Mobilitätsdienste Indische Fahrer kämpfen mit rabiaten Mitteln gegen Uber

Indische Fahrer fühlen sich ausgebeutet und demonstrieren gegen Uber und Ola. Der harte Wettbewerb der Mobilitätsdienste hat immer mehr Verlierer.

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Die Fahrer in Neu Delhi haben ihr Fahrzeug oft mit Hilfe von Uber finanziert – und fühlen sich nun im Stich gelassen. Quelle: AP

Bangkok Nitin Nandgaonkar lässt keinen Zweifel daran, was Streikbrechern droht: Vor laufender Kamera zertrümmerte der Gewerkschaftsführer die Windschutzscheibe eines vermeintlichen Verräters. Schon vor dem Streik gegen Uber und Ola hatte er angekündigt: Mit Fahrern, die sich nicht beteiligen, werde seine Gewerkschaft MNVS „auf ihre Weise umgehen“.

Die rabiaten Methoden der Gewerkschaft sind zweifellos indiskutabel. Doch die Gewalt zeigt die Wut vieler Fahrer auf das amerikanische Start-up und seinen indischen Konkurrenten Ola.

Beide Unternehmen dominieren mittlerweile den Ridesharing-Markt auf dem Kontinent. Zehntausende der insgesamt rund 1,5 Millionen Fahrer haben sich zum Streik gegen beide Unternehmen entschlossen. Besonders in der Finanzmetropole Mumbai hatten Pendler Schwierigkeiten.

Vor allem für Uber kommt der Streik ungelegen. Nach Skandalen um Spionage, Vertuschung von Missbrauch und Korruption im vergangenen Jahr, verordnete der neue Chef Dara Khosrowshahi dem Unternehmen einen Kulturwandel. Dass nun auch noch die eigenen Fahrer wegen angeblicher Hungerlöhne auf die Straßen gehen, passt so gar nicht zum angestrebten sozialeren Image des US-Start-ups.

Stattdessen wachsen weltweit die Protest. Während in Indien die eigenen Fahrer streiken, gingen zuletzt sowohl in Griechenland als auch in der Türkei tausende Taxifahrer gegen Uber auf die Straße. Dort kam es mitunter zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Die Rückschläge in Indien könnten Uber auch finanziell richtig wehtun. Nach dem Rückzug aus China hatte das Unternehmen angekündigt, sich nun auf den anderen großen asiatischen Wachstumsmarkt zu konzentrieren und Milliarden investiert. Rund zehn Prozent aller Fahrten finden mittlerweile auf dem Subkontinent statt.

Erst im Februar war Khosrowshahi nach Indien gereist und hatte sich mit Indiens Regierungschef Narendra Modi getroffen. „Indien ist ein Schlüsselkomponente unseres Wachstumsplans“, sagte Dara Khosrowshahi. Bei der Visite traf sich Khosrowshahi auch mit Fahrern – und beteuerte, wie wichtig sie für das Unternehmen seien.

Doch solche warmen Worte sind im Wettbewerb schnell vergessen, und der ist hart in Indien: Verbittert kämpfen Uber und Ola um Marktanteile, zusammen kommen sie laut dem Analysehaus Kalagato auf rund 95 Prozent Marktanteil. Beide Unternehmen geben kaum Zahlen heraus. Doch Daten wie App-Downloads sowie die Zahl der Fahrer und der erschlossenen Städte deuten daraufhin, dass Ola mittlerweile einen Vorteil gegenüber den Amerikanern hat.

Klar ist: Profitabel ist auf dem indischen Markt keine der beiden Firmen. Beobachter vermuten, dass beide Unternehmen im Kampf um Marktanteile hunderte Millionen Euro auf dem Subkontinent verbrennen. Da an beiden Unternehmen mittlerweile der japanische Konzern Softbank große Anteile hält, wird mittlerweile über einen Abschied Ubers aus dem Markt spekuliert.

Doch noch tobt der Kampf – und wurde zuletzt immer härter auf dem Rücken der Fahrer ausgefochten. Die Provisionen, die die Start-ups den Fahrern abverlangen, lagen einst bei rund zehn Prozent. Nun sind es laut Medienberichten mehr als 25 Prozent. Die Fahrer werfen Uber und Ola vor, sie mit falschen Versprechungen gelockt zu haben. Umgerechnet würden einige von ihnen nur noch rund drei Euro am Tag verdienen, beklagen sie.

Dabei ist nicht einfach für sie, einen Streik zu organisieren: Sie sind nicht von den Unternehmen angestellt, sondern fahren auf eigene Rechnung. Arbeiten die Fahrer nicht, haben sie auch keine Einkünfte. Dennoch kündigten Gewerkschaftsführer an: Die teilnehmen Fahrer würden so lange streiken, bis die Unternehmen die Arbeitsbedingungen verbessern.

Besonders übervorteilt fühlen sich jene Fahrer, die auch einen Kredit bei Uber oder Ola für das Fahrzeug aufgenommen haben. „Ola und Uber haben den Fahrern große Zusicherungen gemacht“, sagte Sanjay Naik, Präsident der Transportgewerkschaft MNVS. „Aber heute können die Fahrer ihre Kosten nicht mehr decken.“ Zudem werfen sie den Unternehmen vor, dass Fahrer mit firmeneigenen Fahrzeugen bei der Verteilung von Aufträgen bevorzugt werden. Ein Vorwurf, den sie allerdings nicht beweisen können.

Ola teilte noch nicht mit, ob es den Fahrern entgegenkommen werde. Über die Auswirkungen habe man noch keine Informationen, twitterte die Support-Abteilung. Auch Uber wollte den Streik nicht kommentieren. Der Kundensupport teilte einzelnen besorgten Kunden nur mit, es gebe kaum Beeinträchtigungen.  

Tatsächlich ärgerten sich aber viele Nutzer über lange Wartezeiten und Wucher, vor allem in Mumbai. Denn verringert sich das Angebot an Fahrzeugen auf der Straße, schießen die Preise automatisch in die Höhe. Die finanziellen Auswirkungen für das Unternehmen dürften deswegen eher gering sein. Das Image des Start-ups dürfte dagegen ein weiteres Mal gelitten haben.

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