Das Modell geriet ins Wanken als die Golflinien kamen. Emirats aus Dubai und später Qatar Airways und Etihad aus Abu Dhabi kopierten das Modell von Cathay & Co – und setzten es auf Steroide. Sie bestellten noch mehr Flugzeuge, steckten noch mehr Geld in den Service und Kampfpreise. Zwar hatten besonders Qatar und Etihad lange keine wirklich niedrigeren Kosten. Doch ihre staatlichen Eigentümer machten das wett.
So übernahmen die Golflinien zwischen Europa und Australien eine Strecke nach der anderen. Denn den asiatischen Abwehrern fehlte im Kampf gegen die arabischen Angreifer ein Trumpf der Europäer. Besonders für Kunden aus Nordeuropa ist es ein langer Umweg über die Emirate nach Ostasien zu fliegen. Doch auf den Routen Australien und Südasien machte es fast keinen Unterschied über Singapur oder Dubai zu reisen.
Die fünf Erfolgsgeheimnisse der arabischen Airlines
Kern des Erfolgs sind die guten Preise. Möglich werden sie durch die im Vergleich zu europäischen Linien bis zu 30 Prozent niedrigeren Ausgaben. Dafür sorgt die Flotte, die dank Großbesteller-Rabatten und moderner Technik im Schnitt gut ein Zehntel günstiger fliegt als die Maschinen der Konkurrenz aus Übersee. Zweites Plus sind die Flughäfen der Golfstaaten. Großzügig gebaut und ohne Einschränkungen beim Nachtflug erlauben sie eine optimale Flugplanung ohne die überflüssigen Ruhezeiten für die teuren Maschinen. Und weil die Airports meist die gleichen Aufsichtsratschefs haben wie die Fluglinien, fördern sie die durch niedrige Gebühren, die nur rund ein Zehntel der in Europa fälligen Abgaben betragen.
Die unternehmensfreundliche Gesetzgebung sorgt für weitere Einsparungen. Dinge wie Steuern und Sozialabgaben sind ebenso unbekannt wie Sozialstandard oder Kündigungsschutz. Das spiegelt sich auch in der Unternehmenskultur wieder. Weil die Gehälter ohne die Abgaben relativ hoch sind und der Job viele Freiräume bietet, ziehen die Golflinien überdurchschnittlich viele hochmotivierte Mitarbeiter an. „Wir haben das Gefühl, die Vorgaben zu erreichen und wahrscheinlich sogar übertreffen können", so ein hochrangiger Mitarbeiter bei Emirates.
Die Flughäfen am Golf liegen verkehrsgünstig. Mit Ausnahme von Chile und Süd-Argentinien sind mit modernen Flugzeugen fast alle Orte der Welt erreichbar und bei den besonders stark beflogenen Routen von Europa nach Südostasien liegen die Golfstaaten quasi auf dem Weg.
Die Golflinien setzen auf Kundendienst. Während die Linien aus Europa und den USA bei Neuerungen wie modernen Flugzeugen, bequemen Sitzen, Betten in der Business Class oder einem persönlichen Unterhaltungsbildschirm in der Economy lange zu teuer waren und sie ihre Kunden bei jeder Gelegenheit mit Zuschlägen belasteten, setzen die Golfinien auf „alles inklusive.“
Fast ebenso viel wie in neue Technik stecken die Linien ins Marketing. Lufthansa etwa investiert eher zurückhaltend in Sportförderung oder aber in ungewöhnliche Dinge wie Events klassischer Musik. Besonders letztere sorgen – bei allem künstlerischen Wert – besonders bei jüngeren Reisenden außerhalb Europas für weniger Bekanntheit als die von den Golflinien bevorzugten Massensportarten wie Fußball oder Formel 1.
