Hotel Was die Hoteliers schlecht schlafen lässt

Die Trends passen nicht zusammen: Die Anzahl der Übernachtungen steigt, viele Hotels klagen trotzdem über schwindende Gewinne. Herausforderer aus dem Internet und neue Bürokratie-Monster verärgern die Branche.

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Hotels im Hochpreis-Segment konnten zulegen, andere tun sich schwer. Quelle: AP

Seit fünf Jahren immer eine neue Rekordzahl bei den Übernachtungen, immer mehr ausländische und inländische Gäste: Der Hotelbranche sollte es gut gehen. Doch viele Hoteliers schaffen es nicht, von der Entwicklung zu profitieren. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) sind bei 45,3 Prozent der deutschen Hotels im vergangenen Jahr die Erträge gesunken. "Es bleibt weniger übrig, um zu investieren, um anzustellen und zu wachsen", warnt Dehoga-Präsident Enrst Fischer. Zu niedrige Preise, ein zu starker Wettbewerb, zu viel Bürokratie und neue Herausforderer: Das sind die Gründe, weshalb die Hotel-Besitzer in ihren Betten nicht ruhig schlafen können.

1. Airbnb und andere Herausforderer

Wieso 80 Euro pro Nacht für ein Hotelzimmer zahlen, wenn man für 50 Euro die Nacht ein ganzes Appartement haben kann? Alleine in Berlin listete Airbnb, eine Plattform über die man Privatwohnungen mieten kann, über 14.000 Wohnungen im vergangenen Jahr. Zwar sind die Gäste in der Regel nicht die typischen Pauschalurlauber – aber die Zimmervermieter werden immer professioneller und die Nutzerzahlen in Deutschland steigen rasant.

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Die Hotelbranche beobachtet die Entwicklung misstrauisch. Einige Anbieter steuern gegen, indem sie selbst mehr Erlebnis in ihren Hotels anbieten. Statt 40 Zimmern mit dem immer selben Nachttisch überraschen ausgefallene Hotels ihre Besucher mit Sesseln aus Schubkarren und Lampen aus Plastikflaschen.

Doch am liebsten hätten die Hoteliers gerne mehr Unterstützung von der Politik. Airbnb sei mehr eine "shadow economy" statt eine "sharing economy" – also eine Schattenwirtschaft, wettern Branchenvertreter. Denn im Gegensatz zu den Hotels zahlen viele der privaten Vermieter keine Steuern und kümmern sich auch nicht um Brandschutz oder Hygieneverordnungen. Die ersten Städte haben bereits reagiert: Hamburg verlangt, dass Airbnb-Wohnungen überwiegend von den dort gemeldeten Mietern genutzt werden. Berlin hingegen will den Trend zu den Ferienwohnungen in der Stadt mit einer Zweckentfremdungsverordnung zerschlagen: Durch die Verordnung wird es ab 2016 in den meisten Bezirken illegal, Privatwohnungen regelmäßig an Touristen zu vermieten.

2. Starker Wettbewerb

Fünf Jahre Übernachtungsrekorde haben das Klima aufgeheizt: Viele große Hotelketten wittern ihre Chance und verbreiten sich aggressiv in den deutschen Innenstädten. Zwar stieg der durchschnittliche Zimmerpreis laut einer Studie von PKF Hotelexperts und BDO um 1,6 Prozent. Doch nicht alle Hotels konnten davon profitieren. Vor allem kleinere Hotels mit Zimmern im mittleren Preissegment (zwischen 55 und 80 Euro pro Zimmer) haben zunehmend Probleme, Gäste anzulocken: Nur um 1,5 Prozent konnten sie ihre Zimmerbelegung steigern, Hotels mit Zimmern zu einem Preis von über 120 Euro schafften hingegen plus 6 Prozent.

Ein weiteres Problem: Das Segment ist von vielen mittelständischen Unternehmen geprägt. Doch dank der Übernachtungsrekorde wittern auch große Hotelkonzerne wie die britische Intercontinental Hotel Group (IHG) mit Marken wie "Holiday Inn" ihre Chance und wollen neue Häuser eröffnen. Kleinere Anbieter werden so nach und nach vom Markt verdrängt.

3. Stress mit Buchungsportalen

Dass ihnen Buchungsportale wie booking.com oder HRS viele Gäste bringen, haben die meisten Hotels mittlerweile eingesehen. Doch bei der Zusammenarbeit mit den Internetportalen hakt es immer noch: Das zeigte sich zum Beispiel im Frühjahr, als das Bundeskartellamt gegen booking.com wegen der sogenannten Bestpreisklausel vorging. Partnerhotels müssen der Plattform garantieren, dass sie ihre Zimmer dort zum niedrigsten Preis anbieten.

Die größten Billighotelketten
Ikea + Marriott = MoxyDie amerikanische Hotelkette Marriott übernimmt den Betrieb der Hotel-Immobilien des schwedischen Möbelhaus-Konzerns Ikea. Im Frühjahr 2015 sollen die ersten drei Moxy-Hotels ins München, Frankfurt und Berlin eröffnen. Marriott will damit vom wachsenden Markt der Low-Budget-Hotels profitieren. In den vergangenen zwei Jahren, haben die vier umsatzstärksten Anbieter die Zahl ihrer Hotels in Deutschland um mehr als 30 Prozent ausgebaut. Und hier ein Blick auf die größten Billig-Hotel-Ketten.... Quelle: Presse
Platz 5: A & Hotels und HostelsDie Firmengründer Oliver Winter und Michael Kluge wollten eine günstige und dennoch zentral gelegene Übernachtungsmöglichkeit für Backpacker, Jugendgruppen und Familien schaffen, so entstand im Jahr 2000 das erste A & O Hostel in Berlin Friedrichshain mit 164 Betten. 2010 besaß A&O schon 8200 Betten und die Übernachtungszahlen hatten sich von 80.000 auf 1,5 Millionen erhöht. Mittlerweile gibt es 19 Häuser in Deutschland, die jeweils Budgethotel und Hostel (Jugendhotel) unter einem Dach vereinen. Quelle: Presse
Platz 4: Holiday Inn ExpressDie Kette gehört zur riesigen InterContinental Hotels Group, zu der auch Crowne Plaza, Hotel Indigo, Staybridge Suites oder hotel Indigo zählen. In Deutschland gibt es 21 Holiday Inn Express Häuser. Quelle: Presse
Platz 3: Motel OneDieter Müller startete 2001 die Dicount-Hotelkette Motel One. Pro Zimmer veranschlagt Müller beim Baum eines neuen Hotels etwa 50.000 Euro - ein Vier-Sterne-Haus rechnet 80.000 bis100.000 Euro. Außerdem verzichtet Motel One auf Tagungsräume und eigene Restaurants - stattdessen gibt es nur eine Bar, die gleichzeitig als Frühstücksraum genutzt wird . Die Gäste scheint es nicht zu stören, solange der Preis stimmt. In Deutschland gibt es aktuell 38 Motel One-Hotels. Quelle: Presse
Platz 2: B&B HotelsBereits 48 Häuser der französischen Billig-Kette sind in Deutschland als Messehotels, Hotels in Flughafennähe oder Städtehotels zu finden - 2012 kamen zuletzt Häuser in Düsseldorf, Würzburg, Frankfurt, Mönchengladbach und Dezember dazu. B&B ist seit 1990 am Markt und ist über Deutschland hinaus in Frankreich (200 Hotels), Italien (8), Polen (2) und Portugal (1) vertreten. Seit 2010 hält die Carlyle Group - einer der größten US-amerikanischen Private-Equity-Gesellschaften die Mehrheit an der B&B-Hotel-Gruppe. Quelle: Presse
Platz 1: IbisZur Ibis-Familie zählen die gewohnten ibis Hotels, die ibis Styles Hotels und die ibis Budget Hotels - mit Zimmern für ein bis drei Personen. Die Kette unterhält in Deutschland 88 Häuser und ist damit hierzulande der größte Budget-Hotelbetreiber. Quelle: REUTERS

Das Internetportal verlangte, dass die Hotels selbst auf ihren eigenen Internetseiten die Preise für die Zimmer, aber auch für die Buchungs- und Stornierungskosten in keinem Fall überbieten dürfen. Das Bundeskartellamt sah in diesen Regelungen eine Einschränkung des Wettbewerbs. Das Konkurrenzportal HRS strich die Klausel deshalb schon. Doch Booking.com und auch das Portal Expedia hielten trotz der Schelte vom Bundeskartellamt weiter daran fest, beschweren sich Hoteliers.

4. Der Mindestlohn

Seit Anfang des Jahres ist der Mindestlohn von 8,50 Euro in Kraft, die Hotelbranche hat sich trotzdem noch nicht an ihn gewöhnt. Dabei ist weniger die Höhe der Gehälter das Problem als der damit verbundene Aufwand: Nun muss jede Minute Arbeitszeit erfasst werden, wenn Angestellte länger als zehn Stunden am Tag arbeiten, drohen kräftige Bußgelder von bis zu 15.000 Euro. Dagegen sträubt sich die wenig arbeitnehmerfreundliche Hotel- und Gastronomiebranchen, in der Überstunden und durchgearbeitete Nächte zum Alltag gehören.

Hier spüren Verbraucher den Mindestlohn

"Stellen Sie sich vor, eine Veranstalltung, etwa eine Hochzeitsfeier, dauert länger als geplant. Unsere Betriebe können nicht mitten in der Nacht die Mitarbeiter wechseln", klagt Dehoga-Präsident Ernst Fischer. Der Verband fordert eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes: An bis zu drei Tagen die Woche sollen Arbeitnehmer auch bis zu zwölf Stunden arbeiten können. Die Wochenarbeitszeit solle sich dadurch aber nicht verlängern.

5. Allergie-Bürokratie und andere unsinnige Regeln

Auch die EU sorgt für Frust in deutschen Hotellier-Büros. Was für die Landwirte die Gurkenverordnung ist für die Gastronomie die Allergen-Kennzeichnung. Seit Dezember 2014 müssen Restaurants und Hotels über Allergene in ihren Speisen informieren.

Lebensmittelkontrollen in anderen Ländern

Zwar können sie das auch mündlich oder in elektronischer Form tun, doch die Küche muss die Allergene wie Gluten oder Nüsse in ihren Speisen dokumentieren - und das auch bei einer wechselnden Tageskarte. Doch wie viele Gäste fragen überhaupt nach? Die Dehoga startete eine Umfrage: Zwei Drittel der Unternehmer konnten sich an keinen einzigen Gast erinnern.

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