsche Bank viel Geld abdrücken. Die EU-Kommission verhängte Ende 2013 eine Strafe von 1,7 Milliarden Euro gegen sechs Großbanken, davon entfiel mit 725 Millionen Euro der Löwenanteil auf das Frankfurter Geldhaus. Die Behörden in Großbritannien und den USA brummten der Bank eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar auf. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat in ihrem Bericht zur Zinsaffäre eine Reihe von Top-Managern scharf angegriffen und ihnen zu laxe interne Kontrollen beziehungsweise eine mangelnde Aufklärung der Tricksereien vorgeworfen. Darunter war auch Co-Vorstandschef Anshu Jain, der im Frühsommer sein Amt zur Verfügung stellte. Einen Zusammenhang zwischen dem Rücktritt und dem BaFin-Bericht wies die Bank allerdings zurück.
Mit vier mutmaßlich in den Zinsskandal verwickelten Händlern hat sich die Deutsche Bank in Frankfurt nach langem Hin und Her auf einen Vergleich geeinigt, der ebenfalls Geld kostete.
Ob das Zinskapitel wirklich abgeschlossen ist, ist offen. In den USA könnten auch Sammelklagen von Anlegern gegen die Bank zugelassen werden. Sie müssen aber eindeutig nachweisen, dass ihnen durch die Manipulationen Nachteile entstanden sind.
Aufseher, darunter auch die BaFin, gehen dem Verdacht nach, dass Banken am billionenschweren Devisenmarkt ebenfalls getrickst haben. Einige internationale Großbanken haben in der Sache bereits milliardenschwere Vergleiche geschlossen. Die Deutsche Bank als einer der größten Devisenhändler der Welt nicht. Sie hat Finanzkreisen zufolge aber mehrere Händler vom Dienst suspendiert. Sie stehen offenbar im Verdacht, an Referenzkursen gedreht zu haben. Die Deutsche Bank hat erklärt, dass sie zur Aufklärung des Skandals mit verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet und zudem eine interne Untersuchung gestartet hat. Diese Untersuchung ergab nach Angaben aus Finanzkreisen, dass es bislang keinerlei Hinweise auf Tricksereien bei den großen Währungen Euro, Dollar, Pfund und Yen gibt, wohl aber vereinzelt beim russischen Rubel und dem argentinischen Peso.
Vom Haken sind die Frankfurter aber nicht: In der US-Niederlassung der Bank installierte die New Yorker Finanzaufsicht DFS einen Kontrolleur, der sich Finanzkreisen zufolge nun schon seit einigen Monaten das elektronische Devisenhandelssystem genauer anschaut. Demnach sind Algorithmen der Plattform "Autobahn" Teil der Ermittlungen.
Amerikanische und deutsche Aufseher gehen zudem dem Verdacht nach, dass Geldhäuser den viel beachteten Marktindex für Swap-Geschäfte (Isdafix) zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Sie haben auch dazu Informationen von der Deutschen Bank angefordert.
Das US-Justizministerium ermittelt seit mehr als fünf Jahren gegen Finanzinstitute in der Schweiz wegen mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Haken haben die Behörden seit 2013 auch die Deutsche Bank. Deren Schweizer Tochter erstatte Selbstanzeige. Finanzkreisen zufolge hat sich die Deutsche Bank bei den US-Behörden gemeldet, weil sie den Verdacht hegte, einige US-Kunden könnten ihr Vermögen in der Schweiz vor dem heimischen Fiskus versteckt haben. Seither würden Daten an die USA geliefert und Anfragen beantwortet. Eine Strafzahlung könne die Bank damit aber wohl nicht abwenden, sondern nur auf einen Rabatt hoffen. Eine Entscheidung steht noch aus. Das Bußgeld kann sich auf bis zu 50 Prozent der versteckten Gelder belaufen.
Vor dem Hintergrund dieser eher mäßigen Image-Indikatoren wundert es fast ein wenig, dass so viele diese Bank auf dem Zettel haben.
Ein Grund dafür könnte die hohe Filialdichte sein, die nicht unbedingt als klassisches Merkmal der Qualität oder als Argument für eine hohe Zufriedenheit als Kunde angesehen wird. Zudem profitiert die Bank vielleicht auch noch von der farblichen und Namens-Ähnlichkeit zur Deutschen Post, die ein recht hohes Ansehen genießt – nach dem Motto: Ich mag die Postbank zwar nicht, aber falsch machen kann man mit ihr ja auch nichts.
Falls das so wäre, wäre das eine überschaubar attraktive Ausgangslage für die Zukunft und die Deutsche Bank hätte ein berechtigtes Interesse daran, die gelbe Tochter loszuwerden.
Andererseits: Die Postbank weckt immer noch das Interesse potenzieller Kunden. Darauf kann man ja aufbauen. Und zumindest bei Privatkunden wird sich die Marke Postbank leichter tun als die Konzernmutter Deutsche Bank, deren Image durch die Skandale der Vergangenheit doch deutlich mehr Schrammen besitzt. Rein markentechnisch könnte die Postbank sogar deutlich stärker von der Deutschen Post profitieren, deren Imagetendenz aktuell weiter steigend ist.