Die Grundidee für das Modell borgte sich das Emirates-Gründungsteam um Clark am Ende von Singapore Airlines. Die Linie des südostasiatischen Inselstaats zeigte als erste, wie ein Verbund aus einem Langstreckendrehkreuz, einem kundenfreundlichen Flughafen und der Rückendeckung der lokalen Regierung eine Weltmacht im Fliegen schafft – und daraus dann ein weltweit wichtiges Wirtschaftszentrum erwächst. Ein System, das nach den Golflinien im übrigen auch Island aufgenommen hat, mit Reykjavik als Minidrehkreuz zwischen Europa und Nordamerika.
Endgültig kippte das Modell Singapore, als nach und nach in fast allen Ländern der Region Billigflieger starteten. Bis dahin hatten sich die Airline-Chefs eingeredet, dass Menschen aus Asien anders als Kunden aus Europa oder Nordamerika an Bord niemals auf Komfort und kostenloses Essen verzichten würden. Mit dem Start der Ein Dollar-Flüge von Air Asia X in Kuala Lumpur wurde rasch klar: auch in Asien gibt es genug Menschen, denen Komfort und gute Weine schnurz sind, solange der Preis stimmt.
Flugunglücke bedeuteten für Malaysia Airlines fast das Aus
Der doppelte Angriff lähmte zuerst die schwächeren Staatslinien auf den Inselstaaten Indonesien und Philippinen und am Ende auch Singapore und Cathay. Besonders stark traf es die in der Branche MAS genannte Malaysia Airlines. Sie hatte sich mit Wachstum übernommen und als dann zuerst Flugs MH370 spurlos verschwand und später ein Flugzeug über der Ukraine abgeschossen wurde, drohte das Aus.
Doch inzwischen schlagen Asiens Marktführer zurück. Sie alle haben ihre Erfolgsrezepte verfeinert und verstärkt. Das Rezept klingt relativ einfach. „Wir setzen auf Innovation, konzentrieren uns auf unsere Stärken, suchen uns Partner und arbeiten an unseren Kosten“, gibt John Slosar, Chef des Verwaltungsrats von Cathay Pacific, die Richtung vor.
Wie die Golf-Airlines vom Staat gefördert werden
Regierungsdarlehen ohne Rückzahlungsverpflichtung: 8,4 Milliarden Dollar
Subventionen von der Regierung durch Kreditbürgschaften: 6,8 Milliarden Dollar
Befreiung oder Rabatte von der Flughafengebühr: 616 Millionen Dollar
Freie Grundstücke: 452 Millionen Dollar
Quelle: Partnership For Open & Fair Skies
Regierungsdarlehen ohne Rückzahlungsverpflichtung: 6,6 Milliarden Dollar
Staatliche Kapitalspritzen: 6,3 Milliarden Dollar
Zusätzliche stille Regierungsfinanzierung: 3,5 Milliarden Dollar
Regierungszuschüsse: 751 Millionen Dollar
Befreiung von der Flughafengebühr: 501 Millionen Dollar
Subventionen bei Einkäufen von Waren oder Dienstleistungen von Staatsunternehmen: 11 Milliarden Dollar
Übernahme von Verlusten aus Preissicherungsgeschäften für Treibstoff: 2,4 Milliarden Dollar
Subventionierte Flughafen-Infrastruktur: 2,3 Milliarden Dollar
Als erste Linie hat sich Cathay berappelt. Sie renovierte zunächst ihre Verkaufspolitik und setzte auf ein ausgeklügeltes System an gezielten Sonderangeboten für bestimmten Kundengruppen. Das Motto lautete: Wir sind nur so viel teurer wie wir in den Augen der Kunden bei Service und Reisezeit besser sind.
Schließlich verbesserte die Linie ihren Service, renovierte ihre Lounges, verfeinerte die Bordverpflegung und baute das Unterhaltungsprogramm aus. Dazu zählt nicht einfach noch mehr Masse, sondern ein großer Anteil auf die jeweilige Strecke zugeschnittener Filme. „Damit wollen wir uns bewusst vom breiten aber doch etwas einheitlichen Programm der Golflinien abheben“, sagt Dane Cheng, Vorstand für Marketing und Verkauf.