John Cryan neigt nicht zu übertriebenem Optimismus. Für umso bemerkenswerter halten Insider deshalb eine zuletzt merkliche Aufhellung seiner Stimmungslage. Sicher, die Zeiten bleiben hart. Doch das Schlimmste, so Cryans Botschaft der letzten Tage, haben wir hinter uns.
Tatsächlich hat die Beilegung eines Streits mit dem US-Justizministerium intern für große Erleichterung gesorgt. Zwar laufen noch etliche Verfahren, in den vergangenen Tagen sind noch weitere hinzugekommen. Insbesondere dubiose Aktiendeals in Russland gelten als harter, aber nicht mehr existenzbedrohender Brocken. Cryan kann sich allmählich darauf konzentrieren, die von seinen Vorgängern Anfang 2015 entworfene und bei Investoren durchgefallene Strategie der Bank an die Realität anzupassen.
Bei der Verkündung der Jahreszahlen am kommenden Donnerstag dürfte es dazu allerdings kaum Details geben. Der Blick soll sich auf das abgelaufene Jahr richten. Insider werten das als Indikator dafür, dass dessen Ergebnis nicht ganz so desaströs ausgefallen ist, wie manche befürchten.
Doch dann stehen schmerzliche Entscheidungen an. Als Stichtag gilt im Umfeld der Bank die Hauptversammlung Mitte Mai. Bis dahin soll geklärt sein, ob das Institut finanziell ausreichend gepolstert ist. Eine Kapitalerhöhung ist nicht ausgeschlossen, Pläne für den Börsengang der Fondstochter DWS werden weiter verfolgt. Ebenso wie die künftige Dimension des US-Geschäfts hängen konkrete Schritte aber noch von Details der künftigen Regulierung ab.
Für weitere Einschnitte beim Personal gilt das nicht. „Wir rechnen fest damit“, sagt ein Arbeitnehmervertreter. Besonders groß ist die Sorge bei der Postbank. Denn: „Die Zeichen stehen auf volle Integration“, sagt ein Insider. Allenfalls der Anstieg der Kurse von Bankaktien schürt die Hoffnung auf einen Börsengang. Ein Abschied von diesen Plänen aber würde Tausende Stellen kosten. Schon Ende 2016 hätten sich auffällig viele Manager der Postbank bei der Deutschen Bank beworben, sagt ein Insider. Die Unsicherheit soll nicht mehr lange anhalten.
Boni radikal rasiert
Die unrühmliche Vergangenheit lässt die Bank jedoch noch lange nicht los. Zur Wiedergutmachung der angerichteten Schäden sollen alle einen Beitrag leisten, und sei es nur symbolisch. Deshalb hat der Vorstand kürzlich die Boni der Führungskräfte radikal rasiert und auch selbst verzichtet.
Die Linie verfolgt auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Der hält Boni in Höhe von insgesamt 30 Millionen Euro für ausgeschiedene Vorstände zurück. Mit der Prüfung möglicher Ansprüche hat er den Linklaters-Anwalt Ralph Wollburg betraut. Der selbstbewusste Düsseldorfer Jurist ist auf Übernahmen spezialisiert, hat sich aber auch als Lieferant von Gutachten profiliert. Bei Thyssenkrupp etwa griff er dem langjährigen Aufsichtsratschef Gerhard Cromme juristisch unter die Arme. Konkrete Hinweise auf Fehlverhalten der Deutschbanker soll er bisher aber nicht gefunden haben.
Auf spektakulären Boni-Verzicht der Extopmanager kann Achleitner kaum zählen. Zwar hat Exbankchef Josef Ackermann grundsätzlich Bereitschaft erkennen lassen, ebenso sollen einige seiner früheren Kollegen bereit sein. Manche verfolgen jedoch eine harte Linie. So heißt es im Umfeld eines früheren Vorstands, dass der allenfalls auf 20.000 Euro verzichten werde.
Dabei geht es nicht ums Geld. Eine höhere Summe, so die Befürchtung, könne als Anerkenntnis von Schuld ausgelegt werden und Ansprüche auf Schadensersatz und Folgen für die Karriere nach sich ziehen. Dass die persönliche Verantwortung explizit ausgeschlossen wird, eint die sonst durchaus nicht einträchtige frühere Führungscrew.
Bald steht wieder ein Treffen der Anwälte an, mehrere sind ergebnislos verlaufen. Neue Argumente liefert auch der jüngste Bericht des US-Justizministeriums zu fragwürdigen Immobiliendeals nicht. Zwar kritisiert der die vor der Finanzkrise in der Bank gängigen Praktiken deutlich, die Topmanager belastet er jedoch nicht. Und Wegschauen reicht nicht, um zahlen zu müssen.