Siegeszug der Blockchain Fälschungssichere, universelle Transaktionen, ganz ohne Mittelsmann

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Strom einfacher verteilen und abrechnen

Hersteller experimentieren zum Beispiel mit akustischen Wasserzeichen, die jedem noch so kleinen Teil lebenslang zugeordnet sind: Man beschallt das Original und zeichnet das Echo in einer Datei auf. „Falsche Werkstoffe würde man hören, ebenso eine veränderte Geometrie“, sagt Graf. Die Audiodatei wird in der Blockchain abgelegt; zweifelt ein Reparateur an der Echtheit eines Teils, kann er dieses beschallen und die beiden Dateien über die Blockchain abgleichen.

Auch die Energiebranche interessiert sich sehr für die Blockchain: Schließlich müssen die großen Stromversorger nun all die kleinen Erzeuger einbinden, die einstigen Kunden, die ihnen immer mehr Konkurrenz machen: Mehr als ein Drittel des deutschen Ökostroms erzeugen bereits Privatleute mit der eigenen Solaranlage oder einem Blockheizkraftwerk. All diese Elektronen müssen sicher verfolgt und abgerechnet werden.

Innogy, Ökostromtochter von RWE, will 1000 Ladesäulen für E-Autos mit der Blockchain ausrüsten. Ein Algorithmus darin erkennt, wenn ein Kunde bezahlt – mit Geld, das er vorher auf sein Blockchain-Konto geladen hat; der Strom an der Säule fließt, der Erzeuger, der den Strom, womöglich aus der eigenen Solaranlage, ins Netz gespeist hat, wird bezahlt. Theoretisch können sich über die Blockchain unendlich viele Betreiber von Ladesäulen, Autofahrer und kleine Erzeuger direkt miteinander vernetzen. Es braucht weder Strombörse noch Bank. Nur den Netzbetreiber: Innogy. Genau darin – im Umgehen des Mittelmanns, liegt, neben Transparenz und Fälschungssicherheit, für Michael Kruse Blockchain-Spezialist bei Arthur D. Little, der Hauptvorteil der Blockchain. „Sie spart Zeit und Kosten. Da jeder Teilnehmer die Korrektheit einer Transaktion selbst prüfen kann, entfällt die Notwendigkeit einer zentralen Prüfinstanz“, sagt Kruse.

Im New Yorker Stadtteil Brooklyn sind sie schon weiter: Dort speisen Hunderte lokale Erzeuger Strom aus ihren Solaranlagen in ein lokales Netz. In der Blockchain halten sie fest, wer wie viel Elektronen erzeugt und wer wie viele verbraucht hat. Wer mehr produziert, als er nutzt, stellt sie ins Netz; die Nachbarn nutzen den Strom, zahlen direkt an den Erzeuger. Allein in den USA könnten solche Blockchain-Projekte Strom im Wert von sieben Milliarden Dollar pro Jahr abwickeln, schätzt die Bank Goldman Sachs.

Die Lufthansa will das erste Blockchain-Produkt aus Thilo Knoops Projekt Ende des Jahres in den Alltagsbetrieb bringen. Flugzeugbesitzer, erzählt Knoop, haben häufig das Problem, dass sie teure Teile nach dem Alter abschreiben müssen, weil nicht nachzuvollziehen ist, wann sie ihr technisches Limit erreicht haben. Knoop hält in der Blockchain genau fest, wie oft jedes Teil wie weit geflogen ist. Die Airlines können so bares Geld sparen. Die Blockchain, sagt Knoop, habe daher „großes Interesse bis weit hinauf in den Vorstand erregt“.

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