Aida, Tui Cruises und Co Die verrückten Ideen der Kreuzfahrt-Reeder

Seite 2/3

Schlager-Reisen und Metall-Festivals

125 Jahre ist es her, dass ein Schiff von Hamburg aus zur ersten Kreuzfahrt in See stach: Die Augusta Victoria der Reederei Hapag beförderte eigentlich im Sommer Reisende und Auswanderer von Hamburg nach New York. Doch im Winter galt die Atlantiküberquerung als zu unbequem und gefährlich. Reedereibesitzer Albert Ballin ärgerte sich darüber, dass das Schiff untätig im Hafen liegen sollte. Also schickte er die Auguste Victoria los zu einer Spazierfahrt durch das Mittelmeer. 57 Tage reisten die 174 Passagiere und die 245 Crew-Mitglieder von Hamburg bis zum ägyptischen Alexandria. Die Tour wurde ein voller Erfolg.

Fast ein Jahrhundert lang änderte sich daraufhin an dem Konzept kaum etwas: Die Schiffe wurden etwas größer, moderner, luxuriöser. Doch das Publikum blieb das gleiche: Vermögend, gebildet, anspruchsvoll, luxusorientiert, und meist im Rentneralter. Erst zur Jahrtausendwende veränderte die Aida den deutschen Markt.

Das Schiff mit dem roten Kussmund brachte das All-inclusive-Prinzip in die deutschen Häfen: Kreuzfahrt, aber bitte mit Rundum-Sorglos-Paket, und das auch bei der Unterhaltung. Fortan interessierte es die Reisenden nicht mehr, ob sie beim Dinner einen Sitzplatz neben dem Kapitän ergattern können - solange in der Disco an Bord gute Stimmung ist.

Heute verspricht Aida, mittlerweile Teil der britischen Carnival Cooperation, dass Passagiere bei einer normalen Kreuzfahrt im Durchschnitt 14 Stunden Show und mehr als 70 Stunden Livemusik erleben können. Zu dem Abendprogramm gehört nicht nur eine Variante von "Wer wird Millionär" mit Passagieren, sondern auch die bordeigene Casting-Show "The Voice of the Ocean". Noch lieber holen sich die Reedereien einfach Stars an Bord: Nena oder Helene Fischer sind Stammgäste auf den deutschen Kreuzfahrtschiffen, Udo Lindenberg hat sogar seine eigene Fan-Kreuzfahrt.

Die beliebtesten Reiseziele weltweit
Kapstadt, Südafrika Quelle: dpa
Eiffelturm Quelle: dpa
Casa Rosada, Buenos Aires, Argentinien Quelle: dpa
Kolosseum, Rom Quelle: dpa
Tower Bridge, London Quelle: REUTERS
Karlsbrücke, Burg in Prag, Tschechien Quelle: dpa
Pfirsichblüte, Hanoi, Vietnam Quelle: REUTERS

Doch selbst Udo Lindenberg kann nicht mit dem Erfolg der "Full Metal Cruise" mithalten. Zum vierten Mal schifft Tui Cruises einen Haufen Metall-Fans über das Meer, dieses Jahr geht es nach Norwegen. Mit an Bord: Ein Tatöwierer, ein Currywurst-Imbiss und mehrere tausende Liter Bier. Mit dem Angebot für die mehrheitlich langhaarigen Schwarzträger hat Tui Cruises die gesamte Branche überrascht. "Es haben nur wenige Branchenkenner daran geglaubt, dass Metaller Kreuzfahrten machen wollen", sagt Experte Grammerstorf. "Bei der ersten Kreuzfahrt war die Angst noch groß, dass man danach das Schiff renovieren müsse.“ Bestätigt hat sich das nicht.

Golfplatz an Bord

Hinter dem Versuch steht die Strategie, neue Zielgruppen für Kreuzfahrten zu begeistern. Denn wer keine Lust auf die klassische Mittelmeer-Spazierfahrt hat, hat vielleicht doch an einem Festival an Bord Interesse? Oder an einer Sport-Tour? Mittlerweile gibt es Kreuzfahrten für Fußballer, Taucher oder Rennradfahrer. Tui Cruises startet dieses Jahr zur ersten Yoga-Kreuzfahrt. Und bei Hapag-Lloyd gibt es selbst für Golfspieler Touren, bei denen das Schiff von Golfplatz zu Golfplatz schippert. "Der Sport passt einfach gut zu unserer Zielgruppe", sagt Karl J. Pojer, Geschäftsführer von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten.

Die Urlaubs-Trends 2015

Unterwegs können die Sportler dann mit einem Golf-Profi und im Golf-Simulator an ihrem Schwung üben, oder sich sogar ihren Schläger reinigen lassen. Die amerikanische Reederei Celebrity Cruises, eine Tochter des Marktführer Royal Caribbean, legt noch eins drauf: Auf ihren Schiffen können Golfer sogar auf 2000 Quadratmeter Echtrasen auf dem Schiff proben. Möglich wird das erst, weil eine amerikanische Universität extra für die Kreuzfahrtindustrie eine Grassorte herangezüchtet hat, die auch Salzwasser und die gnadenlose Karibik-Sonne verträgt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%