Nein, er hatte nicht schon immer vom Putzen geträumt. Er hatte auch seine Ausbildung nicht gezielt auf seine spätere Karriere ausgerichtet. Er brauchte wieder einmal einen Job, um den Bierdeckel zu zahlen, erinnert sich der Sohn eines Berliner Architekten. Also heuerte der klamme Politik- und Jurastudent bei einer Putztruppe an und scheuerte Büroböden, Treppenhäuser und Schalterhallen. Die Arbeit gefiel ihm, er wurde bald schon Gruppenführer. Das weckte in ihm den Wunsch, Dienstleistungen rund ums Gebäude anzubieten.
Unternehmerisch war Sasse schon früh aktiv. Wann immer es möglich war, verdiente er sich sein Studentenzubrot als Ein-Mann-Unternehmer und nicht wie seine Kommilitonen als angestellte Aushilfe. Mal waren es Christbäume, mal Eiscreme, die er auf eigenes Risiko verkaufte. Die Putzstelle hatte er nur angenommen, weil es mit der Selbstständigkeit einmal nicht geklappt hatte.
Kulturgut putzen
Der Student und Gelegenheitsunternehmer bleibt nicht lange angestellter Saubermacher. 1976 tritt der erst 24-Jährige mit eigener Firma an. In den nächsten dreieinhalb Jahrzehnten formt er aus der kleinen Putztruppe das internationale Unternehmen Dr. Sasse mit 4600 Beschäftigten.
Vom studentischen Putzer zum putzenden Millionär – der heute 59-Jährige ist der Typ Unternehmer, der bei allem Stolz des Aufstiegs auf dem Boden bleibt, auch weil er sonst das Gefühl für sein Geschäft verlieren würde. Einerseits hat Sasse seine Firma Dr. Sasse getauft – als Hinweis auf seine Promotion zum Dr. rer. pol. und eine Art Ausweis der Zugehörigkeit zu den Gebildeten. Anderseits sagt er, wo immer es geht, Putzen sei keine Schande, sondern „ein Kulturgut“. Schon fast kokett bezeichnet er sich noch immer als „Schrauber und Putzer“. Zugleich gerät er in Rage, wenn er über die Verachtung spricht, die seine Mitarbeiter gelegentlich spüren würden – und das ausgerechnet von den Menschen, die Nutznießer der Reinigungsarbeiten sind.
Sasse spielt den Bodenständigen mit Doktortitel nicht. Er weiß um die schmutzige Arbeit seiner Angestellten. Auch seine älteste Tochter Laura, die während eines Praktikums in seiner Firma im Münchner Flughafen die Toiletten putzte, erzählte ihm davon. Er selbst hat am eigenen Leib erfahren, dass Putzer ihr Geld nicht mit schnellem Wischen verdienen – gleich beim ersten Auftrag in einer Volksbankfiliale am Münchner Frauenplatz.