Freie Zeit als Luxus ist ja kein ganz neues Thema...
In der Gleichung Zeit ist Luxus liegt eine gewisse Koketterie. Zeit ist nur dann wertvoll, wenn man sie auch sinnvoll gestalten kann, sie für einen Urlaub, ein Hobby, die Familie zu nutzen weiß. Ansonsten wird Zeit schnell zur Langeweile.
Manche Menschen wollen aber gerne protzen. Wie sollen sie das anstellen?
Protzen und die angeberische Zurschaustellung finanzieller Überlegenheit ist im neuen Luxus nicht mehr cool. Aber natürlich kann mir auch die Geschichte, die ich über eine Reise oder ein Erlebnis erzählen kann, künftig Anerkennung verschaffen. Wer einen Sprachkurs in China macht oder eine Forschungsexpedition an den Südpol begleitet, kann dafür bei seinen Freunden und Bekannten durchaus Bewunderung ernten.
Diesen Luxus wollen wir uns vor dem Tod noch gönnen
„Welchen Luxus möchten Sie sich in Ihrem Leben unbedingt noch gönnen?“, hat das GDI mehr als 1000 Bürger gefragt. Die Antworten überraschten die Forscher. Es sind gar nicht unbedingt die großen Dinge, die die Menschen haben wollen. Häufig bedeutet "Luxus" schon, den Alltag ein klein wenig angenehmer zu machen.
Repräsentative Umfrage: 1003 Befragte aus Deutschland und der Schweiz
Quelle: Gottlieb-Duttweiler-Institut. „Der nächste Luxus. Was uns in Zukunft lieb und teuer wird.“
Anderes: 3,2 Prozent
Aus- und Weiterbildung: 0,7 Prozent
Weniger / nicht mehr arbeiten: 1,2 Prozent
Finanziell unabhängig sein: 1,4 Prozent
Eine Familie, Partner(in), Kinder: 1,5 Prozent
Gesundheit und Fitness: 3 Prozent
Mobilität (Auto, Fahrrad, Wohnmobil usw.): 5,4 Prozent
(Frei-)Zeit: 5,8 Prozent
Wohnen und Wohnungseinrichtung: 12,2 Prozent
Ferien und Reisen: 29 Prozent
Abseits der Autobranche, wie betrifft der Wandel im Luxus die Unternehmen?
Mode mit großen Logos hat durch ihre Omnipräsenz an Reiz, an Exklusivität verloren. Hier findet eine Verfeinerung und eine Verschlichterung statt. Spezielle Schnittmuster oder Nähte, Verarbeitung und Material treten viel mehr in den Vordergrund.
Es geht also wieder um das Produkt, nicht um die Marke. Konsumenten interessiert immer mehr, wie die Produkte gefertigt werden, woher die Materialien kommen, welche Geschichte dahinter steckt. Ganz extrem ist das auch im Food-Bereich, in der Gastronomie. Das Wissen um Herkunft der Lebensmittel und ihre Zubereitung ist gerade im Luxusbereich ganz zentral.
Wenn dem neuen Luxusverlangen eine Sehnsucht nach dem Authentischen innewohnt, warum dann nicht gleich selber machen?
Das ist ein Trend. Laut unserer Studie würden 83 Prozent der Menschen lieber immer selbst in einer Luxusküche zuhause kochen, als jeden Tag zum Sternekoch zu gehen. Mit dem Handwerk verbinden sich die Elemente des Luxus. Zum einen weiß ich genau, was ich esse und wie es zubereitet ist. Und zum anderen ist das Kochen zu einem Hobby geworden, mit dem ich meine Zeit verbringen und das ich anderen zeigen kann – in einer Umgebung, in der ich andere beeindrucken kann. Das hat einen riesigen Markt für hochwertige Geräte und Edel-Küchen hervorgebracht.
Neuer Luxus bedeutet also nicht nur Selbstbestätigung, sondern auch Selbstverwirklichung?
Ja. Für die Zukunft würde ich sogar noch weitergehen. Wenn wir uns den Erfolg der Erlebnisindustrie anschauen, sind wir schon heute am Punkt der Selbstverwirklichung. Die Erlebnisse, die wir uns leisten möchten, leisten wir uns schon heute. Es entwickelt sich aber der Wunsch, in etwas größerem aufzugehen, nicht nur Erlebnisse zu haben, sondern eigene Erfahrungen zu machen. Luxus wird auch Herausforderung an mich selber. Das kann zum Beispiel der Trip ins Kloster sein, der Wunsch also, in der Ruhe sich selber zu finden.
Wie reagieren die Unternehmen auf diesen Wandel?
Vor allem im Bereich Essen haben die Anbieter bereits erkannt, dass die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten wichtiger wird. Sie rücken die Erlebnisse und Erfahrungen, die die Kunden rund um ihre Produkte machen, viel stärker in den Vordergrund. Das Handwerk wird in den Läden zur Schau gestellt, die Experten sind vor Ort und begegnen ihren Kunden auf Augenhöhe. Und zusätzliche Informationen stellen die Wertigkeit der Produkte heraus – und rechtfertigen so den Preis.