"Wiso"-Bankentest Bankberater zocken Omas ab

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Fast 12 statt vier Prozent Zinsen

Denn solche Rahmenkredite haben nicht ungefährliche Parameter: nicht nur die Laufzeit ist flexibel, sondern auch der Zinssatz. Zusätzlich funktionieren sie im Grunde wie ein Dispokredit, der Kunde kann ununterbrochen Geld abheben. Rutscht man also ins Minus, kassiert die Bank permanent Zinsen. Das Geschäft lohnt sich also im schlimmsten Fall nur für die Bank. Das wusste wohl auch die Beraterin, denn nur auf Nachfrage rückte sie mit den wichtigen Informationen heraus. Selbst den Zinssatz erfährt Oma Hanne nur durch sture Hartnäckigkeit: 11,9 Prozent, der kann durch die Flexibilität aber ja ständig steigen. Am Ende kommt auch hier kein Abschluss zustande.

Gerade Kredite mit variablen Zinssätzen lohnen sich vor allem für die Geldinstitute. Dafür präsentiert „Wiso“ das „Banken-Opfer“ Jörg Nagel. Für seinen KFZ-Aufbereitungsbetrieb schloss er bei der Raiffeisenbank Wiesloch solch einen Kredit mit flexiblen Zinsen ab. Die wurden im Laufe der Jahre allerdings nicht korrekt von der Bank angepasst: Während der Referenzzins – angelehnt an den Leitzins der Europäischen Zentralbank – auf 2,1 Prozent sank, zahlte Nagel munter weiter seine 6,75 Prozent.

Am Ende hatte Nagel 80.000 Euro (!) zu viel geblecht; ein Zinsprüfer hatte für ihn nachgerechnet. Immer wieder komme es vor, dass Banken Kreditzinsen nicht richtig anpassen – nachrechnen lohnt sich. In Nagels Fall prüfen derzeit die Anwälte der Bank den Sachverhalt – seit zwei Monaten. Auf sein Geld wartet er noch immer vergeblich.

Goldene Regeln für den Vermögensaufbau
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Die alte Börsenweisheit "Nicht alle Eier in einen Korb legen" stösst derzeit an Grenzen Quelle: Marcel Stahn

Indessen versuchte Oma Hanne ihr Glück bei der Targo Bank, die in ihrer Reklame mit schönen Menschen und dem „Wie für sie gemacht Kredit“ wirbt. Doch statt dem in der Werbung versprochenen 3,45-Prozent-Effektivzins sind es in der Realität plötzlich satte 11,59 Prozent. Die deutliche Steigerung liegt auch hier an Hannes 76 Jahren: da greift keine Ratenschutzversicherung mehr.

Viel interessanter als der mal wieder nicht geglückte Kredit ist bei der Targo Bank allerdings der sogenannte „Individualbeitrag“. Drei Prozent der Kreditsumme will das Geldhaus allein für den Service rund um den Kredit abstauben. Sonderzahlungen seien so kostenlos. Tatsächlich versteckt sich hinter dem „Individualbeitrag“ nichts anderes als eine Bearbeitungsgebühr – und die ist seit Mai dieses Jahres nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs unzulässig.

Kunden können sich nun jeden Euro, den sie für diese Gebühr geblecht haben, zurückholen – Kosten, die sich für die Banken auf Milliardenbeträge summieren. Allerdings müssen auch hier Verbraucher selbst aktiv werden, denn freiwillig erstatten Kreditinstitute die Gebühren nicht. Im Internet hilft dabei ein Musterbrief. Wenn sich die Bank dennoch sperrt, bleibt nur der Anwalt.

Bei der Targo Bank kann der „Individualbeitrag“ übrigens auch abgelehnt werden, dann steigt der Effektivzins allerdings direkt mal um 0,5 Prozent, zusätzlich kostet dann jede einzelne Abfrage bei der Bank 40 Euro. Generell wird der Gebührendschungel der deutschen Banken immer abenteuerlicher. Vor allem viele kleinere Geldinstitute stellen ihr Preisleistungsverzeichnis nicht öffentlich aus. Details wie das Mindestendgelt bei der geduldeten Überziehung (bei der deutschen Bank zum Beispiel 6,90 Euro pro Quartal) kommen so oftmals erst gar nicht ans Licht.

Für die Kollegen von „Wiso“ entpuppte sich die Suche nach den Verzeichnissen regelrecht zur Schnitzeljagd: elf von 21 besuchten Banken wollten nichts aushändigen. Bei sechs dieser elf Banken durfte der Kunde die Papiere immerhin vor Ort einsehen – unter Aufsicht versteht sich, abfotografieren verboten. Fünf Banken weigern sich jedoch komplett: Darunter ist wieder die Targo Bank, die Hypo Vereinsbank und die Sparda-Bank Berlin.

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