Das Ende des Flagship-Wahns Luxus-Marken verzichten auf Edel-Adresse

Das US-Mode-Label Ralph Lauren schließt sein Geschäft auf New Yorks berühmter Fifth Avenue. Das Ende der Protz-Boutiquen hat begonnen – für die Glanz-und Glamourwelt ändert sich das Umfeld radikal.

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Ralph Laurens schließt seinen Polo-Flagship-Store auf der Fifth Avenue in New York: Der Trend zum Verzicht auf Protz-Boutiquen hat begonnen. Quelle: Reuters

New York Ralph Lauren ist das prominenteste Opfer. Das amerikanische Modelabel schließt seinen Polo-Laden auf der New Yorker Fifth Avenue – ein für die Marke repräsentatives Geschäft auf einer der besten und damit teuersten Straßen der Welt.

Fifth Avenue, Champs-Élysées, Bond Street, Via Montenapoleone. Das sind die Namen, die bisher als absolutes Muss galten in der Glamourwelt. Wer in der Luxusindustrie bestehen wollte, musste einen eigenen Laden in diesen Top-Lagen haben - möglichst noch von einem Star-Architekten entworfen, in edelsten Materialien und möglichst groß. Die „Flagship-Stores“ sind gewissermaßen Schaufenster mit Blick auf ausgewählte Produkte der Marken. Die Kosten für die Eröffnung einer solchen Boutique liegen zwischen fünf und 50 Millionen Euro. Dabei galt stets die Devise: Egal, ob der Laden selbst Geld verdient oder nicht, es ist die Strahlkraft, die zählt.

Diese Logik haben sich auch die Immobilienbesitzer zunutze gemacht, die die Mieten Jahr für Jahr nach oben schraubten. Damit sind die Edel-Boutiquen zuletzt mehr zu einem Geschäft für die Vermieter als für die Modehäuser geworden. 2016 betrugen die Mieten auf der Fifth Avenue in New York fast 30.000 Dollar pro Quadratmeter im Jahr. Das heißt: Ein eher kleiner 300 Quadratmeter großer Laden kostet knapp neun Millionen Dollar Miete im Jahr. Kein Wunder, dass da Marken wie Ralph Lauren die Waffen strecken. Auch bei anderen Marken standen zuletzt Neu-Eröffnungen von eigenen Läden nicht mehr im Mittelpunkt.

Aber es ist nicht nur eine Kapitulation vor den hohen Mietpreisen, die die Luxushäuser aus den Nobelmeilen fliehen lassen. Und auch liegt es nicht nur am Rückgang der Touristenzahlen in New York, dass Ralph Lauren seinen Laden schließt. Es ist ein klares kaufmännisches Kalkül: Die Kunden kaufen nicht mehr so viel in diesen Monomarken-Läden.

In einer Umfrage des Luxusverbands Altagamma und der Boston Consulting Group gaben im vergangenen Jahr nur noch 27 Prozent der Befragten an, ihren letzten Luxus-Einkauf in einem Monomarken-Laden getätigt zu haben. Zum Vergleich: Zwei Jahre zuvor waren es noch 35 Prozent.

Sind das gute Nachrichten für die Luxushersteller? Ja und Nein. Ja, weil sich der Flagship-Trend in den vergangenen Jahren zum Flagship-Wahn gewandelt hatte. Selbst kleine Luxus-Unternehmen mit geringeren Umsätzen mussten in der Vergangenheit die kostspieligen Dependancen eröffnen, um in der Glitzerwelt mitspielen zu können. Und das galt nicht etwa nur für New York, Paris und Mailand. Da der Markt längst weltübergreifend ist und das Wachstum vor allem aus Asien kommt, mussten auch Edel-Boutiquen in Kuala Lumpur und Singapur her. Damit ist nun hoffentlich Schluss.

Nein, es sind keine guten Nachrichten, weil sich die Luxus-Labels trotzdem nicht zurücklegen können. Was sie an physischer Edel-Präsenz nicht mehr leisten müssen, das müssen sie nun im Internet leisten: edle Auftritte, die die Kunden auch im Netz träumen lassen. Das gilt nicht nur für die eigene Website, sondern auch für den Auftritt in den sozialen Medien. Der muss genauso edel anmuten und das gleiche exklusive Gefühl vermitteln wie die bisherigen Boutiquen. Statt das Geld in Mieten zu stecken, gilt es nun, die richtigen Köpfe einzustellen, die den Luxus virtuell übersetzen.

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