




Die Übernahme des Modellbahnherstellers Märklin durch den Fürther Bobby-Car-Produzenten Simba Dickie ist perfekt. Am Donnerstag gaben die Unternehmen bekannt, dass die Zukunft des schwäbischen Traditionsunternehmens gesichert sei. Alle offenen Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Gläubigern werden beglichen. In der Branche ist von einer „Traumhochzeit der Spielwarenbranche“ die Rede. Künftig werde Florian Sieber von Simba Dickie die derzeitige Doppelspitze als dritter gleichberechtigter Geschäftsführer neben Wolfrad Bächle und Stefan Löbich. Sieber ist sich der Verantwortung seiner neuen Rolle bewusst. Er erklärt: „Der Name Märklin ist Synonym für eine ganze Spielzeugkategorie und steht bereits seit 1859 für deutsche Spitzenqualität und deshalb freue ich mich sehr, die Zukunft dieser Traditionsmarke mit einer über 150-jährigen Geschichte mitzugestalten.“
Eine Prüfung der Übernahme durch das Bundeskartellamt steht derzeit noch aus. Man geht bei Märklin aber davon aus, dass das Vorhaben mit den geltenden Rechtsnormen vereinbar ist.
Märklin auf einen Blick
Theodor Friedrich Wilhelm Märklin begann 1859 mit dem Bau von Puppenküchen.
In Göppingen und Ungarn werden im Jahr 500.000 Lokomotiven und zwei Millionen Wagen der Marken Märklin, Trix und LGB gefertigt.
2011 steigerte das Unternehmen seinen Umsatz leicht um 1,6 Prozent auf 108,77 Millionen Euro und legte beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 12,6 Prozent auf 12,36 Millionen Euro zu.
80 Prozent des Umsatzes generiert Märklin über Neuheiten. Rund ein Viertel des Jahresumsatzes entfällt auf das Weihnachtsgeschäft. Der Großteil seiner Erlöse erwirtschaftet Märklin im Inland – nur gut 15 Prozent entfallen auf das Auslandsgeschäft.
2006 stiegen der Finanzinvestor Kingsbridge und Goldmann Sachs bei Märklin ein und bewahrte den Traditionshersteller vor der drohenden Pleite. Der Sanierungsplan hatte allerdings deutliche Schwächen. 2009 musste Märklin Zahlungsunfähigkeit melden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass allein im Jahr 2007 rund 13 Millionen Euro für Beraterhonorare geflossen waren – mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes des Jahres 2007 von 126 Millionen Euro.
2009 – im Jahr seines 150-jährigen Bestehens – meldet Märklin Insolvenz an. Insolvenzverwalter Michael Pluta bringt Märklin wieder auf Kurs. Im Dezember 2011 hebt das Amtsgericht Göppingen das Insolvenzverfahren auf und erklärt einen zwischen den Gläubigern und Pluta ausgehandelten Insolvenzplan für rechtskräftig.
Insolvenzverwalter Pluta verkleinerte die Spitze von ehemals drei Geschäftsführern und 14 Managern auf einen Geschäftsführer und sechs leitende Manager. Bonuszahlungen gibt es seither nur noch, wenn das Unternehmen Gewinn macht. Mehr als 400 Mitarbeiter wurden entlassen. Zwei von vier Standorten wurden geschlossen. 13 Bereiche wurden zu fünf zusammengefasst. Aktuell beschäftigt Märklin noch rund 1000 Mitarbeiter. Stefan Löblich übernahm 2010 die Geschäftsführung – zu diesem Zeitpunkt war er der fünfte Märklin-Chef in fünf Jahren.
Märklin will Sammler und Kinder für die Modelleisenbahn begeistern. Dafür will der Mittelständler den Fachhandel neu beleben, aber auch über diesen hinaus wieder sichtbarer werden. Derzeit gibt es rund 800 Modellbahnfachhändler, die in der Märklin-Händler-Inititiative (MHI) zusammengeschlossen sind.
Strittig war bei den seit Monaten laufenden Gesprächen zuletzt die Frage eines Haustarifvertrags für die Märklin-Mitarbeiter. Da dieser Einschnitte bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld und keine Tariferhöhungen vorsieht, hatte die IG-Metall eine Rückkehr zum Flächentarif gefordert.
Märklin-Betriebsratschef Georg Geiger hatte allerdings bereits Anfang März berichtet, dass viele der rund 470 Mitarbeitern am Standort Göppingen (Baden-Württemberg) der Übernahme des Haustarifvertrags zugestimmt hätten. Im Gegenzug sollen die Beschäftigten eine Arbeitsplatzgarantie bis 2019 erhalten.
Märklin hat seit der Insolvenz 2009 nach Einschätzung von Geschäftsführer Stefan Löbich die Kurve gekriegt. Trotzdem blieb das Unternehmen auf einen kapitalkräftigen Investor angewiesen, der es in die Zukunft führt. Dabei schien das familiengeführte Unternehmen Simba Dickie von Anfang an der Wunschpartner von Firmenleitung und Belegschaft.
Simba Dickie auf einen Blick
Simba-Dickie zählt zu den größten Spielwarenherstellern Deutschland. 1982 gründete Fritz Sieber mit seinem Sohn Michael und fünf Mitarbeitern die Firma Simba Toys. Mit der Zeit gliederten sie immer mehr Firmen ein.
Die Simba Dickie Group hat 3700 Beschäftigte und machte 2011 einen Umsatz von 620 Millionen Euro. 2011 hatte der international operierende Spielwarenhersteller seinen Umsatz um neun Prozent gesteigert. Er wuchs damit stärker als die Branche und ist mit einem Marktanteil von 7,6 Prozent nach Mattel und Lego die Nummer drei auf dem deutschen Spielwarenmarkt. Für 2012 rechnet Simba Dickie mit einem Umsatz von rund 640 Millionen Euro.
1998 bewahrte Michael Sieber die Holzspielwarenmarke Eichhorn vor dem Aus. Seit diesem Zeitpunkt trat die Fürther Gruppe immer öfter auf den Plan, wenn eine Spielzeughersteller ins Straucheln geriet oder sich kein passender Nachfolger fand. 1999 übernahm Sieber den Modellautohersteller Schuco, 2001 den Spielehersteller Noris, 2004 Big mit seinem Bobby Car, 2008 Schipper (Malen nach Zahlen) und Smoby (Kinderfahrzeuge, Kunststoffartikel) sowie 2010 die Marken Heros (Holzspielzeug), Majorette und Solido (Modellautos).
Im Jahr 2011 hatte das Unternehmen seinen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 12,6 Prozent auf 12,36 Millionen Euro steigern können. Der Umsatz legte um 1,6 Prozent auf 108,77 Millionen Euro zu.
Den Löwenanteil seines Geschäfts machte das Unternehmen, zu dem auch die Marken Trix und LBG gehören, mit der Kernmarke Märklin. Hier stagnierten allerdings die Erlöse bei rund 105 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern war 2011 um 2,2 Prozent auf 10,27 Millionen Euro gestiegen. Der Modellbahnhersteller beschäftigte am Jahresende 2011 insgesamt 980 Mitarbeiter (2010: 939).
Zahlen für 2012 hat das insolvente Unternehmen noch nicht vorgelegt. Märklin-Geschäftsführer Löbich hatte jedoch auf der Nürnberger Spielwarenmesse im Februar angedeutet, dass der Auftragseingang der drei Marken 2012 um drei Prozent über dem Vorjahreswert gelegen habe. Auch der Umsatz sei 2012 leicht gestiegen. Zudem habe sich der Ertrag sehr gut entwickelt.