Sinkende Preise sind daher auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Vor allem Wettbewerb schafft Preisdruck und diszipliniert die Marktführer. Als HKX auf der Strecke Hamburg-Köln 2012 mit drei täglichen Verbindungen gestartet ist, dauerte es nicht lange, als die Deutsche Bahn ihre dreckigen Intercity-Züge gegen modernisierte Wagen austauschte. In Italien, Österreich und der Tschechischen Republik haben junge Wettbewerber dafür gesorgt, dass die behäbigen Staatsbahnen Preise senkten und in die Züge investierten.
Wer argumentiert, dass diese Beispiele zeigen, dass Wettbewerb auf der Schiene bereits heute funktioniere, dem sei gesagt, dass dies allenfalls dort möglich ist, wo die Qualität der Staatsbahnen unterirdisch war. In Deutschland und Frankreich etwa ist die Qualität der Züge immerhin so gut, dass sich kaum ein Unternehmen traut, mit Milliardeninvestitionen in den Wettbewerb einzusteigen. Hinzu kommen die Wettbewerbsschranken. HKX tut sich neben hausgemachten Fehlern auch deshalb schwer im Markt, weil die Vorteile eindeutig bei der Deutschen Bahn liegen.
Die Deutsche Bahn indes freut sich über die Straßburger Entscheidung. Der Konzern begrüße das Votum der Mitglieder des Europäischen Parlaments zur Organisation von Bahnunternehmen, heißt es in einer Presseerklärung, und schiebt nach: „Gleichzeitig tragen die Beschlüsse dazu bei, die Unabhängigkeit von Schieneninfrastrukturbetreibern zu stärken, die Transparenz von Finanzflüssen in Bahnunternehmen zu verbessern und insgesamt die Regulierung zu stärken.“ Mehr Scheinheiligkeit geht nicht. Die Deutsche Bahn hat ja nicht nur in Brüssel und Straßburg gegen Trennungsvorschläge opponiert. Auch in Deutschland lobbyierte der Konzern im vergangenen Jahr erfolgreich gegen eine Novelle des Eisenbahnregulierungsgesetzes, das eine stärkere Kontrolle des Konzerns zur Folge gehabt hätte. Wie nun das Straßburger Votum Transparenz erhöhen und die Regulierung stärken soll, ist nicht erkennbar.
Es bleibt damit alles so, wie es ist. Leider. Einziger Lichtblick ist der vereinfachte Zulassungsprozess von Zügen, die über Ländergrenzen hinweg unterwegs sind. Künftig soll die Genehmigung der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) ausreichen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass Europa auf absehbare Zeit im Fernverkehr eine weitestgehend wettbewerbsfreie Zone bleibt. Eine Situation wie im Luftverkehr mit Dutzenden Alternativen für Verbraucher auf einzelnen Strecken wird es nicht geben. Die EU-Parlamentarier in Straßburg, die sich schon so oft auf die Seite der Konsumenten geschlagen haben, haben dieses Mal eine historische Chance vertan.