Insolvenzverwalter Marc d’Avoine "Ohne Achenbach wird die Fortsetzung der Geschäfte schwierig"

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"Bei der Komplexität des Verfahrens ist ein schneller Abschluss unrealistisch"

Auch die Unternehmer Christian Boehringer und Bernd Viehof fühlen sich betrogen. Machen weitere Achenbach-Kunden Ansprüche geltend?
Die genannten Namen tauchen im Verfahren auf, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. Die übrigen Gläubiger werden sich wohl erst im Laufe der nächsten Monate bei mir melden – wenn überhaupt.

Garagengold: Achenbachs Autosammlung. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Rudolf Wichert für WirtschaftsWoche

Es geht um Tausende Euro, da sollte das Interesse der Betroffenen doch groß sein?
Mitunter haben Gläubiger kein Interesse daran, dass bekannt wird, dass sie investiert haben, oder dass bekannt wird, woher ihre finanziellen Mittel stammen. Entsprechend zurückhaltend sind sie dann bei der Forderungsanmeldung.

Weil Schwarzgeld im Spiel ist?
In der Kunstszene wäre das nicht ungewöhnlich. Deshalb wage ich auch noch keine Prognose über die Zahl der Gläubiger im Fall Achenbach. Gewissheit wird es erst in einigen Monaten geben.

Wie lange wird das Verfahren dauern?
Das Verfahren steht erst am Anfang, und bei der Komplexität ist ein schneller Abschluss unrealistisch. Ein durchschnittliches Insolvenzverfahren dauert etwa fünf Jahre. Bei den Achenbach-Verfahren rechne ich mit einem deutlich längeren Zeitraum.

Woran liegt das?
Die Verwertung der Kunstgegenstände und Fahrzeuge sowie die Abrechnungen sind aufwendig. Zudem gab es Geschäfte zwischen den verschiedenen Achenbach-Gesellschaften. Wir werden uns alle Verträge und Zahlungen sehr genau ansehen. Die Frage von Leistung und Gegenleistung ist hier von besonderer Brisanz. Wir prüfen zudem Erstattungs- und Anfechtungsansprüche gegen Herrn Achenbach und die Geschäftsführer der Unternehmen.

Die umstrittenen Geschäfte des Kunstberaters Helge Achenbach

Das klingt sehr juristisch. Was heißt das?
Es gibt einige Vorgänge, die klärungsbedürftig sind. Wurden zum Beispiel einzelne Gläubiger bevorzugt, als die Insolvenz schon absehbar war? Das sind zunächst nur Ansätze, denen wir nachgehen. Für ein abschließendes Bild müssen wir die Argumente der Beteiligten anhören und juristisch einordnen.

Vor zweieinhalb Jahren wurde das Insolvenzrecht reformiert und um Sanierungswerkzeuge wie die Eigenverwaltung erweitert. Spielen die neuen Instrumente im Achenbach-Verfahren eine Rolle?
Nein, die Eigenverwaltung wäre hier nicht angemessen. In Verfahren, in denen Vorbehalte gegen die Unternehmensführung bestehen, müssen die Beteiligten immer genau abwägen, ob es wirklich sinnvoll ist, das alte Management weiter im Amt zu belassen. In vielen anderen Fällen bieten sich durch die Reform dagegen zusätzliche Sanierungschancen für Unternehmen. Dazu zählt auch, dass der Begriff Eigenverwaltung nicht so stark mit dem Stigma unternehmerischen Scheiterns belastet ist, wie es bei Regelinsolvenzen oft der Fall ist.

Neben dem Achenbach-Fall betreuen Sie und Ihre Kanzlei-Partner zahlreiche Insolvenz- und Sanierungsverfahren. In welchen Branchen wird es bald kritisch?
Solar- und Energieunternehmen sind weiter gefährdet. Hier bahnt sich eine zweite Welle von Unternehmensinsolvenzen an. Zudem steuern wir viele Speditionen und Lagerlogistikunternehmen durch die Sanierung. In der Branche herrscht ein enorm hoher Wettbewerbsdruck, die Margen sind gering. Auch im Gesundheitswesen gibt es Probleme. Es ist schwierig, eine Praxis oder ein Krankenhaus betriebswirtschaftlich erfolgreich zu führen.

Sehen Sie eine neue Pleitewelle?
Nein. Es gibt zwar einzelne Branchen, die unter Druck stehen. Aber insgesamt sinkt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen seit Monaten.

Woran liegt das?
An der Sonderrolle Deutschlands als Exportnation, dem niedrigen Euro und der insgesamt guten Kreditversorgung. Zudem gab es in den Vorjahren viele Übernahmen und Zusammenschlüsse ehemals allein operierender kleinerer und mittelgroßer Firmen zu sehr wettbewerbsfähigen Unternehmenseinheiten.

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