Raimund Röseler ist ein Freund klarer Worte. Mit denen hat der oberste Bankenaufseher der deutschen Finanzaufsicht BaFin in der Vergangenheit immer wieder Missstände bei der Deutschen Bank kritisiert, mehr Kontrollen und Eifer bei der Aufklärung ihrer Affären angemahnt. Ausgerechnet Röseler spendete nun am Dienstag dem gebeutelten Institut Trost. „Die Bank hat geeignete Maßnahmen angestoßen, um Probleme, die wir adressiert haben, zu lösen“, sagte Röseler. „Wir sehen sie auf völlig richtigem Weg.“
Mit dieser Einschätzung ist der Aufseher derzeit allerdings ziemlich allein. Bei der Hauptversammlung am Donnerstag dürfte das Lob von ungewohnter Seite jedenfalls kaum Resonanz finden. Die Zeichen stehen auf Tumult, Gründe dafür gibt es reichlich. Der Aktienkurs: auf Dauertalfahrt. Die Dividende: fällt aus. Ein Ende der zahllosen Rechtsverfahren: nicht absehbar. Die langfristigen Perspektiven des Geschäftsmodells: äußerst ungewiss.
Der Unmut der Aktionäre richtet sich zunehmend gegen diejenigen, die das Desaster in ihren Augen angerichtet oder zumindest verschlimmert haben. Mehr als zwölf Milliarden Euro hat die Bank seit 2012 für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten ausgegeben. Am Pranger steht nun vor allem der frühere Vorstand um den im vergangenen Juni abgelösten Co-Chef Anshu Jain. Er soll die Aufklärung von Skandalen wenn nicht hintertrieben, so doch verzögert und der Bank so zusätzlichen Schaden zugefügt haben. Investoren drängen darauf, dass das Institut deshalb Regressansprüche prüft – und sie im Zweifel entschlossen durchsetzt.
Damit muss nicht nur Jain rechnen. Aktionäre wollen Sonderprüfungen durchsetzen, bei denen Gutachter unabhängig in der Bank ermitteln und das Ergebnis anschließend öffentlich machen. Solche Untersuchungen sind aufwendig und teuer, könnten aber zu Erkenntnissen führen, die über intern bereits laufende Verfahren hinausgehen. „Die Anträge zeigen, wie sehr die Aktionäre der Bank misstrauen. Offenkundig wollen sie die Verantwortlichen bestrafen“, sagt ein auf die Aufklärung von Skandalen in Unternehmen spezialisierter Anwalt.
Strafe deutlich erhöht
Ansatzpunkte dafür bietet vor allem die unglücklich verlaufene Beilegung der Verfahren rund um die Manipulation des Referenzzinses Libor. Nach quälend langen Verhandlungen hatte die Bank sich vor gut einem Jahr mit den britischen und amerikanischen Behörden geeinigt. Mit 2,2 Milliarden Euro musste sie die höchste aller in diesem Zusammenhang verhängten Strafen zahlen.
In ihren Abschlussberichten haben die Behörden die mangelhafte Kooperation des Instituts scharf kritisiert. Die britische FCA erhöhte ihre Strafe deshalb um rund 100 Millionen Pfund, auch die US-Behörden legten wegen der angeblichen Verzögerungstaktik bei der Buße einen ungenannten Betrag drauf.
Das hat den Aufsichtsrat schon vor Monaten auf den Plan gerufen. Seit dem vergangenen Herbst läuft eine von ihm angestoßene kritische Würdigung der Rolle Jains und einiger Kollegen. „Da kein früherer Vorstand mehr im Amt ist, gibt es keinen Grund, an der Objektivität zu zweifeln“, heißt es in der Bank. „Die Untersuchung läuft strukturiert und professionell“, sagt ein Aufsichtsrat. Sollte sich der Verdacht auf ein Verschulden bestätigen, müssten die früheren Vorstände vermutlich Millionen an ihren Exarbeitgeber zahlen.