Wonach entscheidet sich, ob Sie Kunden evakuieren müssen?
Wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausspricht, müssen wir die Reisen natürlich abbrechen und kündigen. Manche Reisewarnungen sind aber auch nur regional begrenzt. Dann bieten wir bestimmte Regionen nicht mehr an. Es kann auch vorkommen, dass wir unser Ausflugsprogramm anpassen müssen. Das war zum Beispiel in Ägypten so, da hat das Auswärtige Amt im vergangenen Jahr vor Reisen innerhalb der Sinaii-Halbinsel gewarnt. Daraufhin haben wir Ausflüge zu einem Kloster gestrichen.
Und was, wenn die britischen Behörden andere Entscheidungen treffen als das Auswärtige Amt?
Das kommt immer wieder vor, zum Beispiel im vergangenen Sommer in Tunesien: Da haben wir die englischen Gäste ausgeflogen, die deutschen Gäste konnten bleiben. Und wir hatten auch schon Fälle, bei denen wir morgens die Gäste eines Quellmarktes zur Abreise auffordern mussten und andere Gäste in Ruhe weiter frühstücken konnten.
Wie kann das sein?
Das liegt einfach daran, dass wir uns bei unseren Entscheidungen an den Sicherheitshinweisen der nationalen Behörden orientieren müssen. Wenn Staatsangehörige zum Beispiel von einem Anschlag betroffen sind, ist das jeweilige Außenministerium natürlich eher dazu geneigt, restriktiv zu agieren. Unterschiedliche Länder haben natürlich auch unterschiedliche geheimdienstliche Erkenntnisse. Und das führt dazu, dass die Einschätzungen immer wieder voneinander abweichen. Und solange es dort keine Harmonisierung auf europäischer Ebene gibt, wird sich das vermutlich nicht ändern. Das stellt für jeden Krisenmanager eine Herausforderung dar, den Gästen das zu erklären.
Diese Nationen verreisen am meisten
Die Kanadier landen auf Platz 6 der Nationen, die am meisten Reisen außerhalb ihres Landes machen. Auch bei den Ausgaben für ihre Urlaube landen die Kanadier auf Platz 6.
Platz 5 geht an die reisefreudigen Franzosen. Allerdings reisen Franzosen günstiger als andere Nationen: Betrachtet man die Ausgaben der Urlauber aus den unterschiedlichen Ländern, landet Japan auf Rang 5.
Rund 1,37 Milliarden Chinesen gibt es auf der Welt, immer mehr von ihnen reisen in andere asiatische Länder, aber auch nach Europa oder Amerika. Damit erreichen die Chinesen Platz 4 der Nationen mit den meisten Reisen. Was die Urlaubsausgaben angibt, erreichen die Chinesen sogar den zweiten Rang.
Die Briten lieben ihren All-Inclusive-Urlaub. Das bringt ihnen Rang 3 der reisefreudigsten Nationen. Bei den Ausgaben allerdings landet Großbritannien nur auf dem vierten Rang.
Kaum eine Nation ist häufiger im Ausland anzutreffen als die Amerikaner: Die USA erreicht mit ihren rund 320 Millionen Einwohnern Rang zwei der Nationen mit den meisten Urlaubsreisen. Bei den Ausgaben rücken die Amerikaner sogar auf den ersten Platz.
Urlaubsweltmeister aber bleiben die Deutschen: 80 Millionen Einwohner machen rund 70 Millionen Urlaubsreisen im Jahr - allerdings vor allem günstige. Beim Umsatz mit Auslandsreisen erreicht Deutschland nur Rang 3.
Warum evakuieren Sie in so einem Fall nicht gleich alle Thomas Cook-Gäste, egal, welcher Nation?
Das Kommando "Alle raus" kann generell immer nur die letzte Entscheidung sein. Dafür brauchen wir natürlich eine eindeutige rechtliche Handhabe durch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Denn es gibt auch Gäste, die gar nicht abreisen wollen. Die sagen: Wir fühlen uns sicher, wir haben lange auf den Urlaub gespart, wieso sollen wir den jetzt abbrechen? Zudem könnte im Zweifelsfall die Situation vor Ort auch verschlimmert werden. Wenn Urlauber fehlen, kann das gravierende wirtschaftliche Folgen für ein Land haben.
Mehr Gäste auszufliegen ist für Thomas Cook auch ein Kostenfaktor.
Das mag stimmen, aber in einer Krise lassen wir uns nicht von den Kosten leiten. Die oberste Priorität hat die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Gäste. Die Frage, wie viel das kostet, kommt allenfalls im Nachgang auf. In einer Krise lässt sich kein Geld sparen, aber man kann in einer Krise viel verlieren. Jede große Krise kann zum wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen werden, wenn man sie falsch händelt.