Gerry-Weber-Chef Ralf Weber „Wir haben weitere Filialen auf der Watchlist“

Der Modekonzern Gerry Weber steckt in einem Sparprogramm: 103 Filialen sollen schließen, 700 Stellen wegfallen. Im Interview erklärt Chef Ralf Weber, mit welcher Strategie er zu Konkurrenten wie Zara aufrücken will.

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„Wir bauen unsere Filialen an den Top-30 Standorten in Deutschland jetzt alle um“, sagt der Konzernchef. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Modekonzern Gerry Weber kämpft weiter mit sinkenden Gewinnen. Massiver Konkurrenzdruck durch große Bekleidungsketten wie dem spanischen Inditex-Konzern mit Marken wie Zara oder Massimo Dutti oder dem schwedischen Filialisten H&M belasten das Unternehmen. In der Ende April abgelaufenen ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2015/2016 ging der Überschuss des Modekonzerns von 21,9 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 3 Millionen Euro zurück, wie das Unternehmen am Dienstag in Halle/Westfalen mitteilte. Der Umsatz stieg zwar um 2,5 Prozent auf 443,6 Millionen Euro, dies gelang aber nur wegen des guten Abschneidens der zugekauften Tochter Hallhuber. Die Kernmarken von Gerry Weber verzeichneten Umsatzrückgänge, sowohl in den eigenen Läden als auch in den Kaufhäusern.

Herr Weber, Sie starten jetzt mitten in der Restrukturierung der Gerry-Weber-Gruppe mit der neuen Marke „talkabout“. Warum?
Wir nehmen damit einen Modestil in der Branche auf, dass sich junge Frauen individuell und dem persönlichen Lebensgefühl entsprechend, gleichzeitig modern und zeitgemäß anziehen wollen.

Sie haben aber schon junge trendige Marken wie Hallhuber und Taifun im Angebot. Machen Sie sich mit der neuen Linie nicht selber Konkurrenz?
Nein, es gibt wenige Schnittmengen, mit talkabout bewegen wir uns in einem spitzeren Markenumfeld und auf kleineren Flächen. Wir starten zum Herbst auch bewusst nicht in unseren eigenen Läden, sondern bei 35 Handelspartnern und schauen ganz genau hin, wie es da läuft. Das gehen wir ganz behutsam an.

Warum starten sie eine neue Marke, statt Ihre veraltete Kernmarke Gerry Weber zu verjüngen?
Daran arbeiten wir selbstverständlich auch. Wir haben bereits begonnen, die Wertigkeit der Kollektionen zu erhöhen und sie moderner auszurichten. Das heißt: Farben, Flächen und Optik sind nicht mehr so aufgeregt und wir stärken die Kollektionen durch den Einsatz hochwertiger Qualitäten.

Und warum schlägt sich das noch nicht in Ihren Zahlen nieder? Ihr operativer Gewinn ist im ersten Halbjahr ja drastisch eingebrochen.
Wir brauchen bei der Kollektion sechs bis neun Monate Vorlauf. Das Ergebnis werden Sie also erst in der kommenden Herbst-Winterkollektion sehen.

Aber neue Mode alleine reicht nicht, um Ihr Geschäft wieder profitabel zu machen. Wie wollen Sie mehr Kunden in die Läden locken?
Wir bauen unsere Filialen an den Top-30 Standorten in Deutschland um. Wir starten bald in Hamburg und München. Bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres Ende Oktober wollen wir die Umbauplanung weiterer 17 Flagship-Stores abgeschlossen haben und die restlichen folgen im nächsten Geschäftsjahr


„Eine unnötig lange Hängepartie vermeiden“

Hätten Sie das nicht schon viel früher in Angriff nehmen müssen?
Wir haben keinen Modernisierungsstau, falls Sie das meinen. Die meisten unserer Läden haben wir erst nach 2010 eröffnet. Wir modernisieren unsere Läden im Durchschnitt alle fünf bis sechs Jahre.

Sie müssen aber gleichzeitig 103 Filialen schließen, die nicht mehr profitabel sind. Wie weit sind Sie damit?
Wir haben bereits 21 Filialen geschlossen. Für alle anderen wollen wir bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres eine Lösung finden, wie und wann wir sie schließen können.

Ist das denn machbar?
Ja, davon gehen wir aus. Sehen Sie, wir wollen alle notwendigen Schritte zur Restrukturierung noch in diesem Geschäftsjahr zumindest auf den Weg bringen. Wir wollen so eine unnötig lange Hängepartie vermeiden. Das ist gut für uns und die Mitarbeiter. Das gilt auch für den Abbau von 700 der insgesamt 7.000 Stellen im Unternehmen.

Reicht es denn 103 Filialen zu schließen?
Wir haben darüber hinaus noch fünf Prozent der Filialen auf unserer Watchlist, für die wir mittelfristig kein Potential sehen.

Herr Weber. vielen Dank für das Interview.

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