Böse Zungen behaupten, Airlines, die zu Reisekonzernen gehören, seien nicht mehr als ein Busunternehmen der Lüfte. Die eigenen Kunden zu den Feriendomizilen und Kreuzfahrtschiffen zu transportieren – das ist alles. Entsprechend stiefmütterlich werden die Ableger der großen Konzerne häufig behandelt. Anders bei Thomas Cook.
Das britische Unternehmen will mit dem eigenen Flugbetrieb expandieren. Dazu schlägt das Management einen ungewöhnlichen Weg ein: Man gründet eine neue Airline – mit Sitz in Palma de Mallorca. An diesem Mittwoch soll das Vorhaben offiziell gemacht werden, heißt es im Umfeld des Unternehmens.
Die Thomas Cook Airlines Balearics wäre die vierte Fluggesellschaft unter dem Konzerndach, neben den Thomas Cook Airlines in Deutschland (Condor), in Großbritannien und in Skandinavien. Die entsprechende Betriebsgenehmigung (AOC) wurde bereits beantragt. Der Schritt überrascht auf den ersten Blick, hat sich das Management des Reisekonzerns doch eigentlich eine Konsolidierung der eigenen Flugbetriebe auf die Agenda gesetzt. So wird die Thomas Cook Airlines Belgien derzeit aufgelöst, ein Teil der Flugzeuge geht an die Brussels Airlines, die wiederum in die Lufthansa-Tochter Eurowings integriert wird.
Die besten Airlines der Welt
Das Fluggasthelfer-Portal AirHelp hat 87 internationale Airlines analysiert. Berücksichtigt wurden dabei der Anteil der pünktlichen Starts und Landungen, das Service-Ranking der britischen Unternehmensberatung Skytrax und das Verhalten der Airline bei Entschädigungsforderungen (Wie viel Prozent der berechtigten Entschädigungsforderungen wurden abgelehnt? Wie lange braucht die Airline für die Bearbeitung und Auszahlung der Forderungen?). Aus diesen drei Kennzahlen, die einen Wert von eins bis zehn annehmen können, wurde der AirHelp Score als Durchschnitt gebildet.
Singapore Airlines
Score: 8,73
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: +0,3
Pünktlichkeit: 8,7
Servicequalität: 10
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 7,5
Etihad Airways
Score: 8,48
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: 0,05
Pünktlichkeit: 8,6
Servicequalität: 10
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 6,8
Quatar Airways
Score: 8,46
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: -0,44
Pünktlichkeit: 8
Servicequalität: 10
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 7,4
Austrian Airlines
Score: 8,38
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: -0,06
Pünktlichkeit: 8,2
Servicequalität: 8
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 9
Air Transat (Kanada)
Score: 8,29
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: -0,07
Pünktlichkeit: 9,9
Servicequalität: 6
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 9
Air Dolomiti
Score: 8,22
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: -0,2
Pünktlichkeit: 9
Servicequalität: 8
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 7,7
British Airways
Score: 8,14
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: +0,01
Pünktlichkeit: 7,8
Servicequalität: 8
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 8,7
Virgin Atlantic Airways (Vereinigtes Königreich)
Score: 7,99
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: +0,01
Pünktlichkeit: 7,9
Servicequalität: 8
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 8,1
Aer Lingus (Irland)
Score: 7,97
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: +0,05
Pünktlichkeit: 8,8
Servicequalität:8
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 7,2
TUI fly Netherlands
Score: 7,95
Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: neu im Ranking
Pünktlichkeit: 9,1
Servicequalität: 6
Bearbeitung von Entschädigungsforderungen: 8,8
Dennoch hat die Neugründung gute Gründe. Zum einen will Thomas Cook wettbewerbsfähiger werden – vor allem auf der Kurz- und Mittelstrecke. Mit traditionsreichen Fluggesellschaften und ihren über die Jahre gewachsenen Strukturen und Kosten ist das in dem beinharten Wettbewerb nicht einfach. Alleine deshalb spricht vieles für einen Start auf der viel zitierten „grünen Wiese“.
Zum anderen bietet Mallorca gute Perspektiven an. Dort haben die Airlines von Thomas Cook bereits eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut, die nun genutzt werden kann. Gleichzeitig ist Mallorca das beliebteste Urlaubsziel der Kunden in den wichtigsten europäischen Märkten wie etwa Deutschland. Nicht nur Thomas Cook baut dort Kapazitäten auf, auch Kontrahenten wie Eurowings oder Germania haben ihre Präsenz verstärkt.
Die Überbuchungs-Taktik der Airlines
Aus ökonomischen und ökologischen Gründen, heißt es beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Aus Erfahrungen würden regelmäßig nicht alle Passagiere zu ihrem gebuchten Flug erscheinen. Damit aber möglichst wenige Plätze frei bleiben, werden die Flüge bis zu einem gewissen Prozentsatz überbucht.
Das ist eine individuelle, prozentuale Abwägung je nach Flug. Es hängt von der Strecke, dem Tag und Ereignissen wie Kongressen, Messen oder großen Events ab. Auf der Basis dieser Erkenntnisse und konkreter Erfahrungswerte der Vergangenheit berechnen die Airlines, wie viele Passagiere voraussichtlich ihren Flug nicht antreten. Es wird aber nicht jede Maschine überbucht. Gerade zu Ferienbeginn, bei Großereignissen oder Messen würden die Airlines das Risiko nicht eingehen, heißt es aus der Branche.
Ein Grund können etwa Geschäftsreisende sein, die manchmal mehrere Flüge buchen. Verpasste Anschlussflüge sind ein anderer Grund. Dazu kommen unter anderem persönliche Ursachen wie beispielsweise eine Krankheit oder ein Unfall.
Zunächst wird nach Passagieren gesucht, die freiwillig von dem Flug zurücktreten, heißt es aus der Branche. Sie würden dann auf eine andere Maschine umgebucht. Je nach Entfernung und der Dauer bis zum nächsten Flug gibt es dafür auch Geld. Sollte der nächste Flug erst am nächsten Tag gehen, zahlt die Fluggesellschaft auch eine Hotel-Übernachtung. Die Einzelheiten regelt eine EU-Verordnung. Der Passagier hat zudem die Möglichkeit, auf einen späteren Flug umgebucht zu werden oder sich den Ticketpreis zurückerstatten zu lassen.
Kommt es hart auf hart und es findet sich niemand, der freiwillig dem Flug fern bleibt, so hilft nur Zwang. Bei der Lufthansa heißt es, würde dann der Zeitpunkt des Check-Ins bei der Auswahl der Fluggäste berücksichtigt. Um so eine Situation zu vermeiden, sollten Passagere also so früh wie möglich einchecken.
Bei Ferienflügen gibt es relativ wenig Passagiere, die nicht am Flughafen erscheinen, heißt es etwa bei TUI Fly. Urlauber kämen in der Regel. Daher würden die Maschinen normalerweise auch nicht überbucht. Sollte dies doch einmal passieren, so erkenne dies das Computersystem bereits Tage vor dem Abflug. Den letzten Kunden würde dann rechtzeitig eine Alternative angeboten.
In einem ersten Schritt wird die neue Thomas Cook Airlines Balearics mit wahrscheinlich sieben Flugzeugen fliegen. Sie werden zum Auftakt für die deutsche Condor Kurz- und Mittelstreckenziele bedienen. Damit reduziert die Tochtergesellschaft von Thomas Cook ihre eigene Komplexität, denn Condor mietet zur Hauptsaison viele Flugzeuge samt Crews von anderen Airlines. Drei A320 stammen vom belgischen Ableger. Es sind jene verbleibenden Flugzeuge, die nicht an Brussels übergeben wurden. Woher die anderen Jets kommen sollen, ist noch nicht bekannt.
Weiteres Wachstum sei, so ist zu hören, schon geplant. Branchenkenner halten es für wahrscheinlich, dass, sollte Thomas Cook im Bieterwettbewerb um Teile der insolventen Air Berlin doch noch zum Zuge kommen, die hier übernommenen Flugzeuge ebenfalls zum Ableger in Mallorca gehen werden. „Wenn Thomas Cook künftig im Airline-Bereich wachsen wird, dann wohl vor allem über die neue und kostengünstige Tochter. Alles andere wäre wirtschaftlich unsinnig“, sagt ein Luftfahrt-Manager einer konkurrierenden Fluggesellschaft.