Eingeengt zwischen zwei Sitznachbarn, die Beine unangenehm am vorderen Sitz. Für viele Passagiere ist das gerade bei Low-Cost-Airlines Flug-Alltag. Dahinter steckt der alte Konflikt zwischen Airline und Fluggast. Während die Fluglinien möglichst viele Sitze auf dem zur Verfügung stehenden Platz unterbringen wollen, möchte der Passagier nicht dicht gedrängt sitzen – und trotzdem möglichst wenig zahlen. Schon seit Jahren gibt es Konzepte um den Flug trotz schmaler Sitze für den Passagier angenehmer zu machen.
Dass das Thema Flugzeugbauer und Aussatter noch immer umtreibt, zeigte sich auch bei der Aircraft Interior Expo, der Fachmesse für Flugzeuginnenausbau, in Hamburg. Dort stellte Airbus sein Konzept „Smart Cabin Reconfiguration“ vor. Die Idee dahinter ist, dass die Sitze auf einem Schienensystem befestigt werden. „Damit können dann je nach Flug, Auslastung und Komfortstandard angepasst werden“, erklärt Ingo Gäthje Vice President Cabin & Cargo Innovation bei Airbus. Ist also zum Beispiel die letzte Sitzreihe nicht belegt, wird diese zusammengeklappt. Die vorderen Plätze können dann auseinander gezogen werden, sodass jeder Fluggast mehr Platz und Komfort erhält.
Nach Meinung des Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt ist diese Flexibilisierung der Kabine einer der großen Trends der Luftfahrtbranche. „Immer mehr Airlines wollen auf saisonale Schwankungen reagieren und dann zum Beispiel die Premium Economy je nach Nachfrage verkleinern oder vergrößern.“
Skytrax-Ranking: Die besten Airlines der Welt
Hainan Airlines
Vorjahr: Rang 12
Etihad Airways
Vorjahr: Rang 6
Lufthansa
Vorjahr: Rang 10
EVA Air
Vorjahr: Rang 8
Cathay Pacific
Vorjahr: Rang 4
Emirates
Vorjahr: Rang 1
ANA All Nippon Airways
Vorjahr: Rang 5
Singapore Airlines
Vorjahr: Rang 3
Qatar Airways
Vorjahr: Rang 2
Unterstützt wird dieser Trend noch durch neue Drahtlostechnik, die im Flugzeug Einzug hält. So hat Airbus zusammen mit Boeing, Embraer und anderen Unternehmen der Luftfahrtindustrie einen neuen Standard für die drahtlose Kommunikation innerhalb des Flugzeugs entwickelt. So sollen die verschiedenen Bordsysteme über den neuen Standard Wireless Aircraft Interior-Communications (WAIC) Daten austauschen. „Hiermit werden das Thema Internet of Things und eine einfache Re-Konfiguration der Kabine ermöglicht. Eine Kommunikation mit anderen Flugzeugen, Satelliten oder dem Boden ist damit nicht möglich. Auch Passagiere haben keinen Zugriff auf das Netzwerk“, erläutert Gäthje. „Das und weitere Elemente sorgen für die nötige Sicherheit des Netzwerks.“ Damit müssen bei einem großen Umbau der Kabine auch nicht mehr so viele Kabel umgelegt werden.
Auch wenn die Fluggäste keinen direkten Nutzen aus dem neuen Funkstandard ziehen, profitieren auch sie von drahtlosen Verbindungen. „Internet und ein zunehmendes Entertainmentangebot werden in kommenden Jahren immer wichtiger“, prognostiziert Großbongardt. „In den letzten Jahren gab es die notwendigen technischen Entwicklungen um Internet im Flugzeug bereitzustellen.“
Kostenloses WLAN über den Wolken
Zum Beispiel bei Lufthansa Technik. Das auf die Wartung, Reparatur und Modifikation spezialisierte Unternehmen führt in letzter Zeit vermehrt entsprechende Anpassungen durch – und zwar nicht nur bei Maschinen seiner Konzernmutter.
Nina Schulz, Head of Aircraft Modification Product Sales bei Lufthansa Technik glaubt daran, dass das auch in Zukunft weiter anhalten wird: „Für uns ist das inzwischen quasi Brot- und Buttergeschäft. Noch können sich Airlines damit zwar differenzieren, aber die Passagiere erwarten immer mehr, dass sie unterwegs genauso gutes Internet haben wie zu Hause.“
Damit gewinnt auch das Prinzip „bring your own device“ immer mehr Bedeutung. Smartphone und Laptop sind somit auch im Flugzeug nicht mehr auf ihren lokalen Speicher angewiesen. Neben der Möglichkeit Filme und Musik zu streamen, könnte dadurch auch die Kommunikation an Bord vereinfacht werden.
Europas größte Fluglinien: Anzahl der beförderten Fluggäste 2016
Air France KLM
Passagiere: 90,3 Millionen
International Airlines Group (IAG)
Passagiere: 101 Millionen
Lufthansa
Passagiere: 110 Millionen
Ryanair
Passagiere: 117 Millionen
Wer heute auf seinem Flug beispielweise eine Cola trinken möchte, muss erst nach der Stewardess klingeln, die dann kommt um die Bestellung aufzunehmen. In Zukunft könnte der Passagier stattdessen über einen Flug-Onlineshop bestellen. Das spart einen Weg und verbessert das Serviceerlebnis.
Gerade das Streamen stellt die Airlines aber wieder vor ein neues Problem: Wenn 250 Passagiere parallel Videos gucken, bleibt für jeden einzelnen kaum noch Bandbreite übrig – selbst mit der besten aktuell verfügbaren Technologie. Lufthansa Technik forscht deshalb an der Möglichkeit, Daten über die LED-Leselampe zu übertragen. Bei einem Testlauf funktionierte das auch schon recht gut. Nur fehlt es bisher an Empfangsgeräten. Das Unternehmen steht jedoch in Kontakt mit Smartphone-Herstellern und Mobilfunkanbietern, die zumindest in diese Richtung denken.
Für Passagiere hält Luftfahrtexperte Großbongardt noch zwei weitere gute Nachrichten bereit. Er geht davon aus, dass das Internet nur wenig oder gar nichts kostet: „In den USA, wo es Internet an Bord schon länger gibt, hat sich gezeigt, dass Passagiere kaum bereit sind dafür Geld auszugeben.“
Außerdem dürfte das Internet auch im Low-Cost-Bereich Einzug halten. Insbesondere auf der Langstrecke. Denn neben zusätzlichen Komfort und Unterhaltung bringt die Drahtlosverbindung auch eine Gewichtsreduzierung – und spart damit Kerosin in Form von Geld. „Bei einem A330 bewegen wir uns im Bereich von sechs bis sieben Tonnen, die eingespart werden können.“
Da ist die Drahtlostechnik der Flexibilisierung der Sitzplätze voraus. Denn das Schienensystem, dass Airbus vorschwebt ist schwerer als normale Sitze. „Mehr Flexibilisierung und Modularisierung kann durchaus auch mehr Gewicht bedeuten. Die Vor- und Nachteile können auf das jeweilige Business Modell bewertet werden“, erläutert Gäthje. „Uns war es wichtig das System schnell auf den Markt zu bringen um dann Erfahrungen zu sammeln. Mit den Rückmeldungen der Airlines können wir es dann weiter ausbauen.“
Die Drahtlostechnik ist hingegen schon jetzt auf dem Vormarsch. Mit Smartphone, Laptop oder Tablet auch über den Wolken ins Netz gehen – das dürfte schon mal nicht mehr Zukunftsmusik sein